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# taz.de -- Blockade an Pariser Universität: Protest gegen Gazakrieg an Sorbon…
> Aus den USA nach Frankreich: In den kommenden Tagen sind
> propalästinensische Aktionen auch an weiteren Universitäten Frankreichs
> geplant.
Bild: Palästinensische Fahne und Aktivisten mit Megafonen vor einem Eingang zu…
Paris taz | Mehrere Dutzend meist jüngere Menschen haben am Montagmittag
die Zugänge zur Pariser Universität Sorbonne mit einer Palästina-Flagge
blockiert. Vorlesungen und Examen mussten abgesagt werden. „Wir sind hier
wegen des [1][Appells der Studenten von Harvard und der
Columbia-Universität]. Nach den Aktionen der Sciences-Po sind wir hier,
damit es weitergeht“, sagte Lorélia Fréjo, eine der beteiligten
Studierenden. Anwesend waren auch zwei Abgeordnete der Linkspartei LFI.
Nach einem Polizeieinsatz wurde das Camp später am Montagnachmittag
geräumt.
In der vergangenen Woche war das Gebäude an der Rue Saint-Guillaume bereits
von einigen Dutzend Studierenden besetzt und die Straße von einigen hundert
Demonstrant*innen belagert worden. Noch bevor die Polizei ihre Drohung
einer gewaltsamen Räumung wahr machen konnte, einigten sich die
Protestierenden mit der Sciences-Po auf einen freiwilligen Abzug gegen das
Versprechen, dass bis Donnerstag eine große und für alle offene Debatte
über den Konflikt organisiert werde. Die Direktion hatte sich
bereiterklärt, ihre Partnerschaften mit Universitäten oder Organisationen
zu überprüfen, welche „den israelischen Staat unterstützen“.
„Sciences-Po beugt sich dem Druck der Islamo-Gauchisten“, hieß es auf der
Titelseite der Montagsausgabe von Le Figaro, und viele andere Medien
äußerten sich ähnlich empört über den Kompromiss zwischen der
Hochschuldirektion, dem Comité Palestine und der linken Partei LFI, die als
Drahtzieher der Aktionen gilt. Auch Premierminister Gabriel Attal hatte die
Besetzung als „peinliches und schockierendes Spektakel“ verurteilt, welches
auf das Konto einer „von politischen Kräften wie La France insoumise
bewegten Minderheit“ gehen.
Niemals habe es in Frankreich „ein Recht zu blockieren“ gegeben. Aber eine
Art Tradition existiert: Vor allem im Mai 1968 und danach wurden immer
wieder Universitäten besetzt oder es wurden von gewerkschaftlichen
Streikenden, Lkw-Fahrern oder Landwirten Straßen blockiert.
## Proteste weiten sich aus
Noch haben die Proteste gegen [2][Israels Krieg in Gaza] als Antwort auf
den Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 [3][nicht das Ausmaß wie an
US-amerikanischen Universitäten angenommen]. Aber die Solidaritätskampagne
mit Palästina weitet sich aus, nicht zuletzt weil staatliche Behörden,
Institutionen und ein Teil der Medien mit dem Versuch der Kriminalisierung
reagiert. Wegen Strafanzeigen wird sich demnächst die Justiz damit befassen
müssen. Es geht um die Frage, ob die Solidarität mit einer leidenden
Bevölkerung in Gaza und der Protest gegen einen als Genozid
charakterisierten Rachefeldzug oder eine als „Apartheid“ verurteilte
Kolonisierungspolitik der Regierung Netanjahu als antisemitisch oder gar
Verherrlichung des Hamas-Terrors eingestuft und strafrechtlich verurteilt
werden soll.
Wegen dieser Anschuldigung haben sowohl die LFI-Fraktionschefin in der
Nationalversammlung, Mathilde Panot, wie die LFI-Kandidatin bei den
EU-Wahlen – die in einem palästinensischen Flüchtlingslager in Syrien
geborene Juristin Rima Hassan – für Dienstag eine polizeiliche Vorladung
erhalten. Beide hatten sich mit der Besetzung von Sciences-Po
solidarisiert.
Panot hatte sich anfänglich geweigert, den Überfall der Hamas am 7. Oktober
als „Terror“ zu benennen und hatte von „Kriegsverbrechen des bewaffneten
Arms“ der Palästinenser gesprochen. Rima Hassan, die in ihrem Wahlkampf die
Solidarität mit Palästina zum zentralen Thema macht, war von den
Demonstrierenden in der Rue Saint-Guillaume mit Beifall bedacht worden, als
sie den Demonstrierenden zu rief: „Ihr seid die Ehre unseres Landes!“ Sie
verlangt einen „sofortigen Waffenstillstand“ und bezeichnet die „weder zu
rechtfertigenden noch legitimen“ Bombardierungen des Gazastreifens durch
die israelische Armee als „Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die
Menschlichkeit“.
Weitere propalästinensische Aktionen sind laut Libération in den kommenden
Tagen an den Universitäten von Grenoble, Rennes, Lille und Lyon geplant.
Die größte Gewerkschaft der Studierenden, die Unef, ruft zu einem „Aufstand
gegen die Repression und für den Frieden in Gaza“ auf. Das bisher eher
isolierte Beispiel von Sciences-Po müsse Schule machen, meint
Unef-Sprecherin Eléonore Schmitt: „Diese Mobilisierung hat eine Bresche
geschlagen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um zu zeigen, dass die Jugend
sich bewegt.“
## Spaltung in der französischen Linken
Die Frage der Unterstützung Israels, der Solidarität mit Palästina und die
klare Abgrenzung vom Terrorismus und vom Antisemitismus spaltet heute mehr
denn je die französische Linke. Manche ihrer prominenten Wortführer reden
nicht mehr miteinander. Bei einem Galadinner aus Anlass des 120-jährigen
Bestehens der kommunistischen Zeitung L’Humanité am 20. April mussten der
LFI-Gründer Jean-Luc Mélenchon und der Sozialist Jérôme Guedj an
entgegengesetzten Plätzen am Tisch platziert werden, berichtet La Tribune
du Dimanche.
Guedj beschuldigt LFI, den Nahost-Konflikt zu einer „identitären Debatte“
im Sinn einer Entkolonisierungsideologie aus wahlpolitischen Interessen zu
instrumentalisieren. Man könne links und gegen Netanjahu sein, ohne
deswegen zu einem Boykott der ganzen israelischen Gesellschaft aufzurufen.
Die von LFI betriebene Polarisierung sei „ein Gift“ für die Linke in
Frankreich. Mélenchon dagegen wirft Sozialisten und Grünen vor, nicht klar
von einem Genozid in Gaza zu reden und sich so mitschuldig zu machen.
Und der ehemalige Präsidentschaftskandidat der vereinigten Linken Nupes
goss Öl ins Feuer: Als an der Universität Lille eine
Palästina-Veranstaltung, an der er als Hauptredner auftreten sollte,
verboten wurde, verglich Mélenchon den Uni-Präsidenten mit Adolf Eichmann,
der ebenfalls argumentiert habe, er respektiere bloß die geltenden Gesetze.
29 Apr 2024
## LINKS
[1] /Proteste-an-der-Columbia-University/!6004757
[2] /Aktivist-ueber-Loesung-im-Nahost-Krieg/!6007909
[3] /Proteste-gegen-Gaza-Krieg-an-US-Unis/!6005863
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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