# taz.de -- Jürgen Trittin über Proteste in Biberach: „Das war ein rechter … | |
> Wegen gewaltsamer Proteste haben die Grünen ihren Politischen | |
> Aschermittwoch abgesagt. Auch Jürgen Trittin musste deshalb auf seine | |
> Rede verzichten. | |
Bild: Anti-Ampel-Protest von Landwirten in Biberach am Mittwoch | |
taz: Herr Trittin, Sie waren als Redner beim Politischen Aschermittwoch der | |
Grünen in Biberach eingeplant – neben Winfried Kretschmann, Cem Özdemir | |
und Ricarda Lang. Sind Sie im Ruhestand etwa nicht ausgelastet? | |
Jürgen Trittin: Nee, das war ein Abschiedsgeschenk des Kreisverbands | |
Biberach. Das habe ich sehr gerne angenommen. | |
Und worüber wollten Sie in Ihrer Rede sprechen? | |
Ich hätte darauf hingewiesen, dass in diesen Zeiten erstens ruhiges | |
Kurshalten das Gebot der Stunde für uns Grüne ist. Und dass zweitens | |
zwischen Demokraten eines klar sein sollte: Die Völkischen sind völkisch. | |
Aber sie sind nicht das Volk. Wir sind die Demokratie. Wir machen uns nicht | |
mit Antidemokraten gemein. | |
Zu Ihrer Rede kam es aber nicht. Wegen aggressiver Proteste vor der Halle | |
[1][haben die Grünen die Veranstaltung abgesagt]. Wie haben sie die | |
Situation erlebt? | |
Aus eigener Beobachtung kann ich dazu wenig sagen – ich bin schon | |
Dienstagabend in Biberach angekommen, habe in der Nacht die Trekker in der | |
Stadt gehört und bin schon relativ früh heute Morgen in die Halle gekommen. | |
Daher habe ich selbst nichts direkt mitbekommen von den gewaltsamen | |
Auseinandersetzungen auf der Straße, bei denen wohl Schlagstöcke zum | |
Einsatz kamen und die Scheibe eines Begleitfahrzeugs der Polizei zerstört | |
wurde. Die Polizei in Biberach hat die Veranstalter dann dringend ersucht, | |
auf die Durchführung zu verzichten. | |
Aus welchem Spektrum kamen die Protestierenden? | |
Die Menschen, die ich auf meinem Weg aus der Halle gesehen habe, waren zum | |
kleineren Teil Angehörige des Bauernverbandes. Die sind etwas abseits vom | |
Geschehen sehr friedlich mit Cem (Landwirtschaftsminister Özdemir, Anm. d. | |
Red.) zu einem Treffen zusammengekommen. Vor der Halle standen Rechte mit | |
einem einfachen Anliegen: Die Ampel muss weg und die Grünen müssen weg. Das | |
war ein organisierter rechter Mob. | |
In der Geschichte Ihrer Partei spielten ziviler Ungehorsam und | |
Blockade-Aktionen lange Zeit auch eine Rolle. Wo liegt da der Unterschied | |
zu den aktuellen Protesten? | |
Der Unterschied ist einfach: Das eine war gewaltfreier Widerstand. Das | |
andere, in Biberach, waren vorsätzliche Angriffe auf Polizeibeamte und | |
Fahrzeuge. Das hat es in der Geschichte der Grünen nie gegeben. Wir waren | |
immer eine gewaltfreie Partei. | |
Haben [2][die aktuellen Proteste gegen die Grünen] eine neue Qualität oder | |
… | |
Es sind keine Proteste gegen die Grünen! Wenn eine Veranstaltung eines | |
Ministerpräsidenten, eines Bundesministers und der Vorsitzenden einer | |
Regierungspartei nicht mehr durchgeführt werden kann, weil 200 Leute | |
gewalttätig dagegen vorgehen, dann haben dieser Staat und diese Demokratie | |
ein Problem. | |
Was muss jetzt passieren? | |
Ich glaube, dass sich die Polizei in Baden-Württemberg ernste Fragen | |
stellen lassen muss, warum sie nicht in der Lage war, eine Veranstaltung | |
des eigenen Ministerpräsidenten so abzusichern, dass sie durchgeführt | |
werden kann. | |
Für die Grünen könnte diese Art von Protesten auch in den kommenden | |
Wahlkämpfen ein Problem werden. Wie sollte die Partei damit umgehen? | |
Noch mal: Es ist kein Problem der Grünen. Was hier passiert, ist ein | |
organisierter Angriff auf die Meinungsfreiheit und auf das Recht, auf | |
Veranstaltungen am Ende des Karnevals zu spotten und zuzuspitzen. Hier sind | |
alle Parteien gefordert, diesen putschistischen Umtrieben einen Riegel | |
vorzuschieben. | |
Und was machen Sie mit dem freien Tag in Biberach? | |
Ich stehe jetzt auf dem Münchner Hauptbahnhof. Ich fahre zurück nach | |
Berlin. | |
14 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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