# taz.de -- Befristeter und möblierter Wohnraum: Kriminellen das Handwerk legen | |
> Wohnungsangebote sind immer öfter befristet und möbliert. Das ist in den | |
> meisten Fällen illegal. Der Staat versagt, aber ein Bezirk wagt den | |
> Aufstand. | |
Bild: Möbliert heißt teuer | |
Ein Blick auf Immoscout oder andere Wohnungsportale offenbart den | |
organisierten und von der Politik geduldeten Rechtsbruch. 2023 entfielen 54 | |
Prozent aller Wohnungsangebote in Berlin auf möbliertes Wohnen, meist mit | |
befristeten Verträgen. Legal sind davon wohl nur die wenigsten, zu wenig | |
reguliert sind sie alle. | |
Grundsätzlich gilt: Wohnmietverträge sind hierzulande unbefristet. | |
Ausnahmen davon sind nur legal, wenn der Vermieter nach Ablauf der | |
Befristung Eigenbedarf hat, die Wohnung abreißen bzw. renovieren will oder | |
sie für Angestellte wie Hausmeister zur Verfügung stellen will. Dass einer | |
dieser drei Gründe auf die Masse der offerierten Wohnungen zutrifft, darf | |
getrost bezweifelt werden. Üblich ist vielmehr, dass Wohnungen immer wieder | |
neu befristet vermietet werden, sich der Rechtsbruch also ständig | |
wiederholt – und zwar ohne jede Kontrolle oder gar Konsequenzen. | |
Nicht rechtens sind zudem ein Großteil der verlangten Mieten, die im | |
Schnitt doppelt so hoch liegen wie bei normalen, unmöblierten Wohnungen; | |
die Rede ist von durchschnittlich 25 Euro pro Quadratmeter, kalt. Zwar darf | |
ein – unzureichend regulierter – angemessener Zuschlag für die Möblierung | |
genommen werden, aber die eigentliche Miete unterliegt der Mietpreisbremse, | |
darf also die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 Prozent | |
übersteigen. | |
Eine Ausnahme davon gibt es bei einer Vermietung zum „vorübergehenden | |
Gebrauch“. Dieser aber kann nicht einfach vereinbart werden, sondern muss | |
tatsächlich vorliegen – auch auf Mieterseite. Ohne triftigen Grund, warum | |
Mieter:innen eine Wohnung nur bis zu einen befristeten Zeitpunkt | |
brauchen, ist ein Abweichen von der Mietpreisbremse unzulässig. | |
## In befristete, möblierte Wohnungen gezwungen | |
Wie eine aktuelle [1][Studie von Oxford Economics] über den möblierten | |
Wohnungsmarkt zeigt, trifft dies für die Mehrzahl der Fälle nicht zu. | |
Demnach haben deutschlandweit zwei Dritten der Mieter:innen möblierter | |
und zumeist befristeter Wohnungen nicht gezielt nach diesen gesucht. | |
Stattdessen weichen sie notgedrungen auf diese aus – ohne Kenntnis ihrer | |
Rechte. So weiß nur ein Drittel von ihnen, dass die Mietpreisbremse auch | |
für ihre Wohnungen gilt. Die wenigsten wohnen zudem in Wohnungen, die | |
entsprechend der Rechtsprechung zum „vorübergehenden Gebrauch“ für maximal | |
sechs Monate überlassen werden, sondern haben Zeitvetrträge über ein, zwei | |
oder noch mehr Jahre. | |
Die unklare Rechtslage und die fehlende Strafverfolgung wird von immer mehr | |
Vermieter:innen ausgenutzt. Leidtragende sind die verzweifelt nach | |
Wohnraum Suchenden, die jenen dubiosen Geschäftemachern immer mehr | |
ausgeliefert sind. Zum Schutz der schwachen Marktteilnehmer:innen muss | |
der Gesetzgeber aktiv werden. Eindeutige Prämissen könnten sein: Wohnraum | |
darf nur nach Genehmigung einmal befristet für maximal ein Jahr vermietet | |
werden. Möblierung erlaubt einen definierten Preisaufschlag auf die Miete, | |
für die die Mietpreisbremse gilt. | |
Doch weil von dieser Bundesregierung weder das Problembewusstsein und schon | |
gar nicht Lösungen zu erwarten sind, wird nun auf lokaler Ebene selbst | |
gehandelt. Diese Woche hat der Bezirk [2][Charlottenburg-Wilmersdorf | |
entschieden, das befristete und möblierte Vermieten zu untersagen]. Um | |
diesen Schritt möglich zu machen, wurde zuvor ein Rechtsgutachten in | |
Auftrag gegeben. Im Ergebnis soll diese Vermietungsform zumindest in | |
Milieuschutzgebieten eingeschränkt werden. | |
Doch angesichts der vermieterfreundlichen Gesetzeslage ist selbst das | |
umstritten. Friedrichshain-Kreuzberg hatte bereits einmal die Nutzung von | |
Wohnungen als möblierte Apartments untersagt. Eine Klage dagegen wird | |
derzeit vor dem Verwaltungsgericht Berlin verhandelt. Bekommt der Bezirk | |
Recht, muss es zumindest für alle Berliner Bezirke heißen: Feuer frei im | |
Kampf gegen Befristung und Möblierung. | |
20 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Fachpublikationen/2023_Schlu… | |
[2] /Vorgehen-gegen-moebliertes-Wohnen/!6014525 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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