# taz.de -- TV-Debatte von Höcke und Voigt: „Nicht gelungen, ihn zu entlarve… | |
> Nach dem TV-Duell zwischen CDU und AfD wird um die Deutungshoheit | |
> gekämpft. Ein Experte zieht ein negatives Fazit. | |
Bild: Björn Höcke (AfD, l) und Mario Voigt (CDU, r), Spitzenkandidaten für d… | |
Nachdem schon in der Nacht massenhaft Lobeshymnen und Verrisse gepostet | |
wurden, geht am Tag danach der Kampf um die Deutungshoheit weiter. Mario | |
Voigt, CDU-Landeschef in Thüringen und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl | |
im September, hat Freitagfrüh zum Hintergrundgespräch geladen. | |
Daraus zitiert werden darf nur das, was im Anschluss freigegeben wird. | |
Deshalb nur so viel: Der CDU-Mann gibt sich zufrieden mit sich und dem | |
Fernsehduell, das er sich am Donnerstagabend zur besten Sendezeit bei | |
WeltTV mit seinem [1][Gegenkandidaten von der AfD], Björn Höcke, geliefert | |
hat. Ausgerechnet Höcke, einer der Radikalsten der AfD, der vom | |
Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft wird. „Das ist der | |
richtige Weg“, sagt Voigt. „Die Unterschiede sind deutlich geworden.“ | |
Als besonders wichtig wertet der CDU-Mann, dass Höcke den Begriff | |
„Remigration“ umgedeutet habe, als er und die beiden Moderator*innen | |
ihn damit konfrontierten. „Remigration“ bedeutet für die Neue Rechte | |
gemeinhin die millionenfache Ausweisung von Menschen mit | |
Migrationshintergrund, auch solcher mit deutschem Pass. Höcke hatte das | |
schon 2018 in einem Buch klar ausgeführt. Im Duell soll es nun plötzlich um | |
Deutsche gehen, die ins Ausland abgewandert sind und zurückgeholt werden | |
sollen. „Damit wird Höcke unglaubwürdig, in seiner Community wird ihm das | |
langfristig schaden“, sagt Voigt. | |
Der [2][Kommunikationsberater Johannes Hillje], der sich schon lange mit | |
der AfD beschäftigt, dagegen meint: „Höcke hat ein taktisches Verhalten zur | |
eigenen Position und ist damit wieder durchgekommen.“ Und | |
Selbstverharmlosung – also der Versuch, die eigene Agenda weniger radikal | |
erscheinen zu lassen, um breitere Gruppen anzusprechen – ist für | |
Rechtsextremisten eben eine wichtige Strategie. | |
## Für Voigt hat sich der Abend gelohnt | |
Das Beispiel zeigt, wie unterschiedlich man auf das blicken kann, was sich | |
da am Donnerstagabend 71 Minuten lang abgespielt hat. Es ging um Europa, | |
Migration und Erinnerungskultur. Immerhin: Die Katastrophe ist | |
ausgeblieben. Auch wenn Mario Voigt brauchte, um den richtigen Ton zu | |
finden und beim Thema Wirtschaft ins Straucheln geriet, verloren hat er den | |
Zweikampf nicht. Doch gut ist damit noch lange nichts. | |
Für Voigt allerdings hat sich der Abend bereits gelohnt, strategisch ging | |
es für ihn um zweierlei: b[3][ekannter zu werden] und Ministerpräsident | |
Bodo Ramelow (Linkspartei) als Hauptgegner abzuräumen. Die AfD liegt in den | |
Umfragen zwar deutlich vorne, da aber niemand mit ihr koalieren will, wird | |
der Kampf um das Amt des Ministerpräsidenten wohl zwischen CDU und Linken | |
ausgetragen. Mario Voigt will deshalb die Landtagswahl zu einem Duell | |
zwischen CDU und AfD machen. Wer den Rechtsextremisten Höcke verhindern | |
will, muss für die CDU stimmen, das soll die Message an die Wähler*innen | |
sein. | |
„Es ist einfach, ihn einen Faschisten zu nennen. Das muss ich nicht machen, | |
das hat ein Gericht schon gemacht“, sagt Voigt über Höcke irgendwann im | |
Duell. Dass er für seine eigene Profilierung in Kauf nimmt, diesem | |
Faschisten ein bundesweites Podium zu bieten, das Höcke als ganz normalen | |
Mitbewerber erscheinen lässt und Rechtsextremismus so normalisiert, wurde | |
schon im Vorfeld heftig kritisiert. Höcke bespielt das auch damit, dass er | |
den Christdemokraten penetrant „Kollege Voigt“ nennt. Dass all dies | |
ausgerechnet am Jahrestag der Befreiung des Thüringer Konzentrationslagers | |
Buchenwald passiert, kommt noch hinzu. | |
Andere hatten Voigt zu seinem Mut gratuliert. Kommunikationsberater Hillje | |
ärgert das. „Es ist nicht gelungen, Björn Höcke inhaltlich zu entlarven, | |
wie Voigt das selbsterhöhend versprochen hat“, sagt er. Die Unterschiede | |
seien bereits vorher klar gewesen. Höcke habe „gelogen, verdreht, | |
verharmlost“ und sei damit durchgekommen. In Bedrängnis gekommen sei der | |
Rechtsextremist nicht bei inhaltlichen, sondern ideologischen Fragen, wie | |
etwa der Erinnerungspolitik. | |
Was die Frage aufwirft, ob man einen wie Höcke in einem solchen TV-Format | |
überhaupt inhaltlich stellen kann. Johannes Hillje meint, am Donnerstag hat | |
es keinen Gewinner gegeben. Und fügt hinzu: „Wenn es zwischen einem | |
Demokraten und einem Rechtsextremisten keinen Gewinner gibt, ist das | |
schlecht für die Demokratie.“ | |
12 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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