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# taz.de -- Unternehmen geben Klimaziele auf: Kreuzfahrt bleibt Klimakiller
> Still haben sich die Kreuzfahrtunternehmen Tui Cruises und Aida vorerst
> von Klimaneutralität verabschiedet. Der Treibstoff bleibt entscheidend.
Bild: Wohlfühlen auch mit CO₂: TUI hat sein Klimaziel über Bord geworfen
Hamburg taz | Klimaneutrale Kreuzfahrtschiffe – was die
Kreuzfahrtunternehmen TUI Cruises und Aida vollmundig für 2040 angekündigt
hatten, haben sie still und leise auf 2050 vertagt. Ab dann sind sie durch
die International Maritime Organization ohnehin dazu verpflichtet. De facto
haben sie also ihre freiwilligen Klimaziele aufgegeben. Das haben zunächst
Recherchen der Ostsee-Zeitung ergeben. Die Unternehmen selbst verweisen auf
ihre Nachhaltigkeitsberichte, in denen sie diskret die alten Pläne
abgewickelt haben.
Umweltschutzverbände reagieren enttäuscht auf das Zurückrudern. „Es war die
Hoffnung, dass [1][die Platzhirsche im Kreuzschifffahrtsbereich mit gutem
Beispiel vorangehen]“, sagt Christian Kopp vom Naturschutzbund Nabu. „Durch
die Umstellung auf grüne E-Fuels wäre enorm viel gewonnen.“
Derzeit fahren die meisten Kreuzfahrtschiffe mit extrem emissionsreichem
Schweröl oder Marinediesel. Die von Hamburg aus betriebene Flotte der Aida
hat unter ihren elf Schiffen zwei, die auch mit Flüssiggas betrieben werden
können – für den Nabu ist das allerdings kein echter Fortschritt, weil das
den Schiffen entweichende Methan extrem klimaschädigend ist.
Ohnehin ist Klimaneutralität für die Kreuzfahrt, vorsichtig gesagt,
herausfordernd. Der Treibstoff ist dabei der größte Hebel. Die Pressestelle
von Aida verweist auf Nachfrage auf den [2][Nachhaltigkeitsbericht des
Mutterkonzerns Carnival Corporation für das Jahr 2023], der offen einräumt,
dass mit den gegenwärtig verwendeten alternativen Treibstoffen Flüssiggas
und Biokraftstoff Klimaneutralität kaum zu erreichen ist.
## Sich festzulegen, sei „unklug“
Der aktuelle Mangel an Klarheit, was die Verfügbarkeit von klimaneutralen
Energiequellen angehe, mache es „unklug“, sich auf eine spezielle Strategie
oder Zeitschiene festzulegen. Dabei hatte noch 2021 eine Sprecherin
erklärt, man werde 2040 mit der gesamten Aida-Flotte emissionsneutral auf
Kurs sein.
Tatsächlich ist das von Umweltverbänden favorisierte „grüne“ Methanol te…
und selten. Der sogenannte Champagner der Energiewende ist ein Gemisch aus
Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Grün ist er allerdings nur dann, wenn er auf
Basis regenerativer Energien und mit einer nachhaltigen CO₂-Quelle
produziert wird.
Letzteres ist der Fall, wenn das CO₂ nicht aus fossilen Quellen stammt,
sondern mit der Air-Capture-Technik aus der Luft entzogen wird – das ist
gleichermaßen energieaufwendig wie teuer. Der dänische Container- und
Frachtschiffkonzern Maersk, der auf grünes Methanol setzt, hat dafür ein
eigenes Kraftwerk gebaut – das Unternehmen ist aber auch deutlich größer
als etwa der Hamburger Konzern TUI Cruises.
Dessen Pressestelle äußert sich auf Nachfrage der taz noch vager als die
Konkurrenz bei Aida. Von verbindlichen Zielen sei nie die Rede gewesen.
„TUI Cruises hatte sich vereinzelt in der Vergangenheit optimistisch
darüber geäußert, einen klimaneutralen Schiffsbetrieb bis 2040 für möglich
zu halten.“ Die [3][Verschiebung] der Klimaziele spiegele „die Prognosen in
Bezug auf Entwicklung und Markthochlauf von alternativen Kraftstoffen für
die Hochseeschifffahrt“.
## Deutsche Umwelthilfe verklagt TUI
Tatsächlich bereiten die verschobenen Ziele TUI Cruises einiges an Ärger.
Denn die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat den Konzern im Januar [4][wegen
Greenwashings verklagt]. TUI, so die Begründung, stelle den
Verbraucher:innen ab 2050 einen dekarbonisierten Kreuzfahrtbetrieb
durch grünes Methanol und andere E-Fuels in Aussicht, „deren Verfügbarkeit
aber nicht ansatzweise gesichert ist“. Laut Jürgen Resch, Geschäftsführer
der DUH, geht es darum, „den Verbraucher ehrlich darüber zu informieren,
wie groß sein ökologischer Fußabdruck ist“.
Die Versprechungen zu künftiger Klimaneutralität sollten nicht darüber
hinwegtäuschen, dass Kreuzfahrten eine der klimaschädlichsten Arten des
Reisens seien. Was bei Flugreisen und Skifahren allmählich das allgemeine
Bewusstsein erreiche, müsse auch für die Kreuzfahrt gelten. „Wenn Touristen
mit Hubschraubern auf Berge gebracht werden, suggeriert auch niemand, dass
das klimaneutral ist“, sagt Resch. Die Umweltbelastung durch Kreuzfahrten
müsse sich stärker im Preis auswirken, um diese Art des Reisens
unattraktiver zu machen.
Im Juni wird vor dem Hamburger Landgericht darüber verhandelt, wie viel
Klimaneutralität sich TUI Cruises künftig ans Werbeschiff hängen darf.
7 May 2024
## LINKS
[1] /Internationale-Tourismusboerse-in-Berlin/!5990804
[2] https://sustainability.nyc3.cdn.digitaloceanspaces.com/assets/content/pdf/C…
[3] https://www.meinschiff.com/nachhaltigkeit/nachhaltigkeitsstrategie
[4] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/klimaklage-ge…
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Kreuzfahrt
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Schwerpunkt Klimawandel
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