| # taz.de -- Überwachung per Drohne: Die Polizei guckt aus dem Himmel zu | |
| > Die Hamburger Polizei überwacht Fußballfans per Drohne. Eine gesetzliche | |
| > Regelung gibt es dafür nicht. Der Senat findet das unproblematisch. | |
| Bild: Gut sichtbar: Drohne der Hamburger Polizei | |
| Hamburg taz | Wer sich die Fußball-Europameisterschaft der Männer in | |
| Hamburg beim Public Viewing auf dem Heiligengeistfeld anguckt oder ins | |
| Stadion geht, wird dabei aus der Luft von der Polizei gefilmt. Die | |
| Hamburger Polizei ist mittlerweile im Besitz von 24 Drohnen, die sie nun | |
| auch zur Fußballfan-Überwachung einsetzt. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei Fans filmt – schon Mitte Mai | |
| war eine Polizeidrohne beim Spiel des HSV gegen den 1. FC Nürnberg über den | |
| Tribünen gekreist. In Niedersachsen setzt die Polizei [1][regelmäßig | |
| Drohnen ein], um die An- und Abreise von Fußballfans zu observieren. | |
| Neu ist aber das Ausmaß und die Zielgruppe beim Einsatz der „unbemannten | |
| Luftfahrsysteme“, wie die Drohnen im Polizeijargon heißen. Bislang setzte | |
| die Hamburger Polizei sie eher bei Verkehrsunfällen, kriminalpolizeilich | |
| relevanten Tatorten oder bei Umweltdelikten wie der Verunreinigung von | |
| Gewässern ein. Für die Drohnenüberwachung von Menschenmengen hingegen gibt | |
| es noch keine gesetzliche Regelung. | |
| Die hält der Hamburger Senat allerdings auch gar nicht für nötig. „Das | |
| Fertigen von Übersichtsbildern erfordert keine spezielle Rechtsgrundlage, | |
| da der Erhebungszweck ausdrücklich nicht auf die Erhebung von Daten | |
| gerichtet ist“, antwortet der Senat auf eine Kleine Anfrage der | |
| Linksfraktion. Gemeint ist damit, dass die Drohnen nicht gezielt | |
| Passant*innen oder Fußballfans ausspähen, um Informationen über sie zu | |
| sammeln, die dann in Datenbanken einfließen. | |
| ## Linke kritisiert Drohnenüberwachung | |
| Dass die Polizei die Aufnahmen aus der Luft nicht speichert, ist damit | |
| jedoch nicht gesagt. Der Senat schreibt in der Antwort auf die | |
| Linksfraktion: Sofern es Annahmen dafür gebe, dass Straftaten oder | |
| Ordnungswidrigkeiten begangen würden, könnten Aufzeichnungen von einzelnen | |
| Personen gemacht und gespeichert werden. Auf die Frage nach der | |
| Rechtsgrundlage verweist der Senat auf Paragraf 18 des Polizeigesetzes – | |
| der regelt allerdings nur [2][Videoüberwachung] im Allgemeinen. | |
| „Drohnen sind ein Angriff auf die Persönlichkeitsrechte“, sagt Cansu | |
| Özdemir, die justizpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Die Überwachung | |
| aus der Luft sei eben nicht das gleiche wie stationäre Videoüberwachung, | |
| weil sie oft unbemerkt ablaufe. Dadurch werde Betroffenen die Möglichkeit | |
| genommen, gezielt nachzufragen, ob ihre Daten der Polizei vorlägen, und | |
| gegebenenfalls deren Löschung zu veranlassen. Warum der Senat keine | |
| Notwendigkeit sehe, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären, sei | |
| absolut unverständlich. „Drohnen sind ein neues Einsatzmittel der Polizei, | |
| entsprechend muss es dafür eine rechtssichere Regelung geben“, fordert sie. | |
| Das bayrische Polizeiaufgabengesetz etwa, das nicht gerade als | |
| Vorzeigegesetz für die Wahrung der Bürgerrechte gilt, regele [3][in Artikel | |
| 47] den Einsatz „unbemannter Luftfahrsysteme“. Wichtig wäre aus Sicht | |
| Özdemirs, in einer entsprechenden Vorschrift den Einsatz von Drohnen bei | |
| politischen Versammlungen auszuschließen. | |
| Auch Nils Zurawski, Professor für Kriminologie an der Polizeiakademie | |
| Hamburg, sieht viele Fragezeichen. „Wenn man mit einem Instrument der Crowd | |
| Control anfängt, kann das Begehrlichkeiten wecken“, gibt er zu Bedenken. | |
| Crowd Control meint das Überwachen und Lenken von Menschenansammlungen | |
| durch die Polizei oder das Militär. | |
| ## Billiger und effizienter als ein Hubschrauber | |
| „Wenn man heute Fußballfans per Drohne überwacht, sinkt die Hemmschwelle, | |
| demnächst den Jungfernstieg an einem Samstagabend abzufilmen.“ Der | |
| Jungfernstieg an der Alster hat sich in den vergangenen Jahren zum | |
| Abhäng-Ort für testosterongesteuerte Jugendliche entwickelt und wird oft | |
| als Brennpunkt bezeichnet. | |
| Zwar versteht Zurawski aus polizeilicher Sicht das Bedürfnis nach | |
| effizienterer und billigerer Überwachung als etwa durch Hubschrauber. „Aber | |
| heimliche Überwachung ist immer problematisch“, sagt der Wissenschaftler. | |
| Nicht ohne Grund sei jede U-Bahn-Kamera per Schild gekennzeichnet. Selbst | |
| in Banken werde den Kund*innen per Hinweis Bescheid gesagt – also sogar | |
| im privaten Raum. | |
| [4][Der Hamburger Senat findet das alles unproblematisch]. Über der | |
| Public-Viewing-Eventfläche oder dem Stadion kreisten die Drohnen | |
| schließlich „deutlich sichtbar mit der Aufschrift ‚Polizei‘ gekennzeichn… | |
| und in den Polizeifarben foliert“. Der Drohnenpilot steht außerdem in | |
| Sichtweite am Boden, natürlich ebenfalls in Polizeifarben erkenntlich und | |
| mit der Aufschrift „Drohneneinsatz“ versehen. Die Informationen über die | |
| Einsätze seien außerdem der überregionalen Presse zu entnehmen. | |
| 18 Jun 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Polizeiliche-Videoueberwachung/!5934138 | |
| [2] /Gesichterkennung-zur-Terrorabwehr/!5974143 | |
| [3] https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayPAG-47 | |
| [4] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/87482/einsatz_von_drohnen_… | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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