# taz.de -- Angriff auf Bremer Wagenplatz Ølhafen: Aus dem Hinterhalt | |
> Auf den Bremer Wagenplatz Ølhafen hat es einen tätlichen Angriff gegeben. | |
> Wie geht man damit um, wenn Polizei rufen keine Option erscheint? | |
Bild: Bald weniger offen als bisher: Die Bauwagenbewohner am Ølhafen wollen si… | |
BREMEN taz | Der Wagenplatz Ølhafen im Parzellengebiet im Bremer Stadtteil | |
Walle ist laut Bewohner*innen tätlich angegriffen worden. In der Nacht | |
vom 1. auf den 2. Februar habe es einen Hinterhalt gegeben, bei dem | |
plötzlich einige wenige Ølhafen-Leute einer Übermacht an | |
Angreifer*innen gegenübergestanden. Erstmals seien damit nun | |
Bewohner*innen auch direkt körperlich attackiert worden. Zwei Menschen | |
bekamen Pfefferspray ab, einer wurde am Kopf verletzt. | |
In der Beschreibung der Gruppe [1][liest sich das so:] „Zwei unbekannte | |
Personen warfen von der Straße aus Steine auf den Ølhafen Wagenplatz. Als | |
Bewohner*innen vors Tor liefen tauchten fünf bis sechs weitere | |
Angreifer*innen auf. Diese waren teilweise vermummt und griffen mit | |
Pfefferspray und einem Flaschenwurf an. Es wurde auch ein Messer gezogen. | |
Ein*e Mitbewohner*in sprühte daraufhin mit einem Feuerlöscher in die | |
Menge. Dadurch konnten sich alle angegriffenen Personen auf den Platz | |
zurück ziehen.“ | |
Ganz aus dem Nichts kam der Angriff nicht: In der Vergangenheit hatte es | |
durchaus immer wieder bedrohliche Szenarien gegeben. Böller, offensichtlich | |
Marke Eigenbau, seien immer mal wieder aufs Areal geworfen worden. Und | |
Autos seien vorbeigefahren, aus denen rechte Parolen gerufen wurden: „Sieg | |
Heil“ und Ähnliches, erzählt Frieda (echter Name der Redaktion bekannt). | |
In der Bewertung des Angriffs bleiben Frieda und ihr Mitbewohner Luca | |
trotzdem vorsichtig. „Bevor die ersten Steine auf den Platz flogen, gab es | |
schon Beleidigungen“, sagt Frieda. „Das waren nicht per se rechte Sprüche, | |
sondern eher Homophobes und anderer Provokations-Macker-Kram.“ Einen der | |
Angreifer glauben sie außerdem schon früher gesehen zu haben: Ein | |
Jugendlicher, der sich bereits mit Böllerattacken hervorgetan hatte. | |
## Stimmungsmache gegen alternatives Leben | |
Von organisierten rechten Kadern gehen die Wagenplatz-Bewohner*innen | |
deshalb momentan nicht aus; eher machen sie ein allgemeines rechtes | |
Weltbild in Teilen der Gesellschaft verantwortlich. „Es gibt eine gewisse | |
Feindlichkeit gegen links, gegen Leute, die anders aussehen“, sagt Luca. | |
Mit dem, was strukturell Diskriminierte tagtäglich durchmachen, wolle er | |
das nicht vergleichen – aber bei diesem spezifischen Angriff hätten eben | |
auch sie die Auswirkungen eines rechten Weltbilds zu spüren bekommen. | |
Die beiden sehen durchaus auch lokale Politiker aus dem Waller Beirat, dem | |
Stadtteilparlament, in der Verantwortung für diese Anti-Stimmung: „Sowohl | |
AfD als auch CDU versuchen hier regelmäßig [2][gegen uns Stimmung zu | |
machen]“, erklärt Luca. So wollte die Waller CDU eine Räumung des Areals | |
durchsetzen, mit markigen Worten. AfD-Politiker*innen wiederum waren | |
mehrfach auf den Bahndamm geklettert, um Fotos vom Platz zu machen. | |
Bedroht zu werden, meint Luca, das sei eigentlich Teil der Erfahrungswelt, | |
wenn man sich politisch links engagiere. Frieda zögert. „Ich finde“, sagt | |
sie schließlich, „es macht emotional einen Unterschied, ob das Autonome | |
Zentrum angegriffen wird, in dem ich mich engagiere – oder ob es der Ort | |
ist, an dem ich lebe.“ | |
Angst ist ein Thema. Beziehungsweise: „Es fühlt sich nicht gut an, so in | |
die Defensive getrieben zu sein“, sagt Luca. Zwischen den Böllerattacken | |
der Vergangenheit gab es oft viele Monate Pause, erzählt Frieda. „Man | |
wartet dann eigentlich nur ab, was die als nächstes tun, ob sie was tun. | |
Das macht Menschen mürbe.“ | |
Trotzdem wollen sie vorerst nicht die Polizei rufen. Man verstehe sich als | |
linksradikales Projekt – die Zusammenarbeit mit den Repressionsbehörden ist | |
da nicht vorgesehen. „Genau von dieser Institution haben wir genug Druck | |
abbekommen. Nächtliche Störungen, die nicht von uns provoziert waren zum | |
Beispiel“, sagt Luca. „Das gibt uns eher das Gefühl: Die kann man nicht | |
rufen, das sind keine Freunde und Helfer.“ | |
Dazu kommt: Weder Namen noch Gesichter der Angreifer haben sie; „wir haben | |
einfach auch nicht das Gefühl, dass die Polizei überhaupt in der Lage wäre, | |
was zu machen“. | |
## Ein Zaun als Kompromiss für etwas Sicherheit | |
Stattdessen soll nun ein Zaun helfen. Eigentlich auch ein No-Go, ein | |
kleiner Bruch mit dem eigenen Weltbild: „Wir haben damit echte Probleme, | |
wir stellen uns eigentlich gegen die Logik, dass es überall fette Mauern | |
und hohe Zäune geben muss“, sagt Luca. | |
Zusätzlich soll mehr Licht installiert werden, um Angreifer*innen | |
abzuschrecken. Die Ølhafen-Leute haben schon Spenden bekommen, Geld und | |
Material haben solidarische Menschen vorbeigebracht – und mehrere helfen | |
jetzt bei den Umbauarbeiten. | |
Auch abseits der Aufbauhilfe hätten sie viel Zuspruch bekommen. „Das tut | |
gut“, sagt Luca. „Jede Karte, jede Mail zeigt uns: Wir sind nicht allein.“ | |
Auch Menschen aus der Nachbarschaft seien schon viele vorbeigekommen um | |
ihre Solidarität zu zeigen. Eine Selbstverständlichkeit ist das nicht: Die | |
rechtspopulistischen Bürger in Wut, die heute als Bündnis Deutschland | |
auftreten, schneiden im angrenzenden Wahlbereich Hohweg regelmäßig stark | |
ab. | |
9 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://de.indymedia.org/node/338984 | |
[2] /Zukunft-des-Bauwagenplatzes-Oelhafen/!5706740 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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