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# taz.de -- Kennzeichnung von Mogelpackungen: Achtung, luftig verpackt!
> Verbraucherschützer:innen fordern Maßnahmen gegen Mogelpackungen –
> wie in Frankreich. Doch hierzulande geht es kaum voran. Helfen könnte die
> EU.
Bild: Aufgeblasen: Bei Chips und Nüssen ist oft viel Luft mit in der Verpackung
Berlin taz | Die Zahl der Mogelpackungen in Deutschland steht auf einem
Rekordhoch. Die Verbraucherzentrale Hamburg, die seit mehreren Jahren eine
[1][Mogelpackungsliste] führt, zählte für 2023 exakt 104 Meldungen von
Verbraucher:innen. Auch für das laufende Jahr zeichne sich eine hohe
Zahl von Beschwerden ab. Verbraucherschützer:innen fordern daher nun
eine Gesetzgebung, die die täuschenden Verpackungen ins Visier nimmt.
Was Mogelpackungen genau sind, ist bislang nicht eindeutig gesetzlich
geregelt. Landläufig handelt es sich um Produkte, deren Verpackungen einen
größeren Inhalt versprechen, als sie einhalten. Typisch sind etwa
Cremetiegel in einer zusätzlichen Pappverpackung, die den Tiegel leicht
erhöht – und damit größer wirken lässt. Bei Cerealien, Nüssen, Chips oder
Keksen lässt sich durch Luft in der Verpackung tricksen.
Das Thema hat durch die in den vergangenen Jahren ungewöhnlich hohe
Inflation neue Bedeutung bekommen. Denn immer wieder fielen Produkte auf,
bei denen der Hersteller den Inhalt verringert hatte – die Packungsgröße
war aber gleich geblieben.
[2][Shrinkflation] heißt das Phänomen, ein Kofferwort aus dem englischen
„to shrink“ (schrumpfen) plus „Inflation“. Sie kommt in Varianten vor, …
können etwa hochwertigere und teurere Zutaten durch minderwertigere und
günstige ersetzt werden – bei gleichem Produktpreis. Verboten ist das alles
nicht. Das Mess- und Eichgesetz verbietet es zwar, Produkte auf den Markt
zu bringen, wenn die Verpackungen „ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine
größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten ist“. Ein Grenzwert
aber fehlt. Als allgemeine Richtgröße gelten 30 Prozent Luft in der
Verpackung.
## Warnung am Regal gefordert
Die Verbraucherzentrale Hamburg und der Verbraucherzentrale Bundesverband
(vzbv) fordern nun zumindest eine Kennzeichnungspflicht. „Produkte mit
veränderten Zusammensetzungen oder niedrigerer Füllmenge bei gleichem oder
höherem Preis sollten für mindestens sechs Monate mit einem Warnhinweis
versehen werden“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. Sie fordert: „Die
Bundesregierung muss dieser Verbrauchertäuschung einen Riegel vorschieben.“
Ein Vorbild könnte Frankreich sein. Dort tritt eine entsprechende
Gesetzgebung am 1. Juli in Kraft. Große und mittelgroße Supermärkte müssen
dann am Regal kennzeichnen, wenn der Preis auf Gramm, Kilo oder Liter
gerechnet gestiegen ist. Die Pflicht gilt für zwei Monate nach der
Veränderung bei Verpackung und/oder Inhalt.
Das [3][Bundesverbraucherschutzministerium (BMUV) hatte die
Mogelpackungsproblematik vor einem Jahr in einem Eckpunktepapier] zur
Reduzierung von Verpackungsmüll berücksichtigt. Darin heißt es, es brauche
eine Klarstellung, dass eine „Verringerung der Füllmenge bei
gleichbleibender Verpackung in der Regel unzulässig ist“.
Doch ob es diese Forderung in ein Bundesgesetz schafft, ist offen – das
Verbraucherschutzministerium teilt auf taz-Anfrage mit, dass man sich
bislang nicht mit den anderen Ministerien einigen konnte. Doch im BMUV
scheint man ohnehin mehr auf die EU-Ebene zu setzen – und dort auf die
europäische Verpackungsverordnung. Wird sie, wie es das Ministerium hofft,
zum Jahresende beschlossen, würden EU-weit einheitliche Regeln kommen –
allerdings erst 2030.
Hersteller beziehungsweise Händler müssten ihre Verpackungen dann auf „das
für den Produktschutz erforderliche minimale Volumen reduzieren“.
„Verpackungen mit Eigenschaften, die lediglich darauf abzielen, das
wahrgenommene Volumen des Produkts zu vergrößern, beispielsweise durch
Doppelwände, falsche Böden und unnötige Schichten, dürfen grundsätzlich
nicht mehr in Verkehr gebracht werden“, so eine Sprecherin.
28 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.vzhh.de/mogelpackungsliste
[2] /Gleicher-Preis-aber-weniger-drin/!5953211
[3] /Verbraucherschutz-in-Deutschland/!5957968
## AUTOREN
Svenja Bergt
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