# taz.de -- Umgehung der Mietpreisbremse: Initiative gegen Schlupfloch | |
> Mit möblierten Wohnungen lässt sich die Mietpreisbremse leicht aushebeln. | |
> Hamburg und Bremen wollen mit einer Bundesratsinitiative dagegen | |
> vorgehen. | |
Bild: In Berlin, Frankfurt oder München: der Wohnungsmarkt wimmelt nur so von … | |
BERLIN taz | Ein schneller Blick auf ein Immobilienportal: Eine | |
1-Zimmer-Wohnung, möbliert, 68 Quadratmeter, 1.500 Euro. Egal ob Berlin, | |
Frankfurt oder München, der Wohnungsmarkt wimmelt nur so von möblierten | |
Wohnungen, oft auf Zeit. Das ergab auch kürzlich eine [1][Analyse des | |
Immobilienportals Immobilienscout]. Das Ergebnis: In den fünf größten | |
Metropolen ist mehr als jedes dritte Angebot möbliert. In der Hauptstadt | |
ist es demnach besonders schlimm: Dort gibt es sogar mehr möblierte | |
Angebote als unmöblierte. | |
Verwunderlich ist das nicht. Denn mit möblierten Wohnungen und | |
Kurzzeitvermietungen [2][lässt sich die Mietpreisbremse leicht umgehen.] | |
Genau dagegen möchten die Länder Hamburg und Bremen vorgehen. Am Freitag, | |
16. Juni 2023, wollen sie eine [3][Gesetzesinitiative in den Bundesrat] | |
einbringen, um den Mieterschutz bei der Vermietung von möbliertem Wohnraum | |
zu stärken. | |
## Legal Mieterschutzregelungen umgehen | |
Eigentlich gilt offiziell die Mietpreisbremse auch für möbliertes Wohnen, | |
doch das wird in der Realität häufig umgangen. Das resultiere daraus, „dass | |
der Möblierungszuschlag, der zusätzlich auf die Nettokaltmiete addiert | |
wird, gesetzlich nicht geregelt ist“ heißt es im Gesetzesentwurf. Dies habe | |
zur Folge, „dass der Möblierungszuschlag nicht gesondert ausgewiesen werden | |
muss und in Folge dessen hohe Mieten verlangt werden können.“ Der | |
Gesetzentwurf zielt nun darauf ab, gesetzlich mehr Transparenz zu schaffen. | |
Vermieter*innen sollen verpflichtet werden, die Nettokaltmiete und den | |
Möblierungszuschlag genau auszuweisen. Zudem soll die zulässige Höhe des | |
Zuschlags geregelt werden. | |
Bei Kurzzeitvermietungen in angespannten Märkten verhält es sich nochmals | |
anders. Denn hier sind im Gesetz explizit Ausnahmen von der Mietpreisbremse | |
vorgesehen. Diese gilt nämlich nicht bei „Wohnraum, der nur zum | |
vorübergehenden Gebrauch vermietet ist“. Eigentlich zielt diese | |
Formulierung darauf ab, dass man seine Wohnung vermieten kann, wenn eine | |
Person mal für einen längeren Zeitraum nicht zu Hause ist – etwa wegen | |
einer Dienstreise oder einem Auslandsaufenthalt. Doch es gibt Unternehmen, | |
die sich auf Kurzzeitvermietungen spezialisiert haben, weil sie so legal | |
Mieterschutzregelungen umgehen können. | |
Durch diese Praxis besteht die Gefahr, dass sich das Angebot von Wohnungen, | |
die langfristig vermietet werden, immer weiter verringert. Der | |
Gesetzentwurf will nun regeln, dass Mieterschutzregelungen in der Regel ab | |
sechs Monaten Vermietung greifen. Auch Ketten von befristeten Mietverträgen | |
sollen nicht mehr möglich sein. | |
Das Interessante ist: Es gab einen solchen Vorstoß aus Hamburg bereits vor | |
zwei Jahren im August 2021. Auch damals brachte der Hamburger Senat eine | |
Gesetzesinitiative in den Bundesrat ein, nahm diese aber im November 2021 | |
