| # taz.de -- Neues Schulgesetz für Berlin: Senatorin kümmert sich um Übergän… | |
| > Um allen gute Bildungswege zu ermöglichen, führt Berlin mehr | |
| > Pflichtschuljahre ein. Wie sinnvoll das ist, kommt auf deren | |
| > Ausgestaltung an. | |
| Bild: Spielzeug in einer Berliner Kita. Die Senatorin pocht auf verlässliche S… | |
| Ein ganz großer Wurf ist es nicht, das Schulgesetz, [1][dass die | |
| Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) diese Woche präsentiert | |
| hat]. Es ist eher ein entschiedenes Nachbessern, an den Stellen, an denen | |
| es ganz besonders hakt. Oder besser: an denen das Haken besonders auffällt. | |
| Die Senatorin will nämlich eingreifen an den Übergängen von der Kita in die | |
| Schule, von der Grundschule auf weiterführende Schulen und von der Schule | |
| in eine Ausbildung. | |
| Konkret soll ein Kita-Jahr für Kinder mit Sprachdefiziten verpflichtend | |
| werden. Schüler*innen ohne Abschluss und ohne Aussicht auf einen | |
| Ausbildungsplatz sollen in einem weiteren, 11. Pflichtschuljahr fit gemacht | |
| werden für Arbeit oder Ausbildung. Und Kinder, die auf ein Gymnasium | |
| wechseln wollen, müssen einen bestimmten Notenschnitt vorweisen können oder | |
| einen Probeunterricht bestehen. | |
| Das Anliegen der Senatorin ist, allen Kindern einen guten Bildungsweg zu | |
| ermöglichen. Das ist lobenswert. Denn bisher sind in Berlin im Schnitt rund | |
| 3.000 Jugendliche am Ende der Pflichtschulzeit – also nach der 10. Klasse – | |
| ohne direkte berufliche Perspektive: ohne Abschluss und ohne Vorstellung | |
| davon, was sie nach der Schule machen wollen. Dass diese Jugendlichen | |
| erstmal nirgendwo richtig ankommen, ist dem Schulsystem anzulasten. Die | |
| Schule hätte sie viel früher erreichen müssen. | |
| Deshalb ist es auch begrüßenswert, dass die Senatorin sich darum bemüht, | |
| Kinder mit Sprachförderbedarf früher in die Kitas zu holen und zu einem | |
| Jahr Förderung zu verpflichten. Denn auch beim Beginn der Schullaufbahn | |
| fallen jedes Jahr Kinder durchs Raster – die Zahl geht ebenfalls in | |
| Richtung 3.000. | |
| ## Vieles noch vage | |
| Doch auch zwischen dem Beginn und dem Ende der Schule gibt es Bedarf zum | |
| Nachbessern. Und in ihren Ausführungen zum Schulgesetz blieb die Senatorin | |
| hier doch noch sehr vage. So ist die Herausforderung ja nicht nur, die | |
| Kinder zur Sprachförderung zu holen. Die Kitas müssen auch genügend | |
| Fachleute und genug Zeit haben, damit dort auch tatsächlich Sprachförderung | |
| stattfinden kann – und nicht nur gebastelt wird. | |
| Auch beim 11. Pflichtschuljahr kommt es darauf an, wie es umgesetzt wird. | |
| Die Senatorin sprach von praktischen Teilen und dass sie dazu mit IHK und | |
| Handwerkskammer im Gespräch sei. Vermutlich sollte es idealerweise alles | |
| andere sein als Schule. Denn es wirkt wenig vielversprechend, Jugendliche | |
| mit „Schuldistanz“ zu noch mehr von dem zu zwingen, was für sie bereits | |
| vorher nicht gepasst hat. Und auch ein Konzept mit viel Praxis braucht am | |
| Ende Fachlehrer*innen, Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen, die es | |
| umsetzen, und vermutlich auch Werkstätten, in denen sich die Jugendlichen | |
| ausprobieren können. | |
| Gleiches gilt für den Übergang auf das Gymnasium: Auch hier sind noch | |
| Fragen zur Umsetzung offen. Zwar hat die Senatorin schon Durchschnittsnoten | |
| für den direkten Zugang bestimmt, aber es fehlen bisher etwa klare | |
| Kriterien, nach denen ein Probeunterricht als erfolgreich gelten kann. | |
| Es ist gut, die Übergänge im Blick zu haben, an denen Kinder und | |
| Jugendliche zur Zeit noch am offensichtlichsten scheitern. Genauso wichtig | |
| ist es aber, dass sich die Bedingungen verbessern, unter denen Kita und | |
| Schule stattfinden. Hier braucht es Entlastung, mehr Geld und mehr | |
| Menschen, die verlässlich mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten und sie | |
| bestmöglichst fördern. Auch hier würde entschiedenes Nachbessern helfen – | |
| und zu mehr Gerechtigkeit führen. | |
| 12 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Uta Schleiermacher | |
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