# taz.de -- Angriffe auf Journalist*innen: Beleidigungen, Tritte, Faustschläge | |
> Die Angriffe auf Journalist*innen in Deutschland sind zurückgegangen. | |
> Warum das kein Grund zum Aufatmen ist und welche Maßnahmen es braucht. | |
Bild: Bauern protestieren in Berlin – und hetzen gegen Medien | |
Die Zahl der Übergriffe auf Journalist*innen ging 2023 auf 41 zurück. | |
Das geht aus einem Bericht der [1][Reporter ohne Grenzen (RSF)] hervor. | |
2022 waren es noch 103 Attacken. Dass Angriffe wie Tritte, Faustschläge und | |
„Lügenpresse“-Rufe zurückgehen, ist erleichternd. Aber das Klima bleibt | |
rau, schreibt RSF. | |
Das gefährlichste Bundesland für Medienschaffende bleibt mit 12 Angriffen | |
Sachsen. Am gefährlichsten ist es für Reporter*innen auf politischen | |
Veranstaltungen und Demonstrationen aus dem rechtsextremen Spektrum. | |
In den letzten Jahren waren Querdenken-Demonstrationen für die hohe Anzahl | |
von Übergriffen verantwortlich. 2023 hat ein neues Phänomen dazu | |
beigetragen, dass das „Feindbild Presse“ in die breite Gesellschaft | |
getragen wurde: Blockaden von Landwirt*innen mit Treckern und | |
Misthaufen. | |
„In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine immer | |
pressefeindlichere Stimmung ausgebreitet“, ist das Fazit von RSF. | |
Angesichts dieser Entwicklungen und der kommenden Landtags – und | |
Europawahlen, gibt es einiges, was Politiker*innen, Medienhäuser und die | |
Zivilgesellschaft tun müssen, um Journalist*innen im zu schützen: | |
1. Schutz der Reporter*innen im Feld | |
Polizeibeamte vor Ort müssen Ansprechpartner*innen für | |
Reporter*innen sein und in Gefahrensituationen schnell helfen. Die | |
Polizeibehörden müssen dafür genügend über die Rechte der Presse aufgeklä… | |
sein. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) empfiehlt, Presse- und | |
Informationsstellen bei Demonstrationen und die Einführung eines | |
bundeseinheitlichen Presseausweises. | |
2. Da hinschauen, wo es brennt | |
Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), das die | |
Studie „Feindbild Journalist“ herausgibt, blickt mit Sorge auf die | |
Landtagswahlen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Gerade in diese | |
Bundesländer sollten Medienhäuser ihre Reporter*innen deshalb vermehrt | |
hinschicken, auch damit tatsächliche Missstände keinen weiteren Zündstoff | |
für Hass gegen Journalist*innen liefern. | |
3. Pressefreiheit auf die politische Agenda | |
Europaweit sind Medienschaffende zunehmend in ihrer Sicherheit bedroht. | |
Eine ausreichende Gesetzeslage muss geschaffen werden, um | |
Journalist*innen in ihrem Grundrecht der freien Berichterstattung zu | |
unterstützen. Der Europarat empfiehlt den EU-Mitgliedsstaaten eine | |
Datenbank, die es Journalist*innen erleichtert, Angriffe zu melden. | |
Eine wichtige EU-Richtlinie zum Schutz für Journalist*innen vor | |
Einschüchterungsklagen (SLAPPs) wurde dieses Jahr auf den Weg gebracht. Die | |
Richtlinie muss im deutschen Recht umgesetzt werden. | |
4. Verantwortung der Medienhäuser | |
Arbeitgeber*innen müssen Ansprechpersonen bei Angriffen sowie | |
psychologische und juristische Unterstützung bieten. Das muss auch für | |
freie Mitarbeiter*innen gelten, die nicht durch Tarifverträge | |
geschützt sind. 2022 haben die Gewerkschaft Verdi und andere einen | |
Schutzkodex geschaffen. Mit dem verpflichten sich Verlage zu bestimmten | |
Standards. Das ist ein guter Schritt und mehr Medienhäuser sollten sich der | |
Initiative anschließen. | |
5. Sicherheitstrainings für Journalist*innen | |
Vor den kommenden Landtagswahlen bietet etwa Verdi Sicherheitstrainings an, | |
die Journalist*innen dabei unterstützt, sicher von Kundgebungen zu | |
berichten. | |
6. Über die Gewalt sprechen – auch außerhalb der Zeitung | |
Dass etwa die Trecker-Blockaden und „Lügenpresse“-Rufe aus den Reihen der | |
Landwirte problematisch sind, darüber muss diskutiert werden. Am Esstisch, | |
im Schulunterricht und beim Kaffee mit Freund*innen. Denn nur so kann die | |
europaweit zunehmende Gefahr für die Pressefreiheit als | |
gesamtgesellschaftliches Problem erkannt werden – und die Zahl der | |
[2][Angriffe bald hoffentlich auf null] reduziert werden. | |
9 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Pressefreiheit-in-Deutschland/!5931475 | |
[2] /Angriffe-gegen-Journalistinnen/!5762456 | |
## AUTOREN | |
Ann-Kathrin Leclere | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Reporter ohne Grenzen | |
Rechtsextremismus | |
Journalismus | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
China | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mentale Gesundheit im Journalismus: Arbeit im Haifischbecken | |
An der Helpline von Netzwerk Recherche helfen Journalist*innen ihren | |
Kolleg*innen. Das verbessert aber nicht die mentale Gesundheit am | |
Arbeitsplatz. | |
Pressefreiheit in China: Noch mehr Einschränkung der Presse | |
Journalistische Arbeit wird in China immer schwieriger, klagen die dortigen | |
Auslandskorrespondenten. Jeder zweite berichtet von Schikanen der Polizei. | |
Pressefreiheit in Deutschland: Abstieg um fünf Plätze | |
Im Pressefreiheits-Ranking von Reporter ohne Grenzen rutscht Deutschland | |
auf Rang 21 ab. Hauptproblem sind mehr Angriffe auf Medienschaffende. | |
Angriffe gegen Journalist:innen: Gegen die neue Normalität | |
Angriffe auf Jornalist:innen haben zugenommen. Um sie besser zu | |
schützen, hat eine Initiative einen Schutzkodex für Medienhäuser | |
erarbeitet. |