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# taz.de -- Auswirkungen der Klimakrise: Schokoladenpreis auf Rekordniveau
> Wegen Missernten erreichen die Preise für Kakao Höchstwerte. Auch die
> Klimakrise spielt dabei eine Rolle. Wer mehr zahlen muss: natürlich die
> Verbraucher.
Bild: Kakaobohnen – hier bei der Trocknung – sind anspruchsvoll im Anbau
Berlin taz | Für Schokofans wird 2025 kein gutes Jahr. Tafel, Riegel und
Hasen werden wahrscheinlich teurer. Die Preise für den Rohstoff Kakao sind
hoch wie nie und werden nach Ansicht von Experten weiter steigen. Das
[1][Klima] in den wichtigsten Anbauregionen hat sich in den vergangenen
Jahren verändert, die Zahl der Missernten nimmt zu. Entsprechend knapp ist
das Angebot.
Von Anfang Januar 2024 bis Januar 2025 stieg der durchschnittliche Preis
einer Tonne Kakao nach Zahlen der International Cocoa Organization (ICCO)
um rund 141 Prozent. Seit Januar 2023 hat er sich mehr als vervierfacht.
Zuletzt notierte er knapp über 10.000 Dollar je Tonne. Eingerechnet sind
die Preise an den großen Terminbörsen in New York und London, an denen der
Rohstoff gehandelt wird. Dort lässt sich auch ein Blick in die Zukunft
wagen, weil zu sehen ist, was Kakao, der Ende 2025 oder Anfang 2026
geliefert wird heute kostet. 8.000 bis 9.000 US-Dollar pro Tonne deuten
zumindest nicht auf deutlich sinkende Preise hin.
Die Hersteller reagieren. Ritter Sport aus Baden-Württemberg hob die Preise
bereits im vergangenen Jahr an, ebenso Lindt & Spruengli. Die Schweizer
kündigten zudem eine weitere Erhöhung in diesem Jahr an. Im Januar hat
offenbar auch der US-Lebensmittelriese Mondelez nachgezogen. Die
100-Gramm-Tafel der bekannten Marke Milka kostet nun in vielen Supermärkten
mit 1,99 Euro ein gutes Drittel mehr, wie das Preisvergleichsportal
Smhaggle ermittelte. Insgesamt verteuerte sich Schokolade nach Angaben des
Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr um 10,6 Prozent.
Und es könnte so weitergehen. Zwei Drittel der Kaufleute in Deutschland
erwarten, dass die Preise steigen, wie eine Umfrage der Lebensmittelzeitung
ergab. 47 Prozent schätzen, dass die Preise gleich bleiben, der Inhalt aber
schrumpft. Die Schokotafel hätte dann zum Beispiel nur noch 90 statt 100
Gramm. [2][„Shrinkflation“ wird diese Praxis genannt]. Vielleicht lässt
sich noch an anderen Zutaten sparen, allerdings ist zumindest bei
Schokolade mit hohem Kakaoanteil der Spielraum gering.
## Der Baum ist picky
Dem Kakao macht vor allem das Wetter zu schaffen. Der Baum wächst nur in
Gebieten rund um den Äquator und ist sehr empfindlich. Ist es zu nass, kann
die Frucht verschimmeln, fehlt Wasser, vertrocknet sie leicht. Wegen des
Klimawandels schwankt das Wetter in den Tropen stärker als bisher. In den
vergangenen fünf Jahren hat das La Niña genannte Wetterphänomen vor allem
Regen nach Westafrika gebracht, was die Elfenbeinküste traf. Mit rund 41
Prozent Weltmarktanteil ist sie der größte Kakaolieferant vor Ghana mit 13
Prozent. Die Folge: Missernten.
Selbst Marktmacht hilft angesichts des fehlenden Angebots wenig. Barry
Callebaut, nach eigenen Angaben größter Schokoproduzent der Welt, gab die
höheren Einkaufspreise für Kakao einfach an die Kunden weiter. Das
Schweizer Unternehmen fertigt vor allem für die Lebensmittelindustrie und
Konditoreien.
Dass auch gute Planung nicht nützt, zeigt das Beispiel Ritter Sport. Das
Unternehmen aus Baden-Württemberg wertete Wetterdaten aus 50 Jahren aus,
bevor es 2013 eine Brache in Nicaragua kaufte, um dort eine nachhaltige
Plantage anzulegen. Hurrikans hatte es in dem halben Jahrhundert nicht
gegeben. Jetzt gibt es sie und sie entlauben die Bäume. Statt 20 bis 25
Prozent des im Unternehmen benötigten Kakaos zu liefern, schafft die
Plantage erst einmal nur fünf Prozent – wegen der Wetterextreme, wie ein
Unternehmenssprecher sagt.
Das Wetter ist auch der Hauptgrund, warum Experten nicht erwarten, dass
sich die Lage bei Kakao bessert. Hinzu kommen noch andere Gründe, die nicht
direkt etwas mit den Pflanzen zu tun haben. Üblicherweise würden Landwirte
in so einer Situation versuchen, die Anbaumethoden zu verbessern,
ausgeklügelter zu bewässern, neue Sorten anzubauen, um auf das schlechtere
Wetter zu reagieren. Das alles kostet Geld, das viele nicht haben. Denn
Kakao bauen vor allem Kleinbauern an.
Sie könnten den Anbau auch ganz lassen, die Bäume fällen und zum Beispiel
Soja im jährlichen Wechsel mit anderen Getreidearten anbauen. Das könnte
mehr und gleichmäßigeres Einkommen als Kakao bringen. Und wer neu anfängt,
wird trotz hoher Preise überlegen, ob es sich lohnt. Ein Kakao-Baum braucht
fünf bis sechs Jahre, bis er trägt.
Für die Finanzexperten beim Finanzdienst Bloomberg ist Kakao jedenfalls
eine interessante Anlage mit steigenden Preisen – wie auch Gummi, Kaffee
und Palmöl, alles Produkte, die in den Tropen wachsen. Und so könnte
Spekulation die Preise zusätzlich treiben. Alles keine guten Aussichten für
Schokofans. Um die acht Kilogramm Schokolade essen die Deutschen pro Kopf
jedes Jahr, wie eine Marktanalyse der Statistiker von Statista ergeben hat.
Tendenz zuletzt leicht steigend.
5 Mar 2025
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## AUTOREN
Björn Hartmann
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