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# taz.de -- Debatte zum Tempelhofer Feld: Wer nicht fragt, bleibt dumm
> CDU und SPD drängen im Parlament auf schnellen Ideenwettbewerb. Wie
> Berlin am Ende über eine Randbebauung abstimmen soll, ist weiter offen.
Bild: Das Tempelhofer Feld zieht angeblich jede Woche rund 200.000 Besucherinne…
Berlin taz | Es soll jetzt offenbar schnell gehen in Sachen Tempelhofer
Feld. „Unverzüglich“, so fordern die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD
am Donnerstag ihren eigenen Senat auf, soll ein Ideenwettbewerb für „eine
behutsame Randbebauung“ starten. Und teilnehmen soll nicht einfach
irgendwer – nein, „die besten Architekten der Welt“ müsste man dazu nach
Berlin einladen, ist im Landesparlament vom CDU-Abgeordneten Christian
Gräff zu hören.
Eine „Farce“, mehr können die Grünen [1][in diesem Antrag] nicht erkennen.
Für die Linksfraktion ist er „eine Frechheit“. Denn so etwas hat der Senat
zumindest in groben Zügen längst angekündigt. Zum anderen ist unklar, wie
das mit den gleichfalls vorgesehenen Werkstätten mit zufällig ausgewählten
Berlinern (siehe Text unten) zusammenpassen soll. „Sie haben sich auf eine
Bebauung festgelegt und verstoßen damit gegen den Volksentscheid und das
THF-Gesetz“, wirft der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze der Koalition
vor. Die AfD gibt sich am Rednerpult als Gralshüterin der direkten
Demokratie: „Der Souverän hat entschieden, und das gilt es zu
respektieren.“
Das THF-Gesetz ist die Rechtsvorschrift, die den ehemaligen Flugplatz seit
dem erfolgreichen Volksentscheid von 2014 vor jeglicher Bebauung schützen
soll. Soll, weil das Abgeordnetenhaus das Gesetz bereits zweimal leicht
verändert hat, [2][um dort Unterkünfte für Flüchtlinge zu ermöglichen].
Für den Grünen Schwarze braucht es das Feld trotz aller Wohnungsnot
grundsätzlich nicht als Bauland: „Berlin hat kein Flächen-, sondern ein
Umsetzungsproblem.“ Dabei bezieht er sich auf neueste Pläne, wonach es
stadtweit Platz für rund 250.000 Wohnungen gibt. 60.000 davon seien sogar
schon genehmigt, aber eben nicht gebaut. 5.000 neue Wohnungen auf dem
Tempelhofer Feld, die frühestens in zehn Jahren fertig seien – „wie sollen
die das Wohnungsproblem lösen, das Berlin jetzt hat?“
## SPD betont: Nur Pläne für Randbebauung
Mathias Schulz von der mitregierenden SPD sieht das anders und legt Wert
darauf, dass man nur den Rand bebauen wolle. „Worüber wir nicht sprechen,
ist eine Bebauung des Grünraums in der Mitte.“ Was weder bei ihm noch bei
CDU-Mann Gräff vorkommt: das auch [3][im schwarz-roten Koalitionsvertrag
festgehaltene Versprechen], dass es eine Randbebauung nur gibt, wenn sich
bei einer neuen berlinweiten Abstimmung eine Mehrheit dafür ausspricht. Nur
per Parlamentsbeschluss, so bislang der Tenor, sollte es dazu nicht kommen.
Hat sich das etwa geändert? Nein, sagen im Foyer des Parlaments Gräff und
Finanzsenator Stefan Evers auf taz-Nachfrage: Weiter soll die Bebauung an
einer wie auch immer gestalteten Befragung hängen, der ein konkreter
Entwurf zugrunde liegt. Laut Evers hat das in den Reden keine Rolle
gespielt, weil es „selbstverständlich“ sei.
Die Form dafür ist allerdings weiter völlig offen. „Berlin fehlt es nach
wie vor an Instrumenten, um erneut zu einer Abstimmung zu kommen“, stellt
auch der Verein Mehr Demokratie am Donnerstag fest. Er schlägt ein
„fakultatives Referendum“ vor: Dabei würde das Abgeordnetenhaus das Gesetz
ändern, und in einem auf wenige Monate verkürzten Verfahren gäbe es einen
erneuten Volksentscheid darüber. Das ist etwa in Hamburg schon möglich. Im
normalen Verfahren können in Berlin bis zu einem Volksentscheid mehrere
Jahre vergehen.
## Streit über die Form einer Befragung
Der SPD-Fraktion [4][schwebte bei ihrer Klausur im Januar anderes vor:] Das
Parlament soll vielmehr das Recht bekommen, einzelne „zu bestimmende, zu
seiner Zuständigkeit gehörende Fragen einem Volksentscheid zu
unterbreiten“. Eine Verfassungsänderung – für die Schwarz-Rot nicht die
nötige Zweidrittelmehrheit hat – ist aus Sicht der SPD-Fraktion nicht
nötig. Sie bezieht sich dabei auf ein Gutachten des wissenschaftlichen
Parlamentsdienstes.
In der Opposition bestreitet man das und hielte eine Verfassungsänderung
für nötig. In Hamburg [5][kann das Landesparlament solche Befragungen
bereits auf den Weg bringen] – 2015 scheiterte auf diese Weise dort eine
Olympia-Bewerbung. In Hamburg ist diese Möglichkeit, anders als in Berlin
von der SPD angestrebt, [6][in der Verfassung verankert].
23 May 2024
## LINKS
[1] https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen/vorgang/d19-1664.pdf
[2] /Plaene-fuer-das-Tempelhofer-Feld/!5995021
[3] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/
[4] /SPD-Klausur-in-Leipzig/!5985530
[5] https://www.hamburg.de/volksabstimmungen/54020/volksabstimmungen/#anker_1
[6] https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-VerfHAV14ELS
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld
Abgeordnetenhaus
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