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# taz.de -- Niedersachsen startet Windenergie-Ausbau: Ausgleichszahlungen für …
> Niedersachsen will mehr Windräder aufstellen. Um die Akzeptanz zu
> erhöhen, sollen die Betreiber Kommunen und Anwohner finanziell
> beteiligen.
Bild: Sieht nach einer lukrativen Lage aus: viele Windräder, wenige Wohnhäuse…
Osnabrück taz | Niedersachsen will die Genehmigung von Anlagen für
erneuerbare Energie an Land neu regeln. Einen 50-seitigen Gesetzentwurf der
Landesregierung soll der Landtag in dieser Woche beschließen. Er ist ein
Aufbruch ins Neuland, denn künftig soll bei Windkraftanlagen die
finanzielle Beteiligung der betroffenen Kommunen und Anwohner verpflichtend
werden, um die Akzeptanz zu erhöhen.
Wer im [1][Kartenportal des „Energieatlas Niedersachsen“] des
Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz das Häkchen bei „Windenergieanlage“ setzt, könnte denke…
Schon ganz schön zugebaut, das Land.
Rund 6.300 Anlagen sind in Niedersachsen in Betrieb, mit einer Leistung von
12,7 Gigawatt. Das ist mehr als ein Fünftel der bundesweit installierten
Windenergie-Gesamtleistung. Niedersachsen ist damit Spitzenreiter in
Deutschland.
Aber das ist erst der Anfang. Der Energiehunger nimmt zu. Zugleich
verschärft sich die [2][Klimakrise]. Mehr [3][Windenergie] soll her, und
das schnell. Damit das funktioniert, braucht es mehr Akzeptanz in Kommunen
und Bevölkerung.
„Nicht zuletzt geht es um die Demokratisierung der Energiewende“, sagt
Marie Kollenrott der taz, Landtagsabgeordnete der Grünen,
Fraktionssprecherin für Energie und Klimaschutz. „Und wir legen hier eine
Blaupause für die anderen Bundesländer und den Bund vor. Das ist eines der
größten Vorhaben unserer Rot-Grün-Legislatur.“ Robert Habeck,
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, habe auch schon Interesse
gezeigt.
Kollenrott hat den Gesetzentwurf mitverfasst, der auch den Bau von
Freiflächen-Photovoltaikanlagen neu regelt. Der Entwurf legt regionale
Teilflächenziele fest, um das Generalziel Niedersachsens zu erreichen, 2,2
Prozent der Landesfläche als Windenergiegebiete auszuweisen. Zudem schreibt
er die Aufstellung neuer Raumordnungspläne vor.
Sein Kernstück ist jedoch die Beteiligung von Kommunen und Bevölkerung am
wirtschaftlichen Ertrag neuer Windenergieanlagen. Auf Freiwilligkeitsbasis
gibt es das schon. Jetzt wird es verbindlich.
Der Anlagenbetreiber muss betroffenen Gemeinden 0,2 Cent pro eingespeister
Kilowattstunde als „Akzeptanzabgabe“ zahlen, zudem den Anwohnern innerhalb
eines Radius von 2,5 Kilometer 0,1 Cent. Um diese Partizipation zu
gewährleisten, stehen dem Betreiber viele Wege zur Verfügung, von der
Direktzahlung und der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Unternehmen
bis zum vergünstigten Stromtarif.
„Das ist eine Beteiligung der vielen“, sagt Kollenrott und stellt eine
Beispielrechnung auf: Angenommen, ein Windpark von drei Anlagen zu je 5
Megawatt erzeugt bei 2.500 Vollast-Betriebsstunden pro Jahr 37,5 Millionen
Kilowattstunden Strom, brächte das der Kommune jährlich 75.000 Euro ein.
Gesetzt, 500 Anwohner melden ihren Anspruch an, bekommt jeder 75 Euro pro
Jahr. Meldet sich niemand, fallen die 0,1 Cent zusätzlich an die Kommune,
für gemeinwohlorientierte Vorhaben. „Die Bürger sollen merken: Das ist auch
mein Windrad“, sagt Kollenrott. Ende April könnte das Gesetz in Kraft
treten. „Es wird große Strahlkraft haben“, hofft Kollenrott.
Horst Mangels, als Geschäftsführer der Energie 3000 Energie- und
Umweltgesellschaft mbH in Alfstedt Windparkprojektierer und -betreiber,
lobt den Vorstoß von Rot-Grün: „Das ist wirklich ein Vorbild. Gut, dass
eine solche Akzeptanzabgabe jetzt verpflichtend ist. Man muss die Menschen
vor Ort einbinden. Das macht Mühe, aber es lohnt sich.“
## Hoffnung auf schnelleren Ausbau
Mangels, zugleich Geschäftsführender Vorstand des Landesverbands
Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen (LEE) und dadurch in das
Gesetzgebungsverfahren eingebunden, hat bisher 107 Anlagen gebaut, meist
unter Beteiligung lokaler Investoren. Vor zwei Jahren entstand eine Enercon
E-138 EP3 in Ebersdorf. „Da haben wir 71 Gesellschafter. Und wir haben die
Anteile bewusst klein gehalten, damit sich möglichst viele beteiligen
konnten.“
„Viele Bürger finden die Windkraftnutzung generell gut. Nur in ihrer
Nachbarschaft wollen sie sie nicht unbedingt haben“, sagt Mangels. Doch er
ist überzeugt: „Wenn man die Leute informiert, zu Gesprächen einlädt, ihnen
etwas zurückgibt, kann man den Großteil überzeugen.“
Ob die finanzielle Beteiligung die [4][Akzeptanz der Windkraftnutzung]
wirklich erhöht, wird Ergebnis einer Abwägung vor Ort sein. Schall und
Schattenwurf bleiben ja als Problem bestehen, die Veränderung des
Landschaftsbildes. Naturschützer werden weiter vor Bodenverdichtung und
Flächenfraß warnen, vor Auswirkungen auf das Lokalklima, tödlichen Folgen
für Vögel, Fledermäuse und Insekten.
Kollenrott ist überzeugt, dass sich mit dem neuen Gesetz „die Dinge
beschleunigen“. Am Ende könnten die 2,2 Prozent Landesfläche sogar
überschritten werden. „Es gibt Kommunen“, sagt Kollenrott, „die erklären
sich schon jetzt bereit, mehr Fläche zur Verfügung zu stellen, als sie
eigentlich müssten.“
16 Apr 2024
## LINKS
[1] https://energieatlas.niedersachsen.de/startseite/
[2] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262
[3] /Windkraft/!t5010089
[4] /Kulturwissenschaftlerin-ueber-Windenergie/!5951103
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Niedersachsen
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