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# taz.de -- Höckes SA-Satz: Wer findet sich da schon wieder
> Björn Höcke steht in Halle vor Gericht, weil er mutmaßlich bewusst eine
> Parole der SA verwendet hat. Schon der erste Prozesstag hatte es in sich.
Bild: Björn Höcke am Gericht in Halle, 18. April 2024
Halle taz | Für gewöhnlich beginnen Strafprozesse damit, dass die
Staatsanwaltschaft ihre Anklage verliest. Beim Auftakt im Prozess gegen den
Thüringer AfD-Chef Björn Höcke vor dem Landgericht Halle war das anders.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe bewusst die verbotene
SA-Parole „Alles für Deutschland“ in einer Wahlkampfrede verwendet.
Mit mehreren Anträgen zögerten seine Verteidiger die Verlesung der
konkreten Anklage stundenlang hinaus. Kurz nachdem die Staatsanwaltschaft
sie dann vorgetragen hatte, endete der erste Prozesstag. Inhaltlich war er
nicht, zur Sache ging es trotzdem.
In der Anklage [1][geht es um eine Rede von Höcke], die dieser Ende Mai
2021 vor etwa 250 Zuhörenden in Merseburg hielt. Damals unterstützte er
seine Parteikolleg:innen im benachbarten Bundesland Sachsen-Anhalt
beim Landtagswahlkampf. Zum Ende seiner Rede sagte er, das Wahlkampfmotto
aufgreifend: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für
Deutschland.“
Bei den letzten drei Worten handelt es sich um [2][die verbotene Parole der
sogenannten Sturmabteilung] (SA), einer paramilitärischen Organisation mit
zeitweise Hunderttausenden Mitgliedern. Nach 1933 verlor sie zwar an
Einfluss, doch zuvor organisierte sie rassistische Propaganda und setzte
dabei die rechte Ideologie mit teils tödlicher Gewalt um.
## Verboten
In Deutschland ist die Verwendung der Parole verboten. Wie bei allen
verfassungswidrigen und terroristischen Organisationen ist es strafbar, die
Kennzeichen zu verwenden – auch die Parolen. Wer sie doch verwendet, muss
mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.
Am Donnerstag in Halle äußerte sich der Angeklagte Björn Höcke nicht zu den
Vorwürfen. Er war in dunklem Anzug mit blauer Krawatte im Gerichtssaal
erschienen und trug in der Hand ein paar Karten, als sei er auf eine lange
Rede vorbereitet. Auf den Kärtchen zu sehen: das Logo der AfD im Thüringer
Landtag.
Der bekannte Politiker saß zwischen seinen drei Verteidigern auf der
Anklagebank, hinter ihm Personenschutz. Den Kopf betont bedächtig auf die
linke Hand gestützt, verfolgte Höcke, wie seine Anwälte einen Antrag nach
dem anderen stellten.
Gleich mit dem ersten setzte die Verteidigung den Ton. Die
Staatsanwaltschaft kritisierte diesen Antrag umgehend als „verpackte“
Eröffnungsrede. Aber sein Inhalt könnte trotzdem ein Hinweis auf die
Verteidigungsstrategie des AfD-Politikers sein.
Seine Anwälte beantragten, der Prozess solle digital aufgezeichnet werden.
Sie hätten unter anderem Sorge, dass der Angeklagte in einem politisch
motivierten Prozess verurteilt werde. Der Vorwurf einer „politischen
Geheimjustiz“ ließe sich durch eine Aufzeichnung entkräften. Zudem sei
unklar, wie die bisherige Berichterstattung das Gericht beeinflusst habe.
## Vier Pausen
Der Vorsitzende Richter Jan Stengel ordnete daraufhin zur Beratung die
erste von vier Pausen an. Danach lehnte er den Antrag ab. Eine gerichtliche
Tonaufnahme entspreche nicht dem geltenden Recht. Zudem bestehe keine
Gefahr, dass dem Angeklagten ein unfaires Verfahren droht. Später sagte
Richter Stengel noch, Höcke stehe frei, sich nach dem Prozess auch an das
Verfassungsgericht zu wenden.
Auf die erste Ablehnung folgten Beanstandungen und Beschwerden. Aber am
Ende wurden alle Anträge der Verteidiger Höckes abgelehnt. Staatsanwalt
Benedikt Bernzen kritisierte zudem den Umgang der Anwälte von Höcke. Als er
zum ersten Mal ansetzte, um die Anklage vorzutragen, hatte ihn Höcke-Anwalt
Ulrich Vosgerau unterbrochen.
Höcke selbst zeigte sich entspannt, obwohl mehrere hundert Demonstrierende
zu Beginn der Verhandlung vor dem Justizzentrum in Halle gegen ihn
protestierten. Im Saal saßen nicht nur 45 Journalist:innen, sondern auch
Unterstützer:innen des rechtsextremen Politikers. Höcke winkte nach der
zweiten Pause ein-, zweimal ins Publikum.
Ein zweiter Fall war am Mittwoch vom Verfahren abgetrennt worden. In diesem
hatte Höcke in Gera bei einer Rede „Alles für …“ gesagt, aber statt sel…
das letzte Wort in den Mund zu nehmen, hatte er eine Handgeste zum Publikum
gemacht. Das vervollständigte daraufhin vielstimmig: „… Deutschland!“ Die
Staatsanwaltschaft hat beantragt, dass der Fall wieder aufgenommen wird.
Die nächste Verhandlung steht in der kommenden Woche am Dienstag an.
Richter Stengel ließ anklingen, dass im weiteren Prozessverlauf auch der
[3][Auftritt von Höcke bei Welt TV] eine Rolle spielen könnte. Dort hatte
Höcke vor einem Millionenpublikum behauptet, die SA-Parole sei nur ein
„Allerweltsspruch“. Auf X (früher Twitter) klagte er hingegen bezüglich d…
Anklage, „in Deutschland wird jeder Patriot als Nazi diffamiert“, das solle
verhindern, „dass Deutschland sich wiederfindet“. Wie sich Deutschland in
der Parole der SA wiederfinden solle, erklärte er nicht. Aber im Laufe des
Prozesses will er sich auch noch äußern.
Hinweis: In einer früheren Version stand, die Staatsanwaltschaft habe eine
Tonaufzeichnung beantragt. Das stimmt nicht, es war die Verteidigung des
Angeklagten Björn Höcke. Wir haben das korrigiert und bitten, den Fehler zu
entschuldigen.
18 Apr 2024
## LINKS
[1] /Hoecke-Prozess-wegen-SA-Parole/!6004606
[2] /Verfassungswidrige-NS-Parole/!5960203
[3] /TV-Debatte-von-Hoecke-und-Voigt/!6001296
## AUTOREN
David Muschenich
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