Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Dramaturg über Demokratie am Theater: „Fehlt jemand, klappt es n…
> Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg sucht die „Zukunft der
> Demokratie“. Konzipiert hat die neue Gesprächsreihe der Dramaturg Lukas
> Bärfuss.
Bild: Demokratie als Demo-Anliegen: Teilnehmer einer Kundgebung gegen Rassismus…
taz: Lukas Bärfuss, wie demokratisch geht es am [1][Theater] zu?
Lukas Bärfuss: Das ist eine gute Frage. Da gibt es immer noch viel zu tun.
Demokratie ist ein Prozess, und wir müssen immer noch mehr Menschen
integrieren in die demokratische Entscheidungsfindung. Das gilt für die
Betriebe und ganz sicher auch fürs Theater. Gleichzeitig muss man sagen:
Ich habe gerade ein [2][großes Theaterprojekt] in Einsiedeln in der Schweiz
mit 500 Laiendarstellern – das ist schon auch eine Utopie von Gesellschaft:
Dass da alle an einer Sache arbeiten, die niemand alleine kontrolliert, und
es geht auch nur zusammen. Das erlebt man nämlich am Theater auch: Wenn
jemand fehlt, und sei es nur jemand, der ein Knöpfchen drückt, wird das
Knöpfchen nicht gedrückt – dann funktioniert es nicht. Am Theater wissen
wir also ganz genau, wie stark die Sache von allen abhängig ist. Ich
glaube, deshalb ist es auch immer wieder ein Labor für die Demokratie. In
einer gewissen Weise, einer gewissen Tradition nach, haben gerade in
Deutschland die Aufklärung und damit die Demokratie im Theater einen
Ursprung: in Hamburg mit Lessing. Und es ist immer wieder der Ort gewesen,
an dem das Bürgertum sich selbst erfunden hat.
Nun haben wir den Zusammenhang historisch ausgeleuchtet – was macht die
Bühne geeignet, darauf über die Zukunft der Demokratie nachzudenken? Zu
einem besseren Ort als, sagen wir, die Kneipe …
… oder das Fernsehstudio?
Das Fernsehstudio am Sonntagabend: Da wird auch Theater gespielt, aber
nicht so deklariert.
Ich habe es immer wieder erlebt, dass ideologische Diskurse keine 30
Sekunden lang überlebt haben auf der Bühne. Sie ist eine Art Lupe: Man
erkennt unredliche Argumentation sehr schnell. Ich bin nicht ganz sicher,
woran das liegt. Vielleicht daran, dass man am Dienstag „King Lear“
gespielt hat, und am Mittwoch ist dann die Diskussionsveranstaltung? Ich
glaube, es braucht auf einer Theaterbühne eine große Redlichkeit in der
Argumentation. Da mache ich mir bei meinen Gästen aber überhaupt keine
Sorgen.
Den Auftakt in Hamburg bildet nun der Politologe Herfried Münkler, im Juni
folgt Herta Müller, danach Carolin Emcke … wie ist die Auswahl zustande
gekommen?
Wer sich ansieht, wen ich so alles zu Gast hatte, in München etwa, weiß,
dass ich versuche die Gesamtheit abzubilden, so gut das halt geht. Wir
haben beruflich eine ziemliche Bandbreite, wir haben sie noch nicht so, was
die Generationen angeht – die jungen Stimmen kommen dann im Herbst. Denn
sonst versteht man das Zeug einfach nicht! Man muss immer über den eigenen
Erfahrungshorizont hinaus diskutieren, transnational, transgenerationell,
transgeschlechtlich … das ist entscheidend!
Auch über die Klassengrenzen hinweg, nehme ich an. Wir hatten über das
Bürgertum gesprochen, das sich im Theater erfindet, auch miteinander
verständigt: [3][Bleibt es nicht immer auch ein wenig unter sich], an so
einem Ort?
Wenn ich gerade die Bücher von Herfried Münkler lese, dann müsste man es
schon wieder befürworten, dass man sich kümmert um das doch sehr lädierte
Bildungsbürgertum – das wäre heute schon Randgruppenpflege. Ich habe damit
kein Problem. Das andere ist, dass wir uns natürlich an Demokratinnen und
Demokraten wenden – da bleiben wir hoffentlich unter uns. Was aber die
möglichen Schwellenängste angeht, ins Theater zu gehen: Daran etwas zu
ändern, ist für jede Institution eine große Herausforderung. Auf der
anderen Seite, glaube ich, stößt man da auch auf eine marktwirtschaftliche
Logik: Geht es manchmal nicht vor allem darum, neue Märkte zu erobern?
23 Apr 2024
## LINKS
[1] /Theater/!t5007528
[2] https://www.welttheatereinsiedeln.ch/das-welttheater-einsiedeln/produktions…
[3] /Fehlende-Diversitaet-im-Theater/!5691967
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Theater
Hamburg
Demokratie
Diskussion
Deutsches Schauspielhaus
Correctiv
Schwerpunkt AfD
Theater
## ARTIKEL ZUM THEMA
Correctiv-Recherche im Theater: Es braucht Aufklärung für alle
Die Lesung der Correctiv-Recherche im Berliner Ensemble diente der
politischen Aufklärung. Doch sie richtete sich nur an das
Bildungsbürgertum.
Podiumsgespräch gegen Rechtsruck: Rechte Übergriffe aufs Theater
Was tun gegen das Erstarken der Rechten, das auch Kunst und Kultur
gefährdet? Eine Podiumsdebatte in Berlin hat nach Antworten gesucht.
Theaterdebatte um Zürich: Schweizer Bühnennebel
Das Ende des Modellversuchs im Schauspielhaus Zürich ist vieldeutig. Es
kann auch als Signal für die Verengung von Spielräumen gelesen werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.