| # taz.de -- Amnesty-Preis für Menschenrechte: Umweltschutz unter Lebensgefahr | |
| > Yuly Velásquez kämpft mit der Organisation Fedepesan für den Erhalt von | |
| > Sumpf- und Seenlandschaften in Kolumbien. Am Dienstag wird sie | |
| > ausgezeichnet. | |
| Bild: Preisträgerin Yuly Velásquez | |
| Aufgeben ist nicht Yuly Velásquez’ Sache. Die diplomierte Umweltingenieurin | |
| wuchs in einem Fischer:innendorf am Río Magdalena in Kolumbien auf. Von | |
| ihren Großeltern lernte sie nicht nur das Handwerk, sondern auch, dass sie | |
| die Natur erhalten soll. Genau deshalb verteidigt die 39-jährige | |
| Präsidentin der Fischereigenossenschaft Fedepesan die Flüsse, Seen und | |
| Sumpflandschaften rund um ihren Wohnort Barrancabermeja. | |
| Velásquez ist mit ihrer Expertise als Umweltingenieurin, ihrer Erfahrung | |
| als Fischerin und ihrer unnachgiebigen Haltung zur Stimme der | |
| Fischer:innen geworden. 2014 wurde sie als erste Frau in eine | |
| Fischereigenossenschaft aufgenommen, 2019 war sie treibende Kraft hinter | |
| der Gründung von [1][Fedepesan als Dachorganisation von sieben | |
| Fischereigenossenschaften im Verwaltungsbezirk Santander]. | |
| Seitdem hat sich Vereinigung zur zentralen Interessenvertretung der | |
| Fischer:innen von Barrancabermeja entwickelt und ist [2][gleichzeitig zu | |
| einer wichtigen Umweltorganisation in Kolumbien mutiert.] Warum? „Weil der | |
| Fischreichtum zurückgeht“, sagt Velásquez. „Früher habe ich Tigerwelse | |
| gesehen, die waren doppelt so groß wie ich mit meinen 1,68 Meter. Heute ist | |
| das vorbei. Tigerwels, Hornhecht und Co werden knapper und darunter leiden | |
| wir Fischer“, so die Präsidentin. | |
| ## Erdölfirma kontaminiert Fluss- und Seenlandschaf | |
| Fedepesan ist bei jeder Sitzung im Stadtrat von Barrancabermeja dabei, wenn | |
| es um die Wasserentnahme oder die Nutzung der Flüsse, der Kanäle oder der | |
| beiden Seen- und Sumpflandschaften (Ciénagas) geht. Die eine, Ciénaga San | |
| Silvestre, ist berühmt für ihre einzigartige Flora und Fauna und fungiert | |
| als Kinderstube für Wels, Seekuh, Kaiman und etlichen weiteren, teils | |
| endemischen Arten. | |
| Die andere, Ciénaga Miramar, ist zwar ein Naturschutzgebiet, befindet sich | |
| jedoch in der Hand von Ecopetrol. [3][Die Ölfirma ist das größte | |
| Unternehmen Kolumbiens], weitgehend staatlich und größter Arbeitgeber von | |
| Barrancabermeja. Sie betreibt neben etlichen Erdölfördern- und | |
| Pumpstationen auch die gigantische Raffinerie, die gleich hinter der | |
| Kathedrale der Stadt beginnt. | |
| Studien belegen mittlerweile, dass die Einleitungen von Chemikalien und | |
| Resten von Erdölderivaten für die zunehmende Kontaminierung der Fluss- und | |
| Seenlandschaft rund um die Stadt verantwortlich ist. | |
| ## Morddrohungen und Menschenrechtspreis | |
| Dagegen kämpft die selbsternannte „Amphibienfrau“ Velásquez, die sich | |
| früher mehr auf dem Wasser als auf dem Land aufhielt, gemeinsam mit Osvaldo | |
| Beltrán, dem Vorsitzenden von Fedepesan. Er ist mit weiteren Freiwilligen | |
| fast immer auf den Ausfahrten dabei, wenn anhand von Wasserproben, Fotos | |
| von verendenden Tieren wie Seekühen, Wasserbüffeln und Fischen nachgewiesen | |
| wird, wer für die Kontaminierung verantwortlich ist: Ecopetrol. | |
| Doch die lokalen Behörden lassen den einflussreichen Konzern und andere | |
| gewähren. „Nicht mal das lang geplante Klärwerk ist bisher Realität, wir | |
| zerstören die eigene Zukunft“, kritisiert Velásquez. Die deutliche Kritik | |
| hat ihr Morddrohungen eingebracht, drei Attentate hat sie unverletzt | |
| überlebt und ist seit drei Jahren nur noch mit zwei Leibwächtern unterwegs. | |
| Ein hoher Preis für ihr Engagement für die Umwelt. Velásquez und Fedepesan | |
| werden am Dienstag mit dem [4][Menschenrechtspreis von Amnesty | |
| Internationa]l gewürdigt. | |
| 4 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.amnesty.de/amnesty-menschenrechtspreis-2024-kolumbianische-fisc… | |
| [2] /Wasserkrise-in-Bogota/!6005570 | |
| [3] /Oelfoerderung-in-der-Karibik/!5109869 | |
| [4] https://www.amnesty.de/amnesty-menschenrechtspreis-2024-kolumbien-fedepesan… | |
| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
| ## TAGS | |
| Kolumbien | |
| Fischerei | |
| Amnesty International | |
| Menschenrechte | |
| Umweltschutz | |
| Wasser | |
| Social-Auswahl | |
| Amnesty International | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Naturschutz | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Amnesty-Bericht zu Versammlungsfreiheit: Protest wird unterdrückt | |
| Amnesty International kritisiert die Behinderung von Demonstrant:innen | |
| in europäischen Ländern. Auch in Deutschland würden Klimaaktivisten | |
| kriminalisiert. | |
| Wasserkrise in Bogotá: Nur noch zu zweit duschen | |
| Kolumbiens Politik überschlägt sich in der Dürre mit mehr oder weniger | |
| ernsthaften Tipps für Verbraucherïnnen. Die Industrie lässt sie eher in | |
| Ruhe. | |
| Angriffe von Milizen und Mafia: Tot, weil sie die Umwelt schützten | |
| In Mexiko wurden 2023 mindestens 123 Aktivist*innen rücksichtslos | |
| angegriffen, 20 starben. Sie wehrten sich gegen Großprojekte wie den Tren | |
| Maya. | |
| Wasser sparen in Kolumbien: Hahn zu beim Zähneputzen | |
| Kolumbiens Hauptstadt Bogotá erlebt die schlimmste Dürre seit 40 Jahren. | |
| Millionen Menschen wird das Trinkwasser rationiert. |