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# taz.de -- Windkraftanlagen in Hamburg: Ausgleich für Anwohner
> Anwohner sollen von Windrädern in der Nähe profitieren. Hamburg will ein
> Gesetz dazu auf den Weg bringen. Andere Bundesländer zeigen, wie es geht.
Bild: Bringt künftig Geld ein: Nachbarschaft zu Windenergieanlagen
Hamburg taz | Wer eine Windkraftanlage vor seiner Tür stehen hat, soll in
Zukunft davon profitieren, indem er oder seine Gemeinde – oder beide –
etwas von den Einnahmen abbekommen. Ein entsprechendes Gesetz wollen SPD
und Grüne in der Bürgerschaftssitzung am 10. Juli beim Hamburger Senat in
Auftrag geben. Vorbild sollen [1][entsprechende Gesetze in
Nordrhein-Westfalen] und Brandenburg sein. Ein ähnliches Gesetz in
Mecklenburg-Vorpommern, das damit Vorreiter war, ist gescheitert.
Die beiden Hamburger Regierungsfraktionen wollen mit dem geplanten
Bürgerenergiegesetz [2][die Energiewende beschleunigen], indem sie den
örtlichen Widerstand gegen Windräder schwächen. Letztlich sollen
diejenigen, die unter Schlagschatten und der Verspargelung ihres Horizonts
leiden, einen Ausgleich dafür bekommen.
„Vom Windkraftausbau sollen alle profitieren können“, sagt Alexander
Mohrenburg von der Hamburger SPD-Fraktion. Bürgerenergiegesetze machten es
möglich, dass sich Anwohner aktiv am Ausbau der Windkraft in ihrer
Nachbarschaft beteiligten und dabei bares Geld verdienen könnten.
Die Gesetzesinitiative sieht vor, schneller Windenergiegebiete auszuweisen,
als das Windenergieflächenbedarfsgesetz es für die Länder vorschreibt. Für
Hamburg lautet das Ziel 0,5 Prozent der Landesfläche bis Ende 2032 – wobei
der Hafen ausgenommen ist. Dieses Ziel soll jetzt schon fünf Jahre früher
erreicht werden.
## Vorbild Nordrhein-Westfalen
Und damit auf der dann zur Verfügung stehenden Fläche auch Windkraftanlagen
gebaut werden, sollen die Anwohner beim Neubau und Ersetzen (Repowering)
von Anlagen „finanziell und organisatorisch beteiligt werden können“. So
steht es in dem Antrag der Regierungsfraktionen an die Bürgerschaft. Zu
prüfen sei auf welchen Wegen das geschehen könne.
Zur klären sei zudem, ob sich die Gemeinde oder einzelne Bürger an
Projekten beteiligen sollten. Ob es eine unternehmerische Beteiligung sein
sollte, bei der auch Verluste getragen werden müssten, oder ein reines
Geldgeben gegen Zins, wobei das investierte Geld nur bei einer Insolvenz
weg wäre. Und schließlich komme es noch auf die Rechtsform der Beteiligung
mit mehr oder weniger Mitspracherechten an.
Nordrhein-Westfalen, das von Rot-Grün als Vorbild genannt wird, hat
[3][Ende vergangenen Jahres ein Bürgerenergiegesetz verkündet]. „Da es
nicht die ‚eine‘ Beteiligungsform für alle Projekte und alle Kommunen gibt,
macht das Gesetz dazu keine festen Vorgaben“, heißt es auf der Website des
nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums.
Demnach haben die Projektentwickler und die Gemeinden zunächst mehr als ein
Jahr Zeit, sich über eine Beteiligung zu einigen. Sollte das nicht
gelingen, greift ein Standard-Beteiligungsmodell: Die Betreiber müssen der
Gemeinde 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde anbieten – was den Gemeinden
bei modernen Windrädern an die 20.000 Euro pro Jahr einbringen kann. Zudem
müssen die Betreiber den Einwohnern fest verzinste Beteiligungen ab 500
Euro je Anteil anbieten. Sollte beides nicht geschehen, müssen die
Betreiber als Notfallbeteiligung 0,8 Cent je Kilowattstunde an die
Standortgemeinde zahlen.
## Bürokratiemonster in Schleswig-Holstein
Der [4][niedersächsische Landtag hat das im April ähnlich geregelt]. Hier
ist eine „Akzeptanzabgabe“ von 0,2 Cent pro Kilowattstunde an die Gemeinde
fällig. Dazu kommen mindestens 0,1 Cent für Anwohner im
2,5-Kilometer-Umkreis. Äquivalent dazu können sich Kommunen oder Einwohner
auch auf verschiedenen Wegen zu 20 Prozent direkt beteiligen.
Zwar hatte das niedersächsische Gesetzt noch kaum Zeit zu wirken. Silke
Weyberg, Geschäftsführerin des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE)
sagt aber: „Da das Gesetz den Projektierern viele Möglichkeiten lässt,
gehen wir davon aus, dass sich nicht viel ändert.“ Viele Projektierer
hätten den Kommunen und Anwohnern bisher schon gute Angebote gemacht.
Weyberg begrüßt, dass das niedersächsische Gesetz nur den Rahmen vorgibt
und den Projektierern viele Wege offen lässt – ganz im Gegensatz zu der
Regelung in Mecklenburg-Vorpommern. Dort sei nur ein einziges Projekt nach
den Vorschriften des Gesetzes realisiert worden. Der
LEE-Landesverbandsvorsitzende Johann-Georg Jaeger nannte das Gesetz ein
„verfassungskonformes Bürokratiemonster“.
Dass es auch einfacher geht, zeigt das Land [5][Brandenburg. Nach dessen
Windenergieanlagenabgabengesetz] von 2019 müssen die Betreiber von
Windkraftanlagen Gemeinden in einem Umkreis von drei Kilometern 10.000 Euro
pro Windrad und Jahr bezahlen. Das Geld ist vom kommunalen Finanzausgleich
ausgenommen und soll dazu dienen, die Akzeptanz der Windenergie zu
erhöhen.
Der Stadtstaat Hamburg hat bei alledem freilich noch ein besonderes Problem
zu lösen. Er fungiert wie Berlin als Gesamtgemeinde – seine Bezirke sind
keine Kommunen im eigentlichen Sinne. Der Senat muss also einen besonderen
Weg finden, das Geld den Einwohnern vor Ort zukommen zu lassen.
9 Jul 2024
## LINKS
[1] /Beteiligung-an-Windkraftanlagen/!5976268
[2] /Energy-Sharing/!6009587
[3] https://www.wirtschaft.nrw/buergerenergiegesetz-nrw
[4] /Niedersachsen-startet-Windenergie-Ausbau/!6001701
[5] https://energieportal-brandenburg.de/cms/inhalte/themen/wind/kommunale-teil…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Windkraft
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