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# taz.de -- Hamburger SPD-Abgeordneter Niels Annen: Tschüss, Bundestag!
> Nach 16 Jahren im Bundestag wird der SPD-Außenpolitiker Niels Annen nicht
> wieder kandidieren. Das habe nichts mit der aktuellen Lage zu tun, sagt
> er.
Bild: Sozialdemokratische Bilderbuchkarriere mit Dämpfer: Niels Annen
Hamburg taz | Es ist noch nicht mal ein Rücktritt. Nur der Verzicht auf
eine erneute Kandidatur. Und trotzdem hat die Ankündigung von Niels Annen,
nicht wieder für die SPD in den Bundestag zu wollen, in Hamburg Wellen
geschlagen.
Das hat sicher damit zu tun, dass er dem Parlament dann insgesamt 16 Jahre
angehört haben wird – „Das ist so lange, wie Merkel Kanzlerin war“, sche…
er. Aber auch damit, dass er sein Leben wie nur wenige auf eine politische
Karriere ausgerichtet hat.
2001 wurde er mit 28 Juso-Bundesvorsitzender, in einer Kampfabstimmung, in
der er für den linken Flügel stand. Zwei Jahre später wurde er in den
SPD-Bundesvorstand gewählt, 2005 für den Bezirk Hamburg-Eimsbüttel in den
Bundestag, wo er Außenpolitik machte, mit Schwerpunkt Naher und Mittlerer
Osten.
Eine sozialdemokratische Bilderbuchkarriere, die nach einer Wahlperiode
einen jähen Dämpfer erfuhr: Der damalige Hamburger Juso-Chef Danial
Ilkhanipour schnappte Annen 2009 mit einem Putsch die Kandidatur für das
Eimsbütteler Bundestagsmandat weg – nur um es dann [1][krachend an die CDU
zu verlieren], die im Bezirk vorher seit 1949 keinen Fuß auf den Boden
bekommen hatte. Annen zeigte sich damals schwer getroffen, auch weil seine
Niederlage Ergebnis eines Flügelkampfes war und sinnbildlich für den damals
desaströsen Zustand der Hamburger SPD stand.
Doch persönlich rappelte er sich auf, machte in Berlin endlich seinen
Bachelor in Geschichte fertig und schob gleich noch einen Master in
International Public Policy in Washington nach. Er beseitigte damit einen
Makel, der ihm öffentlich immer angehangen hatte: „Deutschlands
bekanntester Bummel-Student“, hatte die Bild gegen Annen geätzt – und damit
auch mittelbar gegen die kleinen Leute, als deren Anwalt sie sich gern
geriert. Denn Niels Annen gehört zur „auch in der SPD immer seltener
werdenden Spezies der Arbeiterkinder“, wie er [2][im taz-Interview mal
gesagt hat]. Er ist Erstakademiker; seine beiden Eltern haben einen
Volksschulabschluss. Da war die glatte akademische Laufbahn nicht gerade
vorgezeichnet.
„Sein“ Mandat in Hamburg-Eimsbüttel, wo er bis heute lebt, hat Annen sich
nach vier Jahren zurückgeholt, auch weil die SPD nach dem
Ilkhanipour-Unfall die Kandidatenkür von einem Delegierten- auf einen
Mitgliederentscheid umgestellt hat, den er haushoch gewann. 2017 nahm ihn
Olaf Scholz, dem er bis heute eng verbunden ist, mit in die
Bundesregierung. Annen wurde Staatsminister im Auswärtigen Amt. In der
Ampel musste er – als Staatssekretär – ins Entwicklungsministerium
„ausweichen“, als das Außenministerium an die Grünen ging.
Und nun soll in einem Jahr Schluss sein. In einem Brief an den
SPD-Kreischef Milan Pein hat Annen kundgetan, dass er nicht erneut
kandidieren wird. „Ich halte es für nichts Verwerfliches, ein Leben lang
Politik zu machen“, sagt er der taz, „aber ein Bundestagsmandat ist immer
ein Amt auf Zeit.“ Auf keinen Fall will er seinen Rückzug als
Absetzbewegung missverstanden wissen. „Es betrübt mich, wenn ich höre, ich
würde nicht an einen Erfolg bei der Bundestagswahl glauben, denn das
Gegenteil ist der Fall“, sagt er. Seine Entscheidung sei lange gereift.
„Und sie hat nichts mit der aktuellen Lage zu tun.“
6 Jul 2024
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## AUTOREN
Jan Kahlcke
## TAGS
SPD Hamburg
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Bundestag
BMZ
Außenpolitik
Libyen
Colonia Dignidad
Antisemitismus
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