# taz.de -- Queerfeindliche Übergriffe in Berlin: Mit Kuchen gegen Hass und Ge… | |
> Senatschef Wegner verspricht eine konsequente Verfolgung von Übergriffen | |
> auf LSBTIQ*. Wie groß das Problem ist, zeigt dabei der „Maneo-Report | |
> 2023“. | |
Bild: Kai Wegner (CDU) mit Bastian Finke sowie Seyran Ates und Christa Arnet vo… | |
BERLIN taz | Der Säulensaal des Roten Rathauses ist hell erleuchtet und Kai | |
Wegner in der Rolle als Kuchenkönig bester Laune. Beherzt schneidet der | |
Regierende Bürgermeister am Freitag den bunten „Kiss Kiss | |
Berlin-Regenbogenkuchen“ an. Es geht etwas hin und her. Die | |
Fotograf:innen wollen Wegner besser positionieren. | |
Der Anlass für das Spektakel: der in genau einer Woche bevorstehende | |
Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT). Der | |
Anschnitt des Regenbogenkuchens, den CDU-Mann Wegner nun schon zum zweiten | |
Mal zelebriert, ist dabei Teil der jährlichen „Kiss Kiss Berlin“ Kampagne | |
des schwulen Anti-Gewalt-Projekts Maneo. | |
„Zusammen setzen wir heute ein klares Zeichen für ein weltoffenes und | |
tolerantes Berlin“, sagt der Senatschef. Freiheit, Vielfalt, Toleranz: | |
Genau dafür stehe die Hauptstadt. Eigentlich. Denn umso mehr, sagt Wegner, | |
schockiere ihn der [1][Anstieg queerfeindlicher Gewalttaten]. Erst am | |
Mittwoch meldete Maneo, dass man im vergangenen Jahr satte 23 Prozent mehr | |
Vorfälle gezählt habe als 2022. | |
Ein schwuler Mann, der in Neukölln auf der Straße von einer Dreiergruppe | |
beleidigt und am Kopf verletzt wird. Zwei in der Öffentlichkeit Hand in | |
Hand gehende Frauen, von denen eine von einem Jugendlichen so hart ins | |
Gesicht geschlagen wird, dass sie einen Knochenbruch erleidet. Das sind nur | |
zwei von insgesamt 685 Fällen von Beleidigungen und Übergriffen gegen | |
Schwule, Lesben, Queers, trans und bi- und intersexuelle Personen, [2][die | |
im aktuellen „Maneo-Report 2023“ erwähnt werden]. | |
## Beleidigungen, Körperverletzungen, Nötigungen | |
Bei den im vergangenen Jahr erfassten Taten handelte es sich demnach vor | |
allem um Beleidigungen (32 Prozent), versuchte und erfolgte | |
Körperverletzungen (31 Prozent) und Nötigungen und Bedrohungen (27 | |
Prozent). Die meisten Übergriffe, so Maneo, geschahen in der Innenstadt, | |
vorneweg mit 24 Prozent aller Fälle in Schöneberg. | |
Ob es tatsächlich zu mehr Taten kam oder ob die Opfer sich mehr als früher | |
mit ihren Erlebnissen an das Anti-Gewalt-Projekt wenden, lässt sich schwer | |
sagen. Maneo zufolge sprechen die hohen Zahlen „auch für eine langsam | |
wachsende Bereitschaft, Übergriffe nicht weiter zu verschweigen, sondern | |
darüber zu sprechen“. | |
Das Ausmaß ist gleichwohl erschreckend. Szene-Einrichtungen seien | |
beschossen oder mit Buttersäure oder Reizgas traktiert und Scheiben | |
eingeworfen worden. Mitarbeiter:innen seien bedroht und beleidigt | |
worden. Alles in allem registrierte Maneo 85 Übergriffe, die sich direkt | |
gegen Initiativen, Gedenkorte und Teilnehmer:innen von Veranstaltungen | |
richteten. | |
Auch deshalb forderte Maneo-Leiter Bastian Finke den schwarz-roten Senat | |
schon am Mittwoch auf, endlich mehr zu tun, um „den Schutz unserer | |
Einrichtungen und Events sicherzustellen“. Der Regierende erklärt | |
anlässlich des Kuchentermins zwei Tage darauf: „Die Berliner Polizei und | |
Justiz gehen konsequent gegen Straftäter vor. Wir dulden in Berlin keine | |
Gewalt, Hass und Hetze.“ Eine [3][Zusage für verstärkte | |
Sicherheitsmaßnahmen] klingt anders. | |
## Sahnecreme in Regenbogenfarben | |
Zum Kuchenanschneiden am Freitag wurden unter anderem Vertreter:innen | |
verschiedener Berliner LSBTIQ*-Gruppen, der Polizei, Schüler:innen und | |
Lehrer:innen eingeladen. Auch Seyran Ateş, Mitbegründerin der | |
Ibn-Rushd-Goethe-Moschee und Maneo-Fachbeirätin, ist dabei. Maneo-Leiter | |
Bastian Finke sowieso. | |
Finke blickt dann auch noch einmal mit Sorge auf die Ergebnisse des Reports | |
blickt. Er betont, dass in Berlin täglich Übergriffe stattfinden. Die | |
Angriffe belasteten die demokratische Gesellschaft und verletzten die | |
Menschenwürde der Opfer. Erneut geht Finke bei der Gelegenheit auf den | |
dringend nötigen Schutz der LSBTIQ*-Einrichtungen ein. Er findet: Deshalb | |
seien Veranstaltungen wie diese im Roten Rathaus besonders wichtig. | |
„Dann geht's jetzt los“, verkündet Kai Wegner nach Finkes Ansprache und | |
schneidet unter Beifall den „Kiss Kiss Berlin“ Kuchen an. Alle | |
Teilnehmer:innen der Veranstaltung bekommen ein Stück. Sahnecreme in | |
Regenbogenfarben. Der Kuchen schmeckt. Er wurde von einem großen Hotel | |
gespendet. | |
10 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Queerfeindliche-Angriffe-in-Berlin/!5988883 | |
[2] https://www.maneo.de/infopool/maneo-reporte/maneo-report-2023/ | |
[3] /Strategien-gegen-Hasskriminalitaet/!5996475 | |
## AUTOREN | |
Luise Greve | |
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