# taz.de -- Britisches Parlament für Abschiebeplan: Direkt nach Ruanda | |
> Großbritanniens Parlament billigt den umstrittenen Plan zur Abschiebung | |
> von Migranten nach Ruanda. Erst dort sollen sie ein Asylverfahren | |
> bekommen. | |
Bild: Abgeordnete bei der Verlesung des Gesetzestextes am Montagabend im britis… | |
LONDON afp/rtr | Der [1][umstrittene Plan der britischen Regierung] zur | |
Abschiebung von Migranten nach Ruanda hat seine letzte Hürde genommen: | |
[2][Nach langem Streit] billigte das Parlament das Vorhaben in der Nacht zu | |
Dienstag. Das Oberhaus, welches das Vorhaben wiederholt mit Änderungen an | |
das Unterhaus zurückgeschickt hatte, beschloss, keine weiteren Änderungen | |
vorzunehmen. Irregulär eingereiste Flüchtlinge sollen – egal, woher sie | |
kommen – nach Ruanda abgeschoben werden können, das ostafrikanische Land | |
wird dafür als sicheres Drittland eingestuft. Die Opposition und | |
Menschenrechtsaktivisten haben das Vorhaben scharf kritisiert. | |
London hatte [3][den Plan vor zwei Jahren angekündigt]. Das Vorhaben wurde | |
als eine der wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen die illegale Einwanderung | |
bezeichnet, Mitte Januar billigte das britische Unterhaus das Gesetz. Die | |
britische Regierung erhofft sich davon eine abschreckende Wirkung auf | |
Migranten. Eine entsprechende Vereinbarung wurde bereits mit der Regierung | |
in Kigali geschlossen. | |
## Kritik von allen Seiten | |
Die Opposition kritisiert ebenso wie Menschenrechtsaktivisten das Vorhaben | |
massiv. Doch auch unter den Konservativen von Premierminister Rishi Sunak | |
ist das Abkommen umstritten. Hardlinern innerhalb der Tory-Partei des | |
Premierministers geht der Plan der Regierung nicht weit genug – liberale | |
Tories wiederum befürchten, Großbritannien könne gegen internationales | |
Recht verstoßen. | |
Bislang wurde der Plan nicht umgesetzt, das Vorhaben wurde von Beginn an | |
juristisch angefochten. [4][Ein für Juni 2022 geplanter Flug] mit Migranten | |
nach Ruanda wurde [5][nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für | |
Menschenrechte] kurzfristig gestrichen. | |
Der am Montag im Parlament diskutierte Text ist angelehnt an einen neuen | |
Vertrag zwischen Großbritannien und Ruanda. Dieser sieht die Zahlung | |
erheblicher Beträge an Ruanda im Gegenzug für die Aufnahme von Migranten | |
vor. Mit dem nun debattierten Text sollte [6][auf den Obersten Gerichtshof | |
reagiert werden], der das ursprüngliche Vorhaben [7][im vergangenen | |
November für illegal erklärt hatte]. | |
Der Text definiert Ruanda als sicheres Drittland. [8][Zwar präsentiert sich | |
das ostafrikanische Land] mit 13 Millionen Einwohnern als einer der | |
stabilsten Staaten Afrikas. Präsident Paul Kagame wird jedoch vorgeworfen, | |
in einem Klima der Angst zu regieren, indem er unter anderem die | |
Meinungsfreiheit unterdrückt. | |
Das Oberhaus, in dem keine Partei eine Mehrheit hat, hatte den Plan | |
wiederholt mit Änderungen an das Unterhaus zurückgeschickt und so die | |
Verabschiedung des Vorhabens verzögert. Eine Forderung war unter anderem, | |
Ruanda erst dann als sicheres Drittland einzustufen, wenn eine unabhängige | |
Prüfstelle dies feststellt. Schließlich beschloss das Oberhaus, dessen | |
Mitglieder nicht gewählt werden, keine Änderungen mehr vorzunehmen. | |
## Druck von Sunak auf das Parlament | |
Sunak hatte am Montag gesagt, keinen Zweifel daran zu haben, dass das | |
Gesetz durchs Parlament gebracht wird. Er hatte zuvor erklärt, die | |
Regierung werde das Parlament zwingen, so lange wie nötig bis in die Nacht | |
zum Dienstag zu tagen, um das Gesetz zu billigen. „Ohne Wenn und Aber. | |
Diese Flüge gehen nach Ruanda“, sagte Sunak auf einer Pressekonferenz am | |
Montag. | |
Die Abschiebeflüge von Asylbewerbern in das ostafrikanische Land würden „in | |
zehn bis zwölf Wochen“ beginnen, sagte er kurz vor Beginn der | |
entscheidenden Abstimmung im Oberhaus. „Wir sind bereit, die Pläne liegen | |
vor und diese Flüge werden auf jeden Fall starten.“ | |
Sunaks Regierung steht unter wachsendem Druck, die hohe Zahl an | |
Asylsuchenden zu reduzieren, die von Nordfrankreich über den Ärmelkanal mit | |
kleinen Booten kommen. Die Konservativen liegen in Umfragen hinter der | |
oppositionellen Labour-Partei zurück. Nach 14 Jahren Regierung droht ihnen | |
die Opposition. | |
Zehntausende Migranten – viele von ihnen auf der Flucht vor Kriegen und | |
Armut in Afrika, dem Nahen Osten und Asien – sind in den vergangenen Jahren | |
in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen. Allein | |
in diesem Jahr waren es mehr als 2.500 Boote. Die Regierung hat sich zum | |
Ziel gesetzt, diesen Zustrom zu stoppen. | |
Sunaks Pläne könnten noch durch rechtliche Schritte aufgehalten werden. | |
UN-Rechtsexperten haben darauf hingewiesen, dass Fluggesellschaften und | |
Luftfahrtbehörden gegen internationale Menschenrechte verstoßen könnten, | |
wenn sie sich an Abschiebungen beteiligen. Eine Aufsichtsbehörde für | |
öffentliche Aufgaben in Großbritannien schätzt, dass es das Land 540 | |
Millionen Pfund (knapp 626 Millionen Euro) kosten wird, die ersten 300 | |
Migranten abzuschieben. Das wären fast zwei Millionen Pfund pro Person. | |
23 Apr 2024 | |
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