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# taz.de -- Neue Spezialambulanz für Traumatherapie: Mit den Triggerpunkten le…
> Die Versorgung traumatisierter Patienten ist lückenhaft, es fehlen
> Therapieplätze und Wartezeiten sind lang. In Hamburg gibt es ein neues
> Angebot.
Bild: Viele Betroffene verdrängen Traumatisches und warten dann noch mal lange…
Hamburg taz | Viele Menschen, die traumatische Erlebnisse machen mussten,
warten oftmals sehr lange, bis sie einen Therapieplatz finden. Die
[1][Medical School Hamburg (MSH)] hat im April dieses Jahres eine
Spezialambulanz für Traumatherapie eingerichtet, um geeignete,
evidenzbasierte Behandlungsmethoden für Betroffene anzubieten und die
[2][Traumaforschung] voranzutreiben.
Traumata entstehen durch einschneidende Erlebnisse wie Tod,
lebensbedrohliche Situationen oder sexuelle und körperliche Gewalt.
[3][Betroffene traumatischer Erfahrungen] leiden im Nachgang häufig unter
einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Viele erleben belastende Erinnerungen an das Ereignis immer und immer
wieder – sei es im Alltag, indem sich unschöne Bilder aufdrängen oder durch
Albträume, die sie kaum schlafen lassen. Oftmals führt die [4][traumatische
Erfahrung] dazu, dass Betroffene diejenigen Orte oder Situationen meiden,
die sie an das Erlebte erinnern.
Viele litten zudem unter einer starken, körperlichen Überreizung wie
Anspannung, schlechter Konzentration und Schlafstörungen, erklärt Meike
Müller-Engelmann, die Leiterin der neuen Spezialambulanz und Professorin
für Psychotherapie an der MSH. Gefühle wie Scham, Trauer und Wut würden den
Alltag der Betroffenen begleiten.
## Symptome schwer einzuordnen
„Anfangs können viele Betroffene ihre Symptome nicht einordnen und denken,
dass sie verrückt werden, dass mit ihnen [5][irgendetwas nicht stimmt]“,
erklärt Müller-Engelmann. Ungefähr ein Drittel leide unter chronischen
Verläufen, die ihr Leben stark beeinträchtigten. Meist seien sie weniger
leistungsfähig, verunsichert oder immer wieder mit Triggerpunkten
konfrontiert, die sie an das Erlebte erinnerten.
Viele Betroffene begeben sich allerdings erst nach Jahren in therapeutische
Behandlung, weil sie die Erinnerungen einfach nur verdrängen möchten. Hier
spiele auch das Umfeld eine große Rolle, erklärt die Professorin: „Wenn den
Betroffenen viel Unverständnis entgegengebracht wird, verschlimmert das in
der Regel die Symptomatik und erhöht die Barriere, sich Hilfe zu holen.“
## Fehlende Therapieplätze
Gleichzeitig sind fehlende Therapieplätze und lange Wartezeiten
entscheidende Faktoren dafür, dass die Versorgung traumatisierter
Patient*innen so lückenhaft ist. Besonders fehle es an Therapieplätzen,
die „wirklich auf Trauma fokussiert und spezialisiert sind“. Meist würden
Therapeut*innen Betroffenen nur Strategien vermitteln, um mit der
Anpassung und dem Stress umgehen zu können.
Diese Versorgungslücke möchte die Spezialambulanz jetzt füllen: Betroffene
können hier therapeutische Behandlungsmethoden wahrnehmen, die
wissenschaftlich anerkannt sind und sich an den aktuellen S3 Leitlinien zur
Behandlung von PTDS orientieren. Im Zentrum dieser Leitlinien stehen
traumafokussierte Behandlungen, die sich der Verarbeitung und Bedeutung des
Erlebnisses zuwenden – und eben nicht nur einen Umgang damit vermitteln.
Die Spezialambulanz bietet laut Müller-Engelmann „ein integratives
Behandlungskonzept, das sich aus verschiedenen, evidenzbasierten Therapien
zusammenfügt, die wir individuell an den jeweiligen Fall anpassen und
kombinieren“. Gleichzeitig möchte man die Versorgung traumatisierter
Patient*innen langfristig verbessern, indem neue Behandlungsmethoden
erforscht werden.
Insgesamt 14 Therapeutinnen und Therapeuten, die entweder bereits eine
Approbation besitzen oder sich in der psychotherapeutischen Ausbildung an
der MSH befinden, arbeiten zurzeit an den zwei Standorten der Ambulanz. In
Zukunft soll es weitere Anstellungen geben.
Je nach Art, Schwere und Komplexität der Symptomatik erarbeitet die
Hochschulambulanz Konzepte, die für das individuelle, traumatische Erlebnis
der Patient*innen am besten geeignet sind. Eine dieser Methoden ist die
„Cognitive Processing Theory“, die sich auf die Verarbeitung des Traumas
konzentriert. Dafür werden Gedanken und persönliche Wahrnehmungen des
Traumas bearbeitet, ohne dass sich Patient*innen direkt mit ihrem
Trauma auseinandersetzen müssen.
## Ambulanz entscheidet, wer aufgenommen wird
Über einen Anmeldebogen können sich Betroffene, die gesetzlich versichert
sind, für einen Therapieplatz melden. Das Angebot richtet sich an
deutschsprachige Menschen, bei denen eine posttraumatischen
Belastungsstörung diagnostiziert wurde – für Dolmetscher*innen würde
die Finanzierung der MSH nicht ausreichen.
Die Behandlung übernimmt die Krankenkasse. Betroffene, die beispielsweise
akut suizidgefährdet oder untergewichtig sind, werden in das Programm nicht
aufgenommen, weil die Auseinandersetzung mit persönlichen Erlebnissen eine
gewisse Stabilität voraussetzt.
Nach einem ersten Einzelgespräch entscheidet die Ambulanz, wer in das
Programm aufgenommen wird. Darauf folgen diagnostische Interviews, die die
Behandlungsmethoden festlegen und über den Therapieverlauf überprüft
werden, um Patient*innen bestmöglich zu betreuen und zu begleiten.
Die Trauma-Ambulanz kooperiert zudem mit Psychiater*innen und Klinken,
um auch Patient*innen, die eine medikamentöse Behandlung benötigen,
betreuen zu können. Das sei zwar nicht die Behandlung der Wahl, „aber
manchmal hilft das natürlich, um Symptome wie Schlaf- oder
Konzentrationsstörungen zu reduzieren und den Betroffenen zu ermöglichen,
sich auf die Therapie einzulassen“, erklärt Müller-Engelmann.
27 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.medicalschool-hamburg.de/
[2] /Psychische-Belastung-und-Selbsthilfe/!5845337
[3] /Rituelle-Gewalt/!5912309
[4] /Psychische-Gesundheit-von-Kindern/!6015886
[5] /Behandlung-von-Depressionen/!5995963
## AUTOREN
Sarah Lasyan
## TAGS
psychische Gesundheit
Trauma
Therapie
Psychotherapie
Trauma
Schwerpunkt Stadtland
IG
Sexualisierte Gewalt
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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