wieder von der Tagesordnung. Der Grund dafür war: Die damalige Hamburger | |
Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) wollte diesen Vorschlag mit in die | |
Koalitionsverhandlungen der Ampel nehmen. Daraus wurde aber nichts. Die | |
Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP konnten sich offenbar nicht auf ein | |
Vorhaben einigen. | |
## Justizministerium prüft | |
Das FDP-geführte Justizministerium hat danach aber ein Forschungsvorhaben | |
bei Oxford Economics in Auftrag gegeben, um zu untersuchen, ob es im | |
Bereich möbliertes Wohnen Handlungsbedarf gibt. Der Abschlussbericht liegt | |
dem Justizministerium „seit Kurzem“ vor. Das bestätigte Oxford Economics | |
gegenüber der taz. Das Justizministerium prüft nun, ob die Ergebnisse „die | |
Notwendigkeit etwaiger Maßnahmen in Bezug auf das möblierte Wohnen“ | |
erfordern. | |
Zu den Ergebnissen möchte sich das Justizministerium derzeit nicht äußern. | |
Auch die Gesetzesinitiative aus Hamburg und Bremen will das Ministerium | |
nicht kommentieren, teilte ein Sprecher der taz mit. Das Forschungsprojekt | |
„Empirische und rechtswissenschaftliche Untersuchung des möblierten | |
Mietwohnungsmarktes“ werde aber voraussichtlich Ende dieses Quartals | |
abgeschlossen sein. Ob die Ergebnisse dann veröffentlicht werden, sei noch | |
unklar. | |
Das SPD-geführte Bauministerium ist bei dem Thema jedenfalls nicht so | |
zurückhaltend und sieht Handlungsbedarf. „Dass einige Vermieter ein paar | |
alte Möbel in die Wohnung stellen, um damit die Mietpreisbremse zu umgehen, | |
sollte nicht mehr möglich sein“, teilte ein Sprecher des Ministerium der | |
taz mit. | |
Die Gesetzesinitiative der beiden Stadtstaaten bewertet das Bauministerium | |
deshalb positiv. Dies sei ein „grundsätzlich geeigneter Vorschlag, wie in | |
Fällen der Vermietung von möbliertem Wohnraum einfacher als nach geltender | |
Rechtslage die Einhaltung der Mietpreisbremse geprüft werden könnte.“ Aber | |
wie eine zulässige Höhe des Möblierungszuschlag ermittelt werden kann, | |
müsste „noch diskutiert werden.“ | |
Auch die mietenpolitische Expertin der SPD-Bundestagsfraktion Zanda Martens | |
begrüßte den Vorstoß der Länder: „Was ursprünglich nur als Ausnahme für | |
Spezialfälle gedacht war, hat sich leider als Einfallstor für Missbrauch | |
erwiesen“, sagte sie der taz. „Ich hoffe, die Initiative der Länder ist | |
ausreichend Inspiration für Bundesjustizminister Buschmann, in Sachen | |
Kurzzeitvermietung und Möblierung schnell und korrigierend gesetzgeberisch | |
tätig zu werden“, so Martens weiter. | |
Anklang fand die Länderinitiative auch beim Deutschen Mieterbund. „Wir | |
fordern schon seit Langem, dass der Möblierungszuschlag ausgewiesen werden | |
muss, damit man transparent überprüfen kann, ob die Miete gerechtfertigt | |
ist und die Mietpreisbremse eingehalten wird“, sagte Jutta Hartmann vom | |
Deutschen Mieterbund der taz. | |
15 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.immobilienscout24.de/unternehmen/news-medien/news/default-title… | |
[2] /27-Prozent-Mietanstieg-in-Berlin/!5917555 | |
[3] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2023/0201-0300/218-23.pdf?_… | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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