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# taz.de -- Konflikt in Syrien: Erdoğan will seine Armee abziehen
> Türkische Truppen besetzten bisher Teile Nordsyriens. Nun will Erdoğan,
> dass sie das Land verlassen. Auch aus dem Irak werde man sich
> zurückziehen.
Bild: Sieht sein Land nicht mehr gefährdet durch kurdische Kräfte in den Nach…
Istanbul taz | In einer Rede vor Militärkadetten am Wochenende hat
Präsident [1][Recep Tayyip Erdoğan] angekündigt, die türkischen
Militäroperationen in Syrien und im Nordirak in Kürze zu beenden. Im
Nordirak sei die kurdische PKK-Guerilla komplett eingekesselt und auch von
Syrien aus seien kurdische Kräfte nicht mehr in der Lage, „innerhalb
unserer Grenzen anzugreifen“. Noch verbleibende Schwachstellen im
Sicherheitsgürtel entlang der Grenze zu Syrien würden bald behoben.
Auch wenn Erdoğan es nicht so ausdrückte, war seine Botschaft: „Mission
erfüllt!“ Erstmals waren türkische Truppen im Herbst 2016 in der Operation
„Euphrat Schild“ westlich des Euphrats auf syrisches Territorium
vorgedrungen und hatten um die Stadt Azaz herum ein größeres Gebiet
besetzt.
Ziel dieser Operation und zwei weiterer in den folgenden Jahren war es nach
türkischen Angaben, kurdische „Terroristen“ von der Grenze zur Türkei
wegzudrängen und zu verhindern, dass entlang der Grenze ein autonomes
kurdisches Gebiet entstehen würde, das in der türkischen Öffentlichkeit
immer als PKK-Staat tituliert wurde.
Im Nordirak, wo sich seit Jahrzehnten das Hauptquartier der PKK befindet,
hat die türkische Armee zwar kein größeres Gebiet besetzt, ist aber in den
vergangenen Jahren immer wieder auch mit Bodentruppen auf irakisches
Territorium vorgestoßen, um PKK-Stellungen zu bekämpfen.
Dort, vor allem aber in Nordsyrien, sollen die Kämpfe nun soweit reduziert
werden, dass die türkischen Truppen zurückkehren können. Diese fundamentale
Veränderung in der türkischen Haltung geht zum einen auf eine veränderte
Politik im Irak zurück. So konnte Erdoğan mit Bagdad vereinbaren, dass die
PKK als unerwünschte Organisation eingestuft wird und das Land verlassen
soll.
Zum anderen spielt die Einsicht eine Rolle, dass der syrische [2][Diktator
Baschar al-Assad nach dem jahrelangen Krieg in Syrien wieder fest im Sattel
sitzt]. Erdoğan hat nach Ausbruch des Syrienkriegs 2011 jahrelang die
islamistischen Aufständischen gegen Assad unterstützt – letztlich aber ohne
Erfolg.
In den letzten Jahren ging es der Türkei dann vor allem darum, die im
Nordosten durch den Krieg erstarkten kurdischen Milizen zu bekämpfen. Dazu
diente zuletzt der Einmarsch türkischer Truppen auch östlich des Euphrats.
Russland versucht zu vermitteln
Seit Jahren schon versucht Russland eine Einigung zwischen Erdoğan und
Assad zu vermitteln. Bislang scheiterte Moskau aber daran, dass Assad immer
den vollständigen Rückzug türkischer Truppen aus Syrien zur Vorbedingung
eines Treffens machte. Dem scheint Erdoğan jetzt nachkommen zu wollen,
indem er die militärischen Operationen für erfolgreich beendet erklärt.
Erdoğans Hauptmotiv, auf Assad zuzugehen, dürfte aber ein innenpolitisches
sein: Die knapp vier Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei werden
für ihn angesichts der dramatisch schlechten ökonomischen Situation in der
Türkei immer mehr zur Last. Die Opposition nutzt die aggressive Stimmung
gegen die Flüchtlinge, um Erdoğan unter Druck zu setzen. Oppositionsführer
Özgür Özel kündigte kürzlich an, er werde Assad in Damaskus besuchen, um
über eine Rückführung der Flüchtlinge zu verhandeln.
Erdoğan lud Assad daraufhin ein, nach Ankara zu kommen, um über eine
Rückführung zu sprechen. Doch Assad beharrt darauf, dass zuerst die
türkischen Soldaten aus Syrien verschwinden. Jetzt hat sich die irakische
Regierung als Vermittler eingeschaltet. In den kommenden Tagen werden sich
der türkische und der syrische Außenminister in Bagdad treffen, um ein
Gipfeltreffen ihrer beiden Chefs vorzubereiten.
„Warum jetzt Frieden mit Assad?“, fragte die größte türkische Zeitung
Hürriyet am Sonntag und lieferte die Antwort gleich mit: Die Gefahr eines
PKK-Staats im Nordosten von Syrien sei gebannt. Und Frieden mit dem Regime
von Baschar al-Assad sei die Voraussetzung für die Rückkehr der Flüchtlinge
nach Syrien.
14 Jul 2024
## LINKS
[1] /Recep-Tayyip-Erdoan/!t5008296
[2] /Syrisches-Dialogtreffen-in-Berlin/!6015111
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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Türkei
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