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# taz.de -- EuGH-Urteil zu Asylrecht: Neue Prüfung in Deutschland erlaubt
> In Griechenland Asyl, in Deutschland nur Schutz: Deutsche Behörden dürfen
> den Status von Flüchtlingen erneut prüfen. Eine Klage dagegen ist
> gescheitert.
Bild: Flüchtlingen, die wie hier 2020 auf der Insel Lesbos ankommen, droht in …
Freiburg taz | Flüchtlinge, die bereits in Griechenland Asyl erhielten,
haben in Deutschland nicht automatisch ebenfalls Anspruch auf Asyl. Das
entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) an diesem Dienstag in einem
Grundsatzurteil. Es betrifft allein in Deutschland einige zehntausend
Menschen.
Wer in [1][Griechenland als Flüchtling] anerkannt ist, wird meist
obdachlos. Nur bis zur Anerkennung besteht Anspruch auf Unterbringung in
einem staatlichen Camp. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit und weil die
wenigsten Flüchtlinge griechisch sprechen, ist es sehr schwer, Arbeit und
eine Wohnung zu finden. Es gibt in den ersten zwei Jahren auch keine
finanzielle Unterstützung für anerkannte Flüchtlinge.
Die meisten [2][anerkannten Flüchtlinge] ziehen daher weiter in andere
EU-Staaten. Als Asylberechtigte dürfen sie zwar in andere Staaten reisen,
aber dort nicht dauerhaft wohnen und auch nicht arbeiten. Von 2018 bis 2022
haben daher rund 76.600 in Griechenland anerkannte Flüchtlinge in
Deutschland einen neuen Asylantrag gestellt, um dauerhaft hier bleiben zu
können. Hauptherkunftsländer dieser Personen sind Afghanistan, Syrien und
Irak.
Eigentlich sind Asylanträge laut dem deutschen Asylgesetz unzulässig, wenn
jemand schon in einem anderen Land Asyl erhalten hat. Der EuGH entschied
jedoch bereits 2019, dass dies nicht gilt, wenn den anerkannten
Flüchtlingen in diesem anderen Land unmenschliche Behandlung droht. Seit
2022 entscheiden deutsche Verwaltungsgerichte, dass asylberechtigte
Flüchtlinge in der Regel nicht nach Griechenland zurückgeschickt werden
dürfen, weil sie dort ihre Grundbedürfnisse („Bett, Brot und Seife“) nicht
befriedigen können.
## Syrerin klagte auf vollen Asylstatus
Offen war aber die Frage, ob nun in Deutschland ein neues Asylverfahren
durchgeführt werden muss oder ob der griechische Asylstatus auch hier gilt.
Darüber musste nun der EuGH auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts
entscheiden.
Im konkreten Fall ging es um eine Syrerin, die 2018 in Griechenland als
asylberechtigt anerkannt wurde, in Deutschland aber nur den subsidiären
Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge erhielt. Weil bei diesem Status der
Anspruch auf Familiennachzug sehr restriktiv ist, klagte die Syrerin auf
den vollen Asylstatus.
Der EuGH entschied nun, dass die griechische Asyl-Entscheidung von den
deutschen Behörden nicht automatisch übernommen werden muss. Dies sei im
EU-Recht nicht vorgeschrieben. Die deutschen Behörden sind nur
verpflichtet, die griechischen Gründe zu berücksichtigen. Der Asylanspruch
kann aber hier neu geprüft werden. (Az.: C-753/22)
Die Asyl-Entscheidung kann in Deutschland also schlechter ausfallen als in
Griechenland, wenn die Lage im Herkunftsland anders eingeschätzt wird, sich
inzwischen verändert hat oder deutsche Behörden Flüchtlingen nicht glauben.
Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurden
bereits über rund 65.600 Asylanträge von in Griechenland anerkannten
Flüchtlingen entschieden. Danach erhielten nur 19 Prozent auch in
Deutschland Asyl, 40 Prozent bekamen subsidiären Schutz. Bei 22 Prozent
wurden sonstige Abschiebungshindernisse wie Krankheiten festgestellt, 6
Prozent der Anträge erledigten sich formal, etwa durch Ausreise, und 13
Prozent haben die Ämter ohne jede Schutzgewährung abgelehnt.
## Auslieferung eines kurdischen Türken abgelehnt
In einem zweiten Urteil entschied der EuGH am Dienstag, dass ein kurdischer
Türke von Deutschland nicht zur Strafverfolgung an die Türkei ausgeliefert
werden darf, weil er in Italien 2010 als Asylberechtigter anerkannt worden
war. (Az.: C-352/22)
18 Jun 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Christian Rath
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Asylrecht
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Schwerpunkt Flucht
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