# taz.de -- Jahresbericht von Amnesty International: Amnesty kritisiert Doppels… | |
> Menschenrechtsorganisation wirft der Bundesregierung Schweigen zu | |
> Kriegsverbrechen von Israels Armee vor. Das schwäche die internationale | |
> Ordnung. | |
Bild: Kinder in Gaza: Der 7. Oktober war ein Kriegsverbrechen, so Amnesty, aber… | |
BERLIN taz | [1][Amnesty International] hat die Bundesregierung wegen ihrer | |
Haltung im Gazakrieg heftig kritisiert. Bei der Vorstellung des | |
Jahresberichts der Organisation sagte Julia Duchrow, die Generalsekretärin | |
von Amnesty International (ai) in Deutschland, die Regierung trage zur | |
„Erosion der internationalen Ordnung bei“, indem sie zu den | |
Kriegsverbrechen der israelischen Armee schweige. | |
„Sie verspielt damit ihre Glaubwürdigkeit“, so Duchrow. „Doppelstandards | |
vertragen sich nicht mit der menschenrechtsbasierten Außenpolitik, die | |
Annalena Baerbock angekündigt hat.“ Amnesty übt seit Jahren scharfe Kritik | |
an der israelischen Regierung, unter anderem wegen der Siedlungspolitik. | |
Die Hamas und andere bewaffnete Gruppen hätten mit ihrem brutalen Überfall | |
auf Israel am 7. Oktober 2023 Kriegsverbrechen begangen, sagte Duchrow am | |
Dienstag. „Das Leid der Opfer ist durch nichts zu relativieren.“ | |
Der Militäreinsatz der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen jedoch | |
habe „jedes Maß verloren“. Er gehe mit zahlreichen Kriegsverbrechen und | |
Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht einher. | |
## Amnesty International fordert, Kriegsverbrechen von Israels Armee beim | |
Namen nennen | |
Duchrow verwies auf eine [2][Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs | |
vom Januar], in der dieser die „Gefahr von Völkermord im Gazastreifen“ | |
festgestellt hatte. „Trotzdem weigert sich die Bundesregierung, die | |
Kriegsverbrechen der israelischen Armee beim Namen zu nennen“, so Duchrow. | |
„Stattdessen lieferte sie vermehrt Waffen.“ | |
Im Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof hätte Deutschland alles | |
tun müssen, „um die Gefahr eines Völkermords zu bannen“, statt sich in Den | |
Haag „aktiv an die Seite Israels“ zu stellen. | |
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei im vergangenen Jahr 75 | |
Jahre alt geworden, „zum Feiern war aber niemandem zumute“, sagt Duchrow. | |
Weltweit seien nationalistische, rassistische und frauenfeindliche Kräfte | |
auf dem Vormarsch, menschenrechtsfeindliche Positionen fänden Zuspruch in | |
der bürgerlichen Mitte, die auf den Menschenrechten fußende internationale | |
Ordnung werde „offensiv infrage gestellt“. | |
Ins Zentrum des Jahresberichts stellte Amnesty vier Trends. Einer davon ist | |
der mangelnde Schutz von Zivilist*innen in Konflikten, etwa in der | |
Ukraine, in Gaza oder im [3][Sudan], der weltweit größten humanitären | |
Krise. Dort würden beide Konfliktparteien Kriegsverbrechen begehen, | |
insbesondere in den Regionen Khartum und West-Darfur, so Amnesty. „Menschen | |
wurden bei der verzweifelten Suche nach Nahrung, Wasser und Medikamenten | |
getötet“, sagte Duchrow. | |
## Rückschläge auch im Kampf um Geschlechtergerechtigkeit | |
2023 sei gekennzeichnet von Rückschlägen im Kampf um | |
Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte von LGBTI+-Menschen, etwa durch | |
neue Abtreibungsverbote in den USA oder neue Strafandrohungen für | |
Homosexuelle, etwa in [4][Uganda]. | |
Ebenfalls weiter unter Druck geraten seien die sogenannten | |
Menschenrechtsverteidiger:innen, etwa Gewerkschafter*innen, | |
Umweltaktivist*innen und indigene Gruppen. Viele Regierungen hätten | |
2023 die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit eingeschränkt, Gewalt gegen | |
Protestierende, etwa durch Waffen und Munition wie Gummigeschossen oder | |
Blendgranaten habe „weltweit zu Tausenden Verletzungen, dauerhaften | |
Behinderungen und zu zahlreichen Todesfällen geführt“, so Duchrow. | |
Die Amnesty-KI-Expertin Lena Rohrbach kritisierte die großen | |
Tech-Plattformen, vor allem Meta und OpenAI sowie die Hersteller von | |
Spionage-Software. „Zivilist*innen sind auch gefährdet, wenn künstliche | |
Intelligenz zunehmend militärisch eingesetzt wird – und zwar in einem | |
globalen Regulierungsvakuum“, sagte Rohrbach. | |
Sie forderte unter anderem ein Verbot „besonders invasiver Spionagesoftware | |
wie ‚Pegasus‘ und ‚Predator‘“ sowie von sogenannter „Emotionserkenn… | |
Social Scoring“ und Gesichtserkennungstechnologie im öffentlichen Raum. Die | |
Ampel habe dies „versprochen, aber noch nicht eingelöst“, so Rohrbach. | |
24 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Amnesty-International-in-der-Krise/!5852045 | |
[2] /Voelkermord-Verfahren-gegen-Israel/!5985407 | |
[3] /Ein-Jahr-Krieg-in-Sudan/!6001646 | |
[4] /Anti-LGBTQI-Gesetz-in-Uganda/!6002334 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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