| # taz.de -- Stadtplanung ohne Inklusionsgedanken: Bremen baut Barrieren auf | |
| > Die Umgestaltung einer zentralen Haltestelle in Bremen halten Verbände | |
| > für nicht barrierefrei. Trotz Schlichtungsverfahren macht die Stadt | |
| > weiter. | |
| Bild: Der Knotenpunkt Domsheide aus der Vogelperspektive: Beim Umbau wird es ni… | |
| Bremen taz | Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte meint es ernst mit | |
| der Inklusion: „Behindertenrechte gehen jede und jeden an und sind eines | |
| mit absoluter Sicherheit nicht: Nice to have“, schreibt er im Vorwort des | |
| Landesaktionsplans zur UN-Behindertenrechtskonvention, der im Juli | |
| herausgekommen ist. Doch bei ihren aktuellen Planungen lasse der Senat die | |
| Barrierefreiheit außer Acht, kritisiert die Landesarbeitsgemeinschaft | |
| Selbsthilfe Behinderter Menschen Bremen (LAGS). | |
| Streitpunkt ist die [1][Umgestaltung der Haltestelle Domsheide] vor dem | |
| Konzerthaus Glocke: Zwei Varianten stünden prinzipiell zur Wahl; der Senat | |
| hat sich auf eine Option festgelegt, die viele Akteure für nicht | |
| barrierefrei halten. Während die Stadt am Dienstagabend ihre Planungen für | |
| die Umgestaltung präsentieren und damit die nächste Phase einleiten will, | |
| plant der Verein „Selbstbestimmt Leben“ gemeinsam mit anderen Verbänden | |
| eine Kundgebung vor dem Konzerthaus. | |
| Seit 2019 plant die Stadt die Umgestaltung des unübersichtlichen | |
| Umstiegsknotenpunktes am östlichen Eingang zur Innenstadt. Aus drei | |
| Richtungen kommen hier fünf Straßenbahn- und zwei Buslinien zusammen – und | |
| nutzen zwei getrennte Haltepunkte. Um von der Nord-Süd-Trasse auf die | |
| Ost-West-Verbindung umzusteigen, müssen Bus- und Bahnfahrende ein gutes | |
| Stück laufen, dabei auf kreuzende Fahrradfahrer und abbiegende Autos | |
| achten. | |
| Auf die grundsätzliche Ausgestaltung hatte sich der Senat bereits im | |
| Februar 2024 festgelegt. Klar ist demnach: Es wird weiterhin zwei getrennte | |
| Haltepunkte geben. Bis zu 185 Meter müssen beim Umsteigen zurückgelegt | |
| werden. Das ist in etwa so lang wie heute und damit schon ein Erfolg des | |
| Planungsverfahrens – ursprünglich sollten die beiden Umstiegspunkte sogar | |
| noch weiter auseinanderrücken. | |
| Es hätte eine Variante gegeben, die auch das senatseigene Gutachten von | |
| 2019 in den meisten Aspekten besser bewertet hatte: Eine zentrale | |
| langgezogene Haltestelle vor dem Konzerthaus Glocke. Doch das soll | |
| insgesamt aufgewertet werden und eine Haltestelle vor dem Konzerthaus kann | |
| sich der Senat nicht gut vorstellen. Und so schlug am Ende die „zentrale | |
| städtebauliche Bedeutung“ (Senat) des Platzes für die Bremer Innenstadt die | |
| Bedenken rund um Barrierefreiheit und Fahