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# taz.de -- Umgang mit Antisemitismus in Deutschland: Kritik ist noch kein Verb…
> Das Wehklagen in der postnazistischen Gesellschaft ist groß. Kritik an
> Antisemitismus wird schnell als McCarthyismus abgetan. Das ist unehrlich.
Bild: Klare Kante: „Gemeinsam gegen linken, rechten und islamistischen Antise…
Viel werden derzeit ein „McCarthyismus“ und [1][enge „Meinungskorridore“
beklagt]. Diese Vorstellung von vermeintlichen „Meinungsverboten“ befremdet
mich. Spricht man mit den Betroffenen von Antisemitismus und Rassismus,
berichten viele von der Sorge, nicht ernst genommen zu werden. Spricht man
mit 40 Prozent der Deutschen, äußern diese die Sorge, ihre Meinung nicht
mehr frei äußern zu können. Doch welche Sanktionen müssen sie fürchten? Was
ist außer Gegenrede zu erwarten?
Hannah Arendt schrieb, dass wir uns „sprechend und handelnd“ in die Welt
einschalten und dafür Verantwortung übernehmen müssen. Ich halte es für
wichtig, zu erkennen, dass Antisemitismus im Alltag kaum als strafrechtlich
relevant auftritt. Wir leben in einer postnazistischen Gesellschaft. Er
wird kaschiert und codiert. Die einen raunen von „Globalisten“ und andere
[2][vergleichen Israelis] – oder gleich pauschal Jüdinnen*Juden – mit
den Nazis.
Um herauszufinden, ob eine Person antisemitisch ist, müsste man ihr tief in
den Kopf schauen. Da aber oft keine psychoanalytische Chaiselongue zur
Verfügung steht, bleibe ich bei dem, was ich bewerten kann: den Aussagen.
Und eine Gleichsetzung (expressis verbis nicht der Vergleich) von Israel
und dem Nationalsozialismus schließt an ein in Deutschland immer stärker
werdendes Bedürfnis an: das nach dem Schlussstrich.
## Kritik ist noch lange kein Verbot
Die Geschichte ist erst schiefgeheilt, wenn sich deutsche
Täter*innenschaft dadurch relativiert, dass das einstige Opfer nun
„genauso“ schlimm handele. Die Gleichsetzung ist unstattlich, weil sie die
Ideologie verkennt. Präzedenzlos ist die Shoa nicht wegen der Mittel,
sondern wegen ihres Zieles der industriellen Vernichtung einer kompletten
Bevölkerungsgruppe.
Kritik an solchen Gleichsetzungen ist immer geboten, kommt aber in keinem
Fall einem Verbot gleich. Der Streit darüber ist notwendig, damit
relativierende Positionen eingeordnet werden können. Wer genauer hinschaut,
hat die Chance zu erkennen, dass es gar nicht um Meinungsverbote geht,
sondern um eine zunehmende Sensibilität, von der der Soziologe Aladin
El-Mafaalani gesprochen hat. [3][Rassistische und antisemitische Positionen
werden nicht mehr einfach so hingenommen].
Könnte man sich den Auftritt von Jonny Buchardt aus dem Jahr 1973 heute
noch vorstellen, als dieser seine Zuschauer*innen anleitete nach dem
Freudenruf „Zicke zacke zicke zacke! – Hoi hoi hoi!“ auf die Ansage „Si…
mit „Heil“ zu antworten? Wir müssen im Gespräch bleiben, dafür kämpfe i…
Aber ich kämpfe auch dafür, dass man Dinge beim Namen nennt.
26 Mar 2024
## LINKS
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[3] /Schwarze-gegen-Antisemitismus/!5987233
## AUTOREN
Monty Ott
## TAGS
Mc-Carthy-Ära
Holocaust
Antisemitismus
Meinungsfreiheit
Jüdisches Leben
Antisemitismus
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Kulturförderung
BDS-Movement
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