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# taz.de -- Kein Kommentar vom Verfassungsschutz: Gefährliches Schweigen
> Bremens Verfassungsschutz berichtet über linke Demos jeder Art, aber zur
> rechten Szene im Stadtteil Walle hat er nichts zu sagen. Das ist
> gefährlich.
Bild: Rechtsextreme in Walle kamen nicht vor: Verfassungsschutz-Chef Thorge Koe…
Der Verfassungsschutz, das sind die, die alles mitbekommen sollen, die mit
den offenen Ohren und Augen. Nur wird manchmal auf einer Seite etwas
deutlicher hingeluschert als auf der anderen.
In diesem Jahr hat es zwei Anschläge [1][auf den linken Wagenplatz Ølhafen]
im Kleingartengebiet im Bremer Stadtteil Walle gegeben. Dieses
Parzellengebiet wird seit Jahrzehnten von Mitgliedern der rechten Szene
unterwandert. In aller Gemütlichkeit konnten hier Strukturen aufgebaut
werden, Rechtsextreme vernetzten sich oder ließen einfach gemeinsam die
Seele baumeln.
Die Dinge gemütlich angehen lassen, das tut offenbar auch der Bremer
Verfassungsschutz. Jedenfalls können die rechten AkteurInnen in Bremen
Walle, wie es scheint, völlig unbehelligt agieren. Der Geheimdienst hat
entweder wirklich keine Kenntnisse über die dortige Szene – oder er mag
diese mit der Presse nicht teilen.
Um staatlichen Geheimschutz, der dem Schutz des Wohles des Bundes oder
eines Landes dient, kann es kaum gehen: Die Rechte hat in Bremen Walle
nicht besonders geheim agiert. 2008 konnte die NPD ihr Parteitreffen in
einem der Vereinshäuser im Kleingartengebiet abhalten; auch die
[2][rechtsextreme Kameradschaft Sturm Wiking] traf sich dort. Ab 2016 kamen
regelmäßig Treffen der Identitären Bewegung dazu. Zeitgleich eröffnete
kurzzeitig eine Gruppe der [3][Hells Angels ihr Vereinsheim] im
Kleingartengebiet. Dort gingen bekannte AkteurInnen der rechten Szene ein
und aus.
Menschen mit rechter Gesinnung unterhalten teilweise Parzellen und nehmen
zusätzlich an organisierten Zusammenkünften teil. In den Kleingärten können
sie ihre politische Agenda vorantreiben. Bei der letzten Bremen-Wahl
bekamen die Bürger in Wut (die [4][AfD war nicht zugelassen]) in dem
zugehörigen Ortsteil [5][Hohweg 22,7 Prozent der Stimmen.]
All diese öffentlich zugänglichen Informationen hat das Mobile
Beratungsteam gegen Rechtsextremismus sofort parat. Und der
Verfassungsschutz? Der nicht. Mit keinem Wort wird das Gebiet in den
jährlichen Berichten erwähnt. Auch auf explizite Nachfragen der taz gibt es
tagelang nur die Antwort: Man könne zu dem Thema nichts sagen.
Sollte der Verfassungsschutz die Bevölkerung nicht vor gewaltbereiten
Strukturen warnen? Der Wagenplatz Ølhafen als alternative Wohnform wird
bedroht und mit Nazi-Parolen beschmiert, seit er 2018 in das
Parzellengebiet gezogen ist. Im Juni gab es einen nächtlichen
Brandanschlag. Es liegt zumindest nahe, dass den Angriffen die rechte
Ideologie zu Grunde liegt, die sich vor Ort manifestieren konnte. Der
Ølhafen brachte Unruhe ins Gebiet.
Die BewohnerInnen des Waller Bauwagenplatzes haben die Angriffe zwar nicht
formal gemeldet, es wäre aber trotzdem schon bemerkenswert, wenn der
Verfassungsschutz sie nicht mitbekommen hätte. Auch, weil der Wagenplatz
einige der die Übergriffe auf der Plattform Indymedia bekanntmachte. Dort
liest die Behörde mit: Bei dem Blog handelt es sich schließlich um ein
Medium der linksextremen Szene.
Und diese linksextreme Szene behalten die Sicherheitsbehörden ganz genau im
Blick: Der Bremer Verfassungsschutzbericht liest sich in diesem Kapitel wie
ein [6][Nachbericht aller linken Demo-Aktivitäten], auch solcher, die weit
in die Mitte der Gesellschaft hineinreichen. Und der große Bruder des
Bremer Landesamtes, der Bundesverfassungsschutz, soll bis mindestens Ende
2022 den [7][linken Bremer Wagenplatz „Querlenker“ täglich gefilmt] haben.
Sollte der Bremer Verfassungsschutz die gewaltbereite rechte Szene in Walle
tatsächlich nicht auf dem Zettel haben, wäre das erschreckend ineffizient.
Und wenn er öffentlich zugängliche Informationen über Rechte nicht
aufbereiten, sondern heimlich verwalten will, sorgt das dafür, dass sich
Rechte in ihrer Menschenverachtung heimelig einrichten können. Und das ist
gefährlich.
3 Jul 2024
## LINKS
[1] /Erneuter-Anschlag-auf-Bauwagenplatz/!6019827
[2] /Neonazi-Prozess/!5114054
[3] /Ein-Lokalpolitiker-unter-lauter-Rockern/!5327888
[4] /Anstehende-Buergerschaftswahl-in-Bremen/!5922575
[5] http://www.statistik-bremen.de/Tabellen/Wahlen/WahlatlasBuergerschaft2023_S…
[6] /Kritik-am-Verfassungsschutzbericht/!5999839
[7] /Ueberwachung-von-Wagenplatz/!5940555
## AUTOREN
Lilli Uhrmacher
## TAGS
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