| # taz.de -- Syrische Geflüchtete in der Türkei: Daten-Leak gefährdet Menschen | |
| > In der Türkei wurden die Daten von syrischen Geflüchteten veröffentlicht. | |
| > Angesichts der rassistischen Stimmung sorgen sie sich vor gezielten | |
| > Angriffen. | |
| Bild: Vor dem Bürgerkrieg geflohen, nun in Angst vor Angriffen in der Türkei:… | |
| Istanbul taz | Ein Daten-Leak verunsichert die syrischen Geflüchteten in | |
| der Türkei noch weiter. Nachdem es Anfang letzter Woche in mehreren Städten | |
| [1][zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen syrische Geflüchtete und ihre] | |
| Geschäfte gekommen war, fürchten Flüchtlinge nun um ihre Anonymität. | |
| Am Freitag bestätigte die Einwanderungsbehörde, dass durch ein Daten-Leak | |
| die Adressen, Passkopien und Telefonnummern nahezu aller 3,4 Millionen | |
| registrierten Flüchtlingen auf verschiedenen Telegram-Kanälen | |
| veröffentlicht wurden. Quelle der Daten soll die Social-Media-Adresse eines | |
| 14-jährigen Nutzers mit dem Akronym E.P. sein. Der Jugendliche wurde | |
| vorläufig festgenommen. | |
| Viele syrische Geflüchtete fürchten nun, dass sie Ziel „terroristischer | |
| Angriffe“ werden könnten. Auch wenn laut Einwanderungsbehörde viele der | |
| Daten nicht dem neuesten Stand entsprächen, dürften dennoch Hunderttausende | |
| Syrer von dem Leak betroffen sein. | |
| Medienberichte gehen davon aus, dass das Daten-Leak nicht die Tat eines | |
| Einzelnen ist, sondern einer Kampagne extrem nationalistischer Kreise | |
| entstammt, die seit Monaten die Stimmung gegen Syrer und andere Geflüchtete | |
| systematisch aufheizen. | |
| ## Tiefe Wirtschaftskrise | |
| Mit knapp vier Millionen registrierten Geflüchteten aus Syrien, dem Irak | |
| und Afghanistan ist die Türkei laut UNO das Land mit der höchsten Zahl an | |
| Geflüchteten weltweit. Allein in Istanbul leben schätzungsweise mehr als | |
| eine Million syrische Geflüchtete, rund die Hälfte von ihnen ist nicht | |
| registriert. | |
| Seit Jahren befindet sich die Türkei in einer tiefen Wirtschaftskrise, die | |
| Inflation liegt nach offiziellen Angaben bei über 70 Prozent, wobei die | |
| Preissteigerungen bei Lebensmitteln sogar noch weit höher sind. | |
| Gleichzeitig wächst in Teilen der Bevölkerung die Wut auf Geflüchtete, die | |
| angeblich durch den Staat besser versorgt würden als die Einheimischen. Da | |
| der Krieg in Syrien scheinbar beendet ist, erwarten viele TürkInnen, dass | |
| die SyrerInnen nun wieder zurück in ihr Herkunftsland gehen. | |
| [2][Diese Stimmung machen sich ultrarechte Parteien wie die Zafer-Parti | |
| (Siegespartei) zunutze; aber auch die übrigen demokratischen | |
| Oppositionsparteien.] Die sehen in der illegalen Migration die größte | |
| Schwachstelle der Regierung unter dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip | |
| Erdoğan. Erdoğan hatte die syrischen Geflüchteten einst als Verbündete | |
| gegen Syriens Diktator Baschar al-Assad bereitwillig ins Land gelassen. | |
| Jetzt, da Assad wieder fest im Sattel sitzt, möchte er sie gerne wieder | |
| loswerden. | |
| Um aus der Situation Gewinn ziehen, ist die | |
| sozialdemokratisch-kemalistische und größte Oppositionspartei CHP sogar | |
| dazu bereit, mit der Zafer-Partei gemeinsame Sache zu machen. Parteichef | |
| [3][Özgür Özel] hat angekündigt, gemeinsam mit den Ultrarechten einen | |
| Antrag gegen illegale Migration einzubringen. | |
| ## Sozialdemokraten und Ultrarechte gegen Geflüchtete | |
| Damit soll die Armee härter gegen illegale Grenzübertritte vorgehen dürfen. | |
| Die CHP wolle nicht, dass die Türkei von der EU als „Auffangbecken“ für | |
| Flüchtlinge missbraucht werde. Auf einer Tagung der Sozialistischen | |
| Internationale in Bukarest warb Özel am Samstag für seine Position um | |
| Verständnis. | |
| Am Wochenende hat Özel noch einen besonderen Propagandacoup angekündigt. Er | |
| werde demnächst Assad in Damaskus treffen, um mit ihm über die Rückführung | |
| der Geflüchteten zu diskutieren. Erdoğan bemüht sich seit Längerem | |
| vergeblich um einen Termin bei dem syrischen Dikator. Der will sich erst | |
| mit Erdoğan treffen, wenn alle türkischen Soldaten aus den besetzten | |
| Gebieten Nordsyriens zurückgezogen sind. | |
| 7 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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