| # taz.de -- Keine Barrierefreiheit bei Stationsumbau: Schönheit vor Nutzen | |
| > Der Bremer Senat will für den Umbau der Umstiegsstation Domsheide eine | |
| > auseinandergezogene Variante – Barrierefreiheit und Effizienz sind | |
| > zweitrangig. | |
| Bild: Wie barrierefrei sollen Fahrgäste an der Domsheide in Bremen künftig um… | |
| Bremen taz | Wuselig ist es an der Domsheide in Bremen. Je nach Schätzung | |
| steigen hier täglich zwischen 50.000 und 100.000 Menschen um, hoffen auf | |
| bremsende Autos, Fahrräder und Straßenbahnen, während sie von einem | |
| Haltestellenteilpunkt zum nächsten hechten. | |
| Pläne für den [1][Umbau der wichtigen Umsteigestation] gibt es seit 2018. | |
| Attraktiver sollte das östliche Ende der City werden; vor allem aber auch | |
| sicherer und zugänglicher. Und: „Mit der Umgestaltung der Domsheide soll | |
| eine vollständige Barrierefreiheit an Haltestellenanlagen […] erreicht | |
| werden“, heißt es als eines der Muss-Ziele des Umbaus im Mai 2019. | |
| Diese vollständige Barrierefreiheit ist [2][ab 2022 durch das | |
| Personenbeförderungsgesetz des Bundes vorgeschrieben]. In der Variante, die | |
| die Stadt umsetzen möchte, ist sie nun aber gar nicht gewährleistet, lautet | |
| die Kritik der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen | |
| (LAGS). Gemeinsam mit dem Verkehrswendebündnis „Einfach Einsteigen“ hat die | |
| LAGS eine Petition veröffentlicht, um das noch zu ändern. | |
| Zwei Planungsvarianten kristallisierten sich 2019 als Favoriten heraus – | |
| die auseinandergezogene Variante 2.3 und die gebündelte Variante 5.1. Bei | |
| der ersten bleiben die Einstiegspunkte der beiden Gleistrassen so wie heute | |
| getrennt – allerdings sind sie noch etwas weiter auseinandergezogen als | |
| bisher. Bei der gebündelten Variante werden die zwei Haltepunkte an | |
| [3][neuer Stelle vor dem Konzerthaus Glocke] zusammengelegt. | |
| ## Nicht besser, sondern schlechter | |
| Die Petition rechnet vor, dass die auseinandergezogene Variante 2.3 durch | |
| den komplizierteren Umstieg zu längeren Fahrzeiten von bis zu zwölf Minuten | |
| führen könnte. Vor allem aber sei die Variante nicht barrierefrei. 910 | |
| Unterstützer*innen haben sich schon gefunden. Noch bis zum 1. März | |
| [4][kann man unterschreiben.] | |
| Der Senat hat sich allerdings schon Anfang Februar für Variante 2.3 | |
| entschieden. Ein Problem sieht man in der Behörde damit nicht: Schließlich | |
| würden mit 2.3 „beide Teilhaltestellen der Domsheide barrierefrei | |
| zugänglich gemacht“. Gemeint ist, dass der Bahnsteig höher gelegt wird – | |
| Rollstuhlfahrende müssen sich nicht mehr mit einem Lift in die Bahn | |
| heben lassen. | |
| Barrierefreiheit werde damit aber nicht erreicht, kritisiert der ehemalige | |
| Landesbehindertenbeauftragte und 2. Vorsitzender des Vereins Selbstbestimmt | |
| Leben, Joachim Steinbrück. „Die Situation wird sogar schlechter als heute.“ | |
| Denn vollständige Barrierefreiheit, wie vom Gesetz vorgesehen, ist nur | |
| gegeben, wenn mobilitätseingeschränkte Personen den Nahverkehr „in der | |
| allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis“ nutzen können. | |
| In der Planungsvariante 2.3 werden die beiden Teilstationen aber noch 50 | |
| Meter weiter auseinandergezogen. „Eine fitte Fußgängerin kann dort | |
| vielleicht in ein, zwei Minuten umsteigen, ich als blinder Mensch werde das | |
| mit Sicherheit nicht schaffen“, kritisiert Steinbrück. | |
| ## Konzerthaus sticht Barrierefreiheit | |
| Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) sei bei einem Treffen überrascht | |
| gewesen über die Kritik der Behindertenverbände, erinnert sich Steinbrück. | |
| Dabei hatte ursprünglich auch die Verkehrsbehörde aufgrund der besseren | |
| Barrierefreiheit und der besseren Verkehrsbeziehungen den Plan 5.1 | |
| präferiert. Die damalige Senatorin [5][Maike Schaefer (Grüne) verwarf | |
| Variante 2.3 vor drei Jahren bereits öffentlich.] | |
| Doch zwischen den Entscheidungen der Behörde liegt eine Wahl, ein | |
| Senatorinnenwechsel – und eine intensive Diskussion in der Stadt: Bei der | |
| gebündelten Variante 5.1 würde die Haltestelle für alle Linien in Höhe des | |
| Konzerthauses Glocke verlegt. Als das bekannt wurde, begann in den | |
| Leserbriefspalten der örtlichen Presse ein Ansturm der | |
| Glocke-Unterstützer*innen. | |
| Der Blick auf das Konzerthaus würde gestört, [6][so eines der Argumente,] | |
| die sich nach und nach durchgesetzt haben. In der Senatsvorlage von Anfang | |
| Februar heißt es, man habe in der Abwägung „zugunsten der überragenden | |
| städtebaulichen Bedeutung der Domsheide“ entschieden. | |
| ## Städtebaulicher Gestaltungswettbewerb gefordert | |
| Das Ressort argumentiert auch mit den Anlieferverkehren von Lkws und | |
| Tourbussen für das Konzerthaus. Eine mögliche zentrale Haltestelle vor der | |
| Glocke wird außerdem mit dem zentralen Haltepunkt vor dem Bremer | |
| Hauptbahnhof verglichen. „Das will doch wirklich niemand“, so | |
| Pressesprecher René Möller. | |
| Die Petition versucht diese Bedenken zu entkräften und wirbt für einen | |
| Gestaltungswettbewerb. So könne „eine gemeinsame Haltestellenanlage vor der | |
| Glocke“ sogar „als Tor zu dem Konzerthaus und zur Innenstadt ausgestaltet | |
| werden“, schreiben die Petent*innen. | |
| 2 Mar 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Debatten-um-Bremer-Strassenbahn-Trasse/!5792532 | |
| [2] /Barrierefreier-OePNV/!5832750 | |
| [3] /Tram-entzweit-Bremer-Koalition/!5813050 | |
| [4] https://petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsdetails&am… | |
| [5] /Die-Tram-ist-inklusiv-nur-vor-der-Glocke/!5767364/ | |
| [6] https://www.weser-kurier.de/bremen/domsheide-im-wandel-landesmusikrat-gegen… | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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