# taz.de -- Lösungen für Angriffe auf PolitkerInnen: Funzelfahrt mit Riesling… | |
> Wer politisch aktiv sein will, muss damit rechnen, bedroht zu werden. Das | |
> verändert vor allem die Kommunalpolitik – doch unser*e Autor*in hat | |
> Ideen. | |
Bild: Ein beschädigtes SPD-Wahlplakat in Berlin | |
Gewalt gegenüber Politiker*innen wird normaler. Hier ein Video, in dem | |
eine grüne Wahlkämpferin bedroht wird, weil sie es wagte, Plakate | |
aufzuhängen. Dort ein SPD-Europakandidat, der [1][von Teenagern ins | |
Krankenhaus geprügelt wird]. Wer sich heute politisch engagieren will, | |
weiß, dass er oder sie im Zweifelsfall mit politisch motivierter Gewalt | |
rechnen muss. Diese Gewissheit verändert die große, aber vor allem die | |
kleine Politik, die Kommunalpolitik. | |
Denn während Nancy Faeser und Robert Habeck von einem Sicherheitsstab | |
beschützt werden, haben Kommunalpolitiker*innen wie ich das nicht. | |
Wir sind direkt damit konfrontiert, dass man uns im Zweifel zu Hause | |
aufsucht oder unsere Familie bedroht. Das macht etwas mit uns. Wer will | |
sich schon ehrenamtlich engagieren, wenn er zusätzlich noch Gefahr läuft, | |
zur Zielscheibe von Rechtsextremen zu werden? | |
Mir macht es Angst, wenn mir anonyme Accounts auf sozialen Medien vor einer | |
Stadtratssitzung schreiben, ob ich mich denn langsam mal auf den Weg | |
machen würde und wie sehr sie sich freuen würden, mir „mal über den Weg zu | |
laufen“. Es verändert mindestens die Art und Weise, wie ich abends durch | |
die Stadt gehe, welche Fotos aus meiner unmittelbaren Wohngegend ich poste | |
und wann ich das Auto statt den Bus nehme. | |
Bei vielen anderen sorgt es dafür, dass sie gar nicht erst den Weg in die | |
Kommunalpolitik oder den Verein vor Ort gehen werden. [2][Rechtsextreme | |
gehen gezielt vor]. Sie wollen die Säulen, auf denen unsere Gesellschaft | |
steht, langsam zum Einbrechen bringen. Die Gewalt gegenüber | |
Mandatsträger*innen und Wahlkämpfer*innen ist ein weiterer Versuch | |
auszuloten, wie weit sie gehen können. | |
Die Resultate sind bereits da: Wer queer, weiblich oder migrantisch ist, | |
wird sich in diesem Umfeld noch einmal mehr überlegen, ob er oder sie sich | |
engagieren soll. Das ist der Triumph derer, die sich eine Gesellschaft | |
wünschen, in der langsam wieder das Recht des Stärkeren gilt. | |
## Bürger*innen könnten beim Plakatieren mitgehen | |
Politisch profitiert von dieser Verschiebung die AfD. Dafür braucht es im | |
Jahr 2024 keine besonders große Interpretationsfähigkeit mehr. | |
Ankündigungen wie Alexander Gaulands „Wir werden sie jagen“ werden nicht | |
naiv formuliert. Wer so redet, weiß, wie sie das eigene politische Umfeld | |
versteht. Und trotzdem sind wir darauf schlecht vorbereitet. Zeit, das zu | |
ändern. | |
Der Sicherheitsapparat sollte für kommunale Mandatsträger*innen und | |
andere Ehrenamtliche zugänglicher werden. Wie oft werden Bedrohungen, die | |
hinterher in Gewalt münden, von der Polizei abgetan? Wie oft muss erst | |
etwas wirklich passieren, bevor Polizei und Staat das Problem ernst nehmen? | |
Und wie soll sich jemand guten Gewissens an die Polizei wenden, wenn alle | |
paar Jahre eine neue [3][rechtsextreme Chatgruppe] auftaucht? | |
Oder eine kreative Idee: Wir brauchen Bürger*innen, die mitgehen beim | |
Plakatieren – auch wenn sie nicht Mitglied der Partei auf dem DIN-A2-Plakat | |
sind. Bürger*innen könnten auf die Veranstaltung des Ortsbürgermeisters | |
gehen, nur damit Rechtsextreme dort keine Stimmung der Gewalt erzeugen | |
können. | |
Die Lösungen können regional gestaltet werden: Warum nicht eine | |
Funzel-Fahrt mit Anhänger und Rieslingschorle während die örtliche FDP, SPD | |
oder Linke am Plakatieren ist? Dadurch käme man sogar mal ins Gespräch. Wir | |
können uns nicht darauf verlassen, dass ein paar wenige diese Demokratie | |
bewahren. In diesem Sinne: Bildet Banden! Demokratische natürlich. | |
19 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Rechtsextreme-Attacke-auf-SPD-Politiker/!6009432 | |
[2] /Angriffe-auf-Politikerinnen/!6006968 | |
[3] /Extremismus-bei-Berlins-Polizei/!5950892 | |
## AUTOREN | |
Maurice Conrad | |
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