# taz.de -- Neues Rentenpaket: Mindestens haltbar bis 2039? | |
> Das Kabinett hat das Rentenpaket II beschlossen, das die Renten für 15 | |
> Jahre absichern soll. Die Folgen für Jüngere sind ambivalent. | |
Bild: Die Extra-Portion Eis ist bis 2039 gesichert | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung hat nach langem Streit am Mittwoch das | |
sogenannte Rentenpaket II beschlossen. Damit soll das Niveau der Renten bis | |
2039 gesichert werden. Außerdem soll ein Kapitalstock, das sogenannte | |
Generationenkapital, das Rentensystem entlasten. [1][Durch die Reform | |
steigen die Rentenversicherungsbeiträge der Jüngeren etwas stärker an], als | |
es ohne das Rentenpaket II der Fall wäre. Allerdings können sich Jüngere | |
auch für eine gewisse Zeit auf ein höheres Rentenniveau verlassen, wenn sie | |
selbst in den Ruhestand wechseln. | |
„Mit dem Rentenpaket II stabilisieren wir das Rentenniveau dauerhaft und | |
schaffen [2][ein Generationenkapital], um zukünftige Beitragszahler zu | |
entlasten“, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch. | |
Damit setze die Koalition ein „klares Zeichen für Leistungsgerechtigkeit“. | |
Der Minister hatte zuvor vorgerechnet: „Wenn eine Krankenschwester aus | |
Sachsen beispielsweise, heute 49 Jahre alt, 2040 in Rente geht, ist das im | |
Jahr ein Unterschied von 1.100 Euro, je nachdem ob wir das Rentenniveau | |
stabilisieren oder nicht“. | |
Bis zum Jahre 2039 wird ein Renteniveau von 48 Prozent gesichert – was dem | |
bisherigen Niveau entspricht. Das Rentenniveau ist der Verhältniswert aus | |
der sogenannten Standardrente und dem Durchschnittslohn. Ohne diese | |
Haltelinie würde das Rentenniveau ab 2027 absinken und im Jahr 2040 nur | |
noch bei 44,9 Prozent liegen. | |
Der Beitragssatz zur Rentenversicherung, den Arbeitgeber:innen und | |
Arbeitnehmer:innen zahlen, würde ohne diese Reform von derzeit 18,6 | |
Prozent vom Bruttolohn auf 21,3 Prozent im Jahr 2040 steigen. Mit der | |
Haltelinie im Rentenpaket II und dem ebenfalls geplanten sogenannten | |
Generationenkapital steigt der Beitragssatz auf 22,3 Prozent schon ab | |
2035, das sind 1 Prozent mehr als ohne die Reform. Weil die Beiträge | |
hälftig von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen finanziert | |
werden, müssen 2040 die Arbeitnehmer:innen 0,5 Prozent von ihrem | |
Bruttolohn mehr an Rentenbeiträgen abzweigen als ohne die Reform. | |
Mit welchen Maßnahmen das Rentenniveau ab 2040 weiterhin gesichert werden | |
könnte, dazu soll die Bundesregierung im Jahr 2035 einen „Bericht | |
vorlegen“, heißt es im Gesetzentwurf. | |
Die Arbeitgeber sind gegen die Reform. „Nachdem die Koalition bereits eine | |
Anhebung des Rentenalters ausgeschlossen hat, gehen damit künftig alle | |
Lasten aus der Alterung auf Kosten der Beitragszahler“, sagte Rainer | |
Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. | |
Mit immer höheren Sozialbeiträgen käme Deutschland „noch schwerer aus dem | |
wirtschaftlichen Stillstand“. | |
## „53 Prozent würden helfen“ | |
Ein stabiles Rentenniveau bedeutet „Entlastung, bessere Absicherung im | |
Alter und weniger Aufwand für private Vorsorge“, lobte hingegen | |
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Ein Niveau von 53 Prozent würde „wirklich | |
gegen Altersarmut helfen“, erklärte Verena Bentele, Chefin des | |
Sozialverbandes VdK. | |
Die Rentenausgaben liegen im Jahr 2045 durch das Rentenpaket II um 47 | |
Milliarden Euro höher, als wenn das neue Gesetz gar nicht kommen würde. Die | |
Rentenausgaben von 372 Milliarden Euro im Jahre 2024 würden aber auch ohne | |
das Paket auf 755 Milliarden Euro im Jahr 2045 steigen, bedingt durch die | |
Rentensteigerungen, die sich unter anderem an steigenden Löhnen | |
orientieren, und bedingt durch die Demografie. | |
Nach einer Rechnung, die die Ökonomin Imke Brüggemann-Borck von der DRV | |
kürzlich vorstellte, steigt der „Altenquotient“ von 31,8 Prozent im Jahr | |
2021 auf 43,4 Prozent im Jahr 2040 und sinkt dann wieder ab auf 42,5 | |
Prozent in 2045. Der Altenquotient bezeichnet das Verhältnis von über | |
67-Jährigen einerseits und 100 Personen im Alter von 20 bis 67 Jahren | |
andererseits. | |
Der Bundeszuschuss aus Steuermitteln macht laut Zahlen der Deutschen | |
Rentenversicherung (DRV) etwas weniger als ein Viertel der Renteneinnahmen | |
aus, steigt aber in absoluten Zahlen über die Jahre stark an. | |
Kritiker:innen warnen daher vor der steigenden Belastung der | |
Steuerzahler:innen, also jüngerer Erwerbstätiger, durch das | |
Rentensystem. | |
Neben der Sicherung der Haltelinie soll mit dem Rentenpaket II auch ein | |
sogenanntes „Generatinonenkapital“ angespart werden, also ein Kapitalstock, | |
dessen Renditen künftig in die Rentenkasse fließen. Dazu soll eine Stiftung | |
mit der Bezeichnung „Generationenkapital“ errichtet werden. | |
Die Regierung will für den Aufbau des Kapitalstocks Schulden machen, die | |
aber nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. 2024 sind es 12 | |
Milliarden Euro an Kapitalstock, bis in die Mitte der 2030er Jahre soll der | |
Kapitalstock auf 200 Milliarden Euro anwachsen. Aus dem Stiftungsvermögen | |
des Generationenkapitals sind ab dem Jahr 2036 dann „durchschnittlich | |
Ausschüttungen in Höhe von jährlich zehn Milliarden Euro vorgesehen“, hei�… | |
es im Gesetzentwurf. | |
Die FDP hatte zuletzt starke Bedenken gegen das Rentenpaket geäußert. | |
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte aber jetzt, aus | |
seiner Sicht sei „das Rentenpaket II abgeschlossen“. Der am Mittwoch | |
beschlossene Kabinettsentwurf muss jetzt im September noch durch den | |
Bundestag. Der Bundesrat soll noch im Juli eine Stellungnahme abgeben. (mit | |
dpa) | |
29 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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