| # taz.de -- Erinnern an die Todesmärsche: „Eine brutale Bewachung“ | |
| > In Bremen werden zwei Gedenkstelen zur Erinnerung an die „Todesmärsche“ | |
| > der KZ-Häftlinge im April 1945 enthüllt. Etliche überlebten nicht. | |
| Bild: Scharf bewacht: Geschwächte wurden, solange es ging, beim „Todesmarsch… | |
| taz: Frau Dirolf, warum wurden KZ-Häftlinge kurz vor Ende des Zweiten | |
| Weltkriegs auf „Todesmärsche“ gezwungen? | |
| Ines Dirolf: Weil die SS beschlossen hatte, die Konzentrationslager und | |
| ihre Außenlager zu „evakuieren“. Sie sollten nicht den vorrückenden | |
| Alliierten als [1][Tatzeugen] in die Hände fallen. Da die Alliierten von | |
| Osten, Süden und Westen näher rückten, trieb die SS die Häftlinge immer | |
| weiter nach Norden. Die Bezeichnung „Todesmarsch“ verweist auf die vielen | |
| Todesopfer der tage- bis wochenlangen Zugtransporte und Fußmärsche der | |
| durch die KZ-Haft entkräfteten, unterernährten, oft kranken Menschen. | |
| Welche Rolle spielten die KZs Bremen-Bahrsplate und Bremen-Farge, wo jetzt | |
| Gedenkstelen enthüllt werden? | |
| Beide waren Außenlager des [2][KZ Neuengamme] und Stationen eines großen | |
| norddeutschen „Todesmarschs“ Anfang April 1945. Häftlinge aus den anderen | |
| Bremer Außenlagern – Schützenhof, Blumenthal und Osterort – sowie aus | |
| Meppen-Versen und Wilhelmshaven wurden zunächst nach Farge getrieben. Das | |
| KZ Bremen-Farge diente ab April 1945 als Durchgangslager für evakuierte | |
| KZ-Häftlinge aus den norddeutschen Außenlagern. Einen Teil von ihnen | |
| brachte die SS auf Todesmärsche mit dem Ziel KZ Neuengamme. Ein anderer | |
| Teil kam in das „Auffanglager“ im Kriegsgefangenenlager [3][Sandbostel]. | |
| Die SS brachte etwa 9.500 KZ-Häftlinge nach Sandbostel, von denen nur ein | |
| Teil die Befreiung durch britische Truppen Ende April erlebte. | |
| Und wie erging es den Häftlingen, die von Farge nach Neuengamme verschleppt | |
| wurden? | |
| Diese fast 3.000 Menschen erwartete ein weiterer „Todesmarsch“, als auch | |
| das KZ Neuengamme geräumt wurde. Allein 10.000 Häftlinge wurden zur | |
| Lübecker Bucht und dort auf die Schiffe „[4][Cap Arcona]“, „Thielbek“ … | |
| „Athen“ gebracht. Beim Beschuss der Schiffe durch die britische Luftwaffe | |
| am 3. Mai 1945 starben etwa 7.000 Häftlinge. | |
| Was hatten sie auf den „Todesmärschen“ erlebt? | |
| Katastrophale Verpflegung und eine brutale Bewachung: Wer nicht mehr gehen | |
| konnte, wurde erschossen. Viele begrub man am Straßenrand oder neben den | |
| Bahngleisen. Andere wurden auf den Friedhöfen der Dörfer bestattet, durch | |
| die der „Todesmarsch“ zog. In vielen Dörfern lassen sich solche Gräber | |
| finden, und Dokumente berichten von entsprechenden Bestattungen. | |
| Diese Märsche Tausender KZ-Häftlinge passierten also vor aller Augen. | |
| Ja, sicher. Ein Zug von mehreren Hundert KZ-Häftlingen konnte einem kaum | |
| entgehen. Das Wissen darüber in den Dörfern ist allerdings oft gering. Nur | |
| wenige sprachen darüber. Viele von ihnen waren damals Kinder, die am | |
| Straßenrand standen. Heutzutage sind die Gemeinden bei der Aufstellung der | |
| Gedenkstelen sehr kooperativ – auch darin, das Wissen um die | |
| „Todesmärsche“ bekannter zu machen und daran zu erinnern. | |
| Wie viele Gedenkstelen planen Sie? | |
| Acht der geplanten 13 Stelen stehen schon. Wir möchten so die Route dieses | |
| „Todesmarschs“ von Bremen bis Sandbostel kennzeichnen, damit Interessierte | |
| sie erwandern oder mit dem Fahrrad abfahren könnten. | |
| Was steht auf den Stelen? | |
| Auf einer Seite „Todesmarsch“, auf der anderen „April 1945“. | |
| Mehr nicht? | |
| Leider nein. Es wäre wünschenswert, einen QR-Code für weitere Information | |
| dort anzubringen. Das Projekt ist Teil des von der Landesregierung | |
| finanzierten Programms „75 Jahre Demokratie in Niedersachsen – Alles | |
| klar?!“ Mehr ließ der finanzielle Rahmen nicht zu. | |
| Wurden die SS-Männer, die die „Todesmärsche“ kommandierten, nach 1945 zur | |
| Rechenschaft gezogen? | |
| Oft kamen sie mit [5][milden Strafen] davon. Johann Reese, | |
| stellvertretender Lagerkommandant in Farge, wurde allerdings 1946 in Hameln | |
| hingerichtet. Und Ulrich Wahl, der letzte Kommandant in Farge, starb | |
| vermutlich bei der Versenkung der „Thielbek“ in der Lübecker Bucht. | |
| 13 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Petra Schellen | |
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