| # taz.de -- Neue Videoüberwachung in Bremen: Zwei Kameras, wenig Kritik | |
| > In Bremen-Gröpelingen wird ein zentraler Platz mit Videokameras | |
| > überwacht. Der Datenschutzbeauftragte hat dem nicht zugestimmt. | |
| Bild: Man muss genau hinschauen, um sie zu finden: Zwei kleine Kameras hängen … | |
| Bremen taz | Auf den ersten Blick gar nicht so leicht zu finden sind die | |
| beiden Kameras, die seit Freitag den Bürgermeister-Koschnick-Platz | |
| überwachen. Die Bremer Polizei hat sie installiert, um für ein „Plus an | |
| Sicherheit für die Anwohnerschaft“ zu sorgen, wie sich Innensenator Ulrich | |
| Mäurer (SPD) in einer Pressemitteilung zitieren lässt. | |
| Seine Behörde [1][will mit der Überwachung potenzielle Straftäter*innen | |
| abschrecken], die Strafverfolgung erleichtern und das Sicherheitsgefühl der | |
| Menschen erhöhen. Ob es wirklich sinnvoll ist, öffentliche Plätze mit | |
| Videokameras zu überwachen, [2][ist allerdings umstritten]. | |
| Für die Innenbehörde ist der Anlass für die Überwachung klar. Sie hat | |
| „vermehrt Straftaten“ auf dem Platz festgestellt. Rund 1.500 waren es in | |
| den vergangenen zwei Jahren. Auch die Leiterin des Ortsamts West, Cornelia | |
| Wiedemeyer, spricht von einer „eskalierten Situation“. Ende Mai gab es auf | |
| dem Platz eine Massenschlägerei mit mehreren Verletzten, im April war ein | |
| Mann mit einer Machete in einen Streit verwickelt. Die Polizei griff ein, | |
| verletzt wurde niemand. Seit dem vergangenen Herbst habe die Gewalt | |
| zugenommen, sagt Wiedemeyer. | |
| Am Montagvormittag ist von all dem nichts zu sehen. Die beiden Kameras | |
| hängen hoch oben auf einem Laternenmast direkt neben einem Einkaufszentrum. | |
| Eine Familie sitzt an der Straßenbahnhaltestelle, Menschen gehen mit ihren | |
| Einkäufen über den Platz. Einige sitzen auf den neu errichteten Steinbänken | |
| vor der Sparkasse. Ein paar ältere Männer sitzen vor einer Bäckereikette | |
| und trinken Tee. | |
| Der Bürgermeister-Koschnick-Platz ist ein zentraler Platz in Gröpelingen, | |
| dem Stadtteil im Bremer Westen, in dem besonders viele Menschen von | |
| Transferleistungen leben. Das Pro-Kopf-Einkommen ist im Durchschnitt eher | |
| niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch. Rund 40 Prozent der | |
| Einwohner*innen haben Migrationsgeschichte, im Rest von Bremen sind es | |
| knapp 30 Prozent. | |
| Die [3][Meinungen zur Videoüberwachung] gehen hier auseinander. Ein | |
| Kioskbesitzer sieht bereits erste Erfolge. „Die trauen sich nicht mehr, was | |
| zu machen“, sagt er. „Die“ das sind seiner Meinung nach die schwarzen | |
| Menschen, die auf dem Platz mit Drogen handeln. Nach einer „Messerstecherei | |
| mit Besoffenen“ habe hier zwei Wochen lang ein Polizeiauto gestanden, das | |
| durch die Kameras ersetzt wurde. Seitdem sei es hier ruhiger. | |
| Direkt vor dem Laden sitzen ein paar Männer und trinken Bier. „Über Kamera | |
| beobachtet zu werden, finde ich schon unangenehm“, sagt einer von ihnen. | |
| Ein anderer sagt: „Solange das nicht missbraucht wird, ist es doch gut.“ | |
| Ein wenig Sorge hat er aber schon, dass er „wo reingezogen wird“, wenn | |
| aufgezeichnet wird, dass er hier öfter sitzt. | |
| „Wir sehen das kritisch“, sagt Steffen Bothe, stellvertretender | |
| Landesbeauftragter für den Datenschutz in Bremen. Deshalb habe seine | |
| Behörde [4][der Videoüberwachung „nicht zugestimmt“]. Er habe erhebliche | |
| Zweifel, ob die Überwachung das geeignete Mittel zur | |
| Kriminalitätsbekämpfung sei. „In anderen Städten, [5][wie etwa in London], | |
| hat die Evaluation ergeben, dass die Kriminalität nicht abnimmt“, so Bothe. | |
| Auf die Frage, auf welche konkreten empirischen Erkenntnisse sich die | |
| Auffassung stütze, dass Videoüberwachung sinnvoll sei, antwortet die | |
| Innenbehörde, man habe „verschiedene Kriminalitätsparameter statistisch | |
| ausgewertet“. Immerhin hätten Bothes Einwände dazu geführt, dass die | |
| Speicherfrist der Videoaufnahmen von einem Monat auf zwei Wochen verkürzt | |
| worden sei. | |
| ## Evaluation in drei Monaten | |
| „Ich finde das super“, sagt eine Frau, die in einem Geschäft auf der | |
| anderen Straßenseite arbeitet. Es sei hier „ein kleiner Wilder Westen“, | |
| sagt sie und erzählt von einer Schießerei, die hier vor kurzem | |
| stattgefunden habe. Gleichzeitig sei sie „traurig, dass immer gesagt wird, | |
| dass das alles hier ist“. Sie würde nicht sagen, dass dieser Stadtteil | |
| schrecklich und unsicher sei. | |
| Eine Kundin, die dem Gespräch lauscht, sagt, sie sei hier aufgewachsen und | |
| fühle sich sicher. Von den Kameras habe sie noch nichts mitbekommen. Auch | |
| Schilder, die auf die Überwachung hinweisen, sind am Montagmorgen noch | |
| nicht direkt am Platz zu sehen, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist. | |
| In den umliegenden Straßen gibt es nach Angaben der Innenbehörde aber | |
| derzeit zehn provisorische Schilder. | |
| In drei Monaten soll die Überwachung durch die Polizei, die Innenbehörde | |
| und die Landesdatenschutzbeauftragten ausgewertet werden. Innerhalb eines | |
| Monats soll dann über den Verbleib der Kameras entschieden werden. | |
| 30 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Intelligente-Videoueberwachung-in-Hamburg/!5944949 | |
| [2] https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-04/videoueberwachung-panoptico… | |
| [3] /Ueberwachung-per-Drohne/!6014689 | |
| [4] /Deutschland-muss-KI-Regeln-umsetzen/!6007821 | |
| [5] https://www.deutschlandfunk.de/videoueberwachung-in-grossbritannien-million… | |
| ## AUTOREN | |
| Franziska Betz | |
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