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# taz.de -- Mietpreisentwicklung in Niedersachsen: Eine Bremse, die nichts brin…
> Niedersachsens Landesregierung erweitert die Zahl der Wohnorte, an denen
> die Mietpreisbremse gilt. Die Mieten steigen trotzdem immer weiter.
Bild: Mieten runter? Schön wär's. Hausfassade in Berlin im Oktober 2023
Mieter:innen in Rotenburg (Wümme), in Lingen oder in Bovenden bei
Göttingen sollten jetzt wohl glücklich sein. Schließlich hat ihnen die
rot-grüne Landesregierung doch Gutes getan und ihren Wohnorten und 54
weiteren attestiert, einen „angespannten Wohnungsmarkt“ zu besitzen.
Deshalb greift bei ihnen nun auch die Mietpreisbremse und sie müssen sich
künftig nicht mehr wegen massiv steigender Mieten sorgen. Danke, danke!
Danke?
Leider nein. Wie Grüne und SPD in Niedersachsen dieses Instrument noch im
Jahr 2024 tatsächlich für eine gute Idee halten können, ist schleierhaft.
Es hat sich längst gezeigt, dass die [1][Mietpreisbremse] nichts bringt.
Der Mietmarkt hat im ganzen Land nun seit zwei Jahrzehnten bald eine Ralley
hinter sich, von den großen Städten ausgehend bis hin aufs Land, bei der es
nur in ganz kurzen Augenblicken so aussah, als würde sie enden. Stattdessen
[2][steigen und steigen die Mieten]. Vor rund einem Jahrzehnt griff die
Politik dann in mehreren Bundesländern und später auf [3][Bundesebene] die
Idee einer Mietpreisbremse auf.
In Hannover gilt sie, auch in einer größeren Metropole wie Hamburg und in
kleineren Städten wie Lüneburg oder Göttingen. Dass dort nun aber
mieter:innenfreundliche Zustände herrschen, kann niemand behaupten.
Der Mietenspiegel in Hannover etwa liegt mittlerweile bei rund 8,50 Euro
pro Quadratmeter und damit acht Prozent höher als noch im Jahr zuvor. Wer
aktuell auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, muss diese Summe sogar
noch für paradiesisch niedrig halten, denn der [4][Mietenspiegel] blickt
immer nur auf die vergangenen Jahre zurück. Die dort ausgewiesenen Mieten
sind also immer niedriger ist die, die gerade wirklich auf dem Markt
angeboten werden.
## Umverteilung zugunsten der Immobilienbesitzenden
Das liegt an der Ausgestaltung der Mietpreisbremse. Demnach darf bei der
Wiedervermietung die Miete höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen
Vergleichsmiete liegen. Bei bestehenden Mietverhältnissen dürfen
Vermieter:innen die Miete innerhalb von drei Jahren nur um höchstens 15
Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen.
Man muss sich diese Prozentzahlen immer wieder vor Augen führen: 15 Prozent
Mieterhöhung in drei Jahren sind zulässig. Nicht einmal Tariflöhne sind in
der Vergangenheit auch nur in ähnlichem Maß gestiegen. Das hat zur Folge,
dass immer mehr vom Geld für die Miete draufgeht und eine massive
Umverteilung zugunsten der Immobilienbesitzenden stattfindet.
Nun wird bei der Mietpreisbremse als Argument angeführt, dass es ohne sie
ja noch schlimmer wäre. Das könnte sogar richtig sein, so genau kann das
niemand wissen. Die Frage ist aber: Was sagt das über Niedersachsens
rot-grüne Regierung, wenn sie die Botschaft aussendet: Ohne uns wäre es
halt noch schlimmer. Soll das ernsthaft der Anspruch zweier Parteien sein,
die für sich reklamieren, soziale Politik betreiben zu wollen? Ein wenig
scheinen sie es selbst zu wissen. Richtig optimistisch klingt der
zuständige Bauminister Olaf Lies (SPD) jedenfalls nicht, wenn er sagt, nun
könne die Mietentwicklung „mindestens gedämpft werden“.
Ideen, um das Problem der immer größeren Belastung der Mieter:innen
anzugehen, gibt es genug – da müssen wir noch nicht mal von Enteignungen
sprechen. Schon [5][eine Besteuerung] jener Vermieter:innen, die zu hohe
Mieten einstreichen und damit von den erheblichen Preissteigerungen auf dem
Wohnungsmarkt profitiert haben, wäre ein Ansatz. Dadurch wären
Vermieter:innen entweder künftig davon abgeschreckt, zu hohe Mieten zu
verlangen – andernfalls flösse Geld in den Bau von Sozialwohnungen. Oder
Mieter:innen könnten mit höheren Zuschüssen entlastet werden.
Es braucht nur Parteien, die einen anderen Anspruch haben als den, dass es
ja noch viel schlimmer sein könnte.
4 Jul 2024
## LINKS
[1] /Mietpreisbremse/!t5014932
[2] /Hoehere-Mieten-im-Zensus/!6016442
[3] /Streit-um-Mietpreisbremse/!6017799
[4] /Hamburger-Mieten-steigen-stark/!5819037
[5] /Neue-Steuer-fuer-Vermieter/!5846483
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Mietpreise
Miete
Niedersachsen
Wohnen
Mietpreisbremse
Mietpreisbremse
Sozialwohnungen
Mietenpolitik
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Wohnungsmarkt
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