# taz.de -- Ehrung für Gedenk-Aktivistin: Weinen. Und dann etwas tun. | |
> Die Hamburgerin Barbara Hüsing engagiert sich seit über 40 Jahren für den | |
> Gedenkort Bullenhuser Damm. 1945 haben SS-Männer dort 20 Kinder getötet. | |
Bild: Immer noch nicht alle identifiziert: Gedenk-Stelen für die 1944 am Bulle… | |
„Es reicht nicht zu weinen. Man muss auch etwas tun.“ Geweint hat Barbara | |
Hüsing trotzdem, als sie zum ersten Mal den Keller der Hamburger Schule am | |
Bullenhuser Damm betrat. Dort hatten SS-Schergen im April 1945 zwanzig | |
jüdische Kinder aus Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden und der | |
Slowakei sowie zwei Häftlingsärzte und zwei Häftlingspfleger ermordet. Denn | |
da die Tuberkulose-Versuche, mit denen SS-Arzt [1][Kurt Heißmeyer] die | |
Kinder im KZ Neuengamme gequält hatte, illegal waren, wollte man sich nun | |
der Zeugen entledigen. Auch 24 bis heute namenlose sowjetische | |
Kriegsgefangene wurden in jener Nacht getötet. | |
All das war kein Thema, als die Schule 1948 wieder öffnete. Erst Ende der | |
1970er Jahre wurden die Kindermorde durch mehrere „Stern“-Artikel des | |
Journalisten Günther Schwarberg bekannt. Gemeinsam mit seiner Frau, der | |
Anwältin Barbara Hüsing, die am Montag in Hamburg das Bundesverdienstkreuz | |
bekam, begann er zu recherchieren. 1979 gründeten sie gemeinsam mit | |
Angehörigen der Kinder die „[2][Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm]“ | |
und richteten eine kleine Gedenkstätte ein. | |
Die Gedenkstätte in der inzwischen aufgegebenen Schule betrieb der Verein | |
lange privat, „denn wir waren nicht sicher, dass die Stadt den Ort in | |
unserm Sinne weiterführen und das Gebäude [3][als Gedenkort erhalten] | |
würde“, sagte Hüsing am Montag. Eine angesichts des langen Kampfs um die | |
[4][KZ-Gedenkstätte Neuengamme] begreifliche Sorge. | |
Aber die Sensibilität wuchs, und 1999 übernahm die Stadt die Trägerschaft | |
der Gedenkstätte, gliederte sie der KZ-Gedenkstätte Neuengamme an. Die | |
bietet regelmäßig Führungen an und hält, gemeinsam mit dem Verein, Kontakt | |
zu den Angehörigen, inzwischen in der dritten Generation. Viele kamen, | |
gestalteten auch die Stelen für die Kinder im „Rosengarten“ mit, den der | |
Verein vor der Schule anlegte. | |
Eine niederländische Angehörige aber blieb fern. „Sie sagte, sie komme erst | |
nach Deutschland, wenn der Mittäter Arnold Strippel verurteilt sei“, sagt | |
Hüsing. In der Tat wurde Strippel, gegen den Barbara Hüsing im Auftrag der | |
Angehörigen 1979 Strafanzeige stellte, nie verurteilt. Verbittert ist | |
Hüsing nicht, aber ihr ist klar: Die Arbeit des Vereins mit Vorträgen und | |
Ausstellungen gegen Antisemitismus und Rassismus bleibt traurig aktuell. | |
5 Mar 2024 | |
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[2] https://www.kinder-vom-bullenhuser-damm.de/ | |
[3] /NS-Gedenkort-in-Hamburg/!5944070 | |
[4] /KZ-Gedenkstaette-Neuengamme/!5960316 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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