| # taz.de -- Doku „Berlin Utopiekadaver“: Die Freiheit wird geräumt | |
| > Wider klischeehafte Zuschreibungen von steinewerfenden Chaoten. Eine Doku | |
| > über Berlins linke Szene kommt den Menschen ungewöhnlich nahe. | |
| Bild: In den Gesprächen wirkt die Szene resigniert | |
| In Berlin hat man eigentlich immer das Gefühl, Zeug_in von etwas zu sein, | |
| das gerade zu Ende geht. In den letzten Jahren konnte man beobachten, wie | |
| immer mehr (Frei-)Räume verschwinden, der Immobilienkapitalismus über die | |
| Stadt hineinbricht und sie unter sich platt walzt. | |
| Das klingt dramatisch. Ist es auch. In der Doku „Berlin Utopiekadaver“, ein | |
| Porträt der linksautonomen Szene in der Haupstadt, ist wenig Raum für | |
| Hoffnung. Denn in einem relativ kurzen Zeitraum wurde ein selbstverwalteter | |
| Ort nach dem anderen geräumt: [1][die Liebig34,] die Potse, der Köpi, die | |
| Meuterei oder das Syndikat. | |
| Hinter den süßen Spitznamen verstecken sich linke Bars und Wagenplätze, | |
| Hausprojekte und Jugendclubs. Das seien „Orte, die zeigen, dass was anderes | |
| möglich ist. Orte außerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik“, wie | |
| eine Bewohnerin des besetzen Hauses Liebig34 es beschreibt. | |
| In der Berichterstattung werden die Menschen, die hinter diesen Orten | |
| stehen, oft als gewaltbereite Chaot_innen gezeichnet. Als Menschen, die | |
| Häuser besetzen, weil sie keine Lust haben zu arbeiten und eigentlich den | |
| ganzen Tag nur saufen und Steine werfen wollen. Diesem Bild setzt | |
| Filmemacher Johannes Blume etwas dagegen. | |
| ## Polizei ohne Stimme | |
| In seiner Doku, die beim Max-Ophüls-Filmfestival Premiere feierte, | |
| verzichtet er auf einen einordnenden Kommentar, auch Polizei und Politik | |
| kommen nicht zu Wort. | |
| Die linken Aktivist_innen, Musiker_innen und Schutzsuchenden selbst stehen | |
| im Zentrum. Blume ist [2][bei der Räumung des Köpi-Wagenplatzes] und bei | |
| den letzten Tagen bis zur Schließung des Jugendzentrums Potse dabei, er ist | |
| auf Demos und spricht mit den Kollektiven. Er kommt der Szene wirklich | |
| ungewöhnlich nah. | |
| Und diese Nähe ist die große Stärke der Doku. Wer im Detail verstehen will, | |
| welcher politische Wille und welche Fehlentscheidungen hinter der | |
| Räumungswelle stehen, muss auf andere Berichte und Dokus | |
| ([3][beispielsweise „Capital B“]) zurückgreifen. | |
| Doch wer ein Gefühl dafür bekommen will, was Berlin in den letzten Jahren | |
| alles verloren hat und wie wenig die Stadt dafür gekämpft hat, wichtige und | |
| alternative Rückzugsorte zu erhalten, bekommt das ganze Ausmaß der Misere | |
| zu sehen. | |
| 7 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Hausprojekt-Raeumung-in-Berlin/!5723223 | |
| [2] /Raeumung-des-Koepi-Wagenplatzes-in-Berlin/!5808168 | |
| [3] /Berlin-Serie-Capital-B/!5959745 | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| IG | |
| Linke Szene | |
| Gentrifizierung | |
| Dokumentarfilm | |
| taz Plan | |
| Filmemacher | |
| Feminismus | |
| taz Plan | |
| Ostberlin | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bewegungstermine in Berlin: Denn sie ruhen nicht in Frieden | |
| Im Oktober jähren sich die Räumungen des Køpi-Wagenplatzes und der Liebig | |
| 34. Doch der Widerstand gegen Gentrifizierung ist noch lange nicht vorbei. | |
| Filmfestival „achtung berlin“ wird 20: Made in Berlin (und Brandenburg) | |
| Seit 20 Jahren bringt das Festival „achtung berlin“ Produktionen aus der | |
| Hauptstadtregion auf die Leinwand. Alternative Lebensentwürfe sind im | |
| Fokus. | |
| Autorin Sophia Fritz: „Sehnsucht nach mehr Ehrlichkeit“ | |
| Autorin Fritz findet den Begriff „toxische Weiblichkeit“ aus feministischer | |
| Sicht hilfreich. Er bezeichne Verhaltensmuster, die Solidarität | |
| verhinderten. | |
| Kinotipp der Woche: Unvorstellbare Freiräume | |
| Subkultur in Zeiten der Mauer: „B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin | |
| 1979–1989“ prämierte 2015 auf der Berlinale. Nun läuft die 80er-Doku im | |
| Sputnik. | |
| Dokuserie über Berlin: Ruinierte Stadt | |
| Der Dokumentarfilm „Capital B“ erzählt in fünf Teilen die Entwicklung | |
| Berlins seit 1989. Es ist die Geschichte eines beispiellosen Niedergangs. | |
| Berlin-Serie Capital B: Anarchie und Größenwahn | |
| Eine Dokuserie zeigt die Geschichte Berlins seit dem Mauerfall. Trotz aller | |
| Widerstände wurde die Stadt so, wie es sich die CDU-Riege damals ausmalte. |