Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Großbritanniens Ruanda-Abschiebungen: Flüchtlingspolitik auf Abwe…
> Der umstrittene britische Deal mit Ruanda ist beschlossen. Er wird keine
> Abschreckung erzielen, aber taugt auch nicht als Vorbild für Europa.
Bild: Ankunft eines Boots mit Geretteten in Dover, 23.April
Das britische Ansinnen, Asylsuchende nach Ruanda auszufliegen, [1][statt
ihre Asylanträge in Großbritannien aufzunehmen], ist in jeder Hinsicht
unsinnig. Als Abschreckung taugt das Vorhaben nur, wenn die Aussichten für
Flüchtlinge in Ruanda so schrecklich sind, dass niemand mehr nach
Großbritannien kommt. Rechtssicher umzusetzen ist es gleichzeitig nur, wenn
die Aussichten für Flüchtlinge in Ruanda so gut sind, dass sie allen
internationalen Standards entsprechen.
Die britische Rechte wollte Ersteres. Die britische Justiz [2][erzwang
Letzteres]. Für die Flüchtlinge ist das gut. Für die Flüchtlingspolitik
bringt es nichts.
Großbritanniens Ruanda-Deal bietet Flüchtlingen nach Jahren der
Überarbeitung in Ruanda hohe Asylstandards, von denen sie auf Lesbos oder
in Libyen nur träumen können. Damit taugt er nicht mehr als Modell für eine
härtere Flüchtlingspolitik, wie es rechte Kräfte quer durch Europa gerne
hätten.
Er taugt aber auch nicht als Modell für eine humanere Flüchtlingspolitik,
denn er beruht nach wie vor auf Zwang statt auf Freiwilligkeit und beraubt
die Betroffenen der Lebensperspektive, für die sie immense Opfer gebracht
haben. Der Deal bringt auch den beiden Ländern nichts: Großbritannien zahlt
irrsinnige Summen, Ruanda verspielt leichtfertig sein Image in der Welt.
## Doppelstandards
Dennoch: Viel von der internationalen Kritik ist scheinheilig. Das
UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR spricht von einem Bruch der
UN-Flüchtlingskonvention – aber zugleich fliegt das UNHCR selbst
Flüchtlinge nach [3][Ruanda] aus, nämlich aus libyschen Lagern, von wo aus
die Leute eigentlich nach Europa wollten – 2.150 Menschen in 17 Flügen nach
jüngsten ruandischen Angaben. Das sind plumpe Doppelstandards.
Und wer sich in Europa empört, darf nicht vergessen: Es geht in
Großbritannien um Menschen, die aus der EU geflohen sind. Warum landen denn
so viele überhaupt an den britischen Küsten? Weil die britische Küstenwache
sie birgt, anders, als es etwa im Mittelmeer Standard ist. Warum bleiben
die Leute denn nicht in Frankreich oder den anderen europäischen Staaten?
Könnte es mit Frankreichs systematischer Polizeigewalt gegen Schwarze und
Araber zu tun haben? Mit dem Umstand, dass Asylsuchende in vielen Ländern
Europas weitaus schlechter behandelt werden als in Brexit-Großbritannien?
Wer den Ruanda-Deal kritisiert, sollte im britisch-ruandischen
Asylpartnerschaftsabkommen das Kleingedruckte über den korrekten Umgang mit
Asylanträgen lesen. Und dann dafür sorgen, dass das nicht nur in Ruanda,
sondern auch in Europa Standard wird.
23 Apr 2024
## LINKS
[1] /Britisches-Parlament-fuer-Abschiebeplan/!6006477
[2] /Britisches-Urteil-zum-Ruanda-Deal/!5969772
[3] /Unsicherheit-in-der-DR-Kongo/!6001589
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Ruanda
Großbritannien
Rishi Sunak
Migration
Flüchtlingspolitik
IG
Boris Johnson
Schwerpunkt Flucht
Frontex
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Atomkraft
Wahlen in Großbritannien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bilanz einer gescheiterten Utopie: Exit vom Brexit?
Von den Folgen des Brexits sind vor allem jene Abgehängten betroffen, die
für ihn gestimmt hatten. Ein Zurück wird es aber auch mit Labour nicht
geben.
FDP fordert Asyl nach „Ruanda-Modell“: Von den Briten nichts zu lernen
Die FDP will Asylverfahren nach dem „Ruanda-Modell“. Wer Geflüchtete um
jeden Preis aus dem Blickfeld schaffen will, nimmt enormes menschliches
Leid in Kauf.
Wegen Verbrechen gegen Menschlichkeit: Klage gegen Ex-Frontex-Chef
Menschenrechtsorganisationen verklagen den Ex-Frontex-Mann und
Rassemblement-National-Politiker Fabrice Leggeri. Grund: seine Rolle bei
Pushbacks.
Britisches Parlament für Abschiebeplan: Direkt nach Ruanda
Großbritanniens Parlament billigt den umstrittenen Plan zur Abschiebung von
Migranten nach Ruanda. Erst dort sollen sie ein Asylverfahren bekommen.
Investitionen in Atomindustrie: Großbritannien will Abschreckung
Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak setzt auf Atomkraft. Mit
hunderten Millionen Pfund soll in Standorte und Arbeitskräfte investiert
werden.
Wahlen in Großbritannien: Foul von rechts bringt Sunak in Not
Der Übertritt eines Tory-Abgeordneten zur Farage-Partei „Reform“ offenbart
die Krise der britischen Konservativen. Zuvor hatte er sich mit Premier
Sunak überworfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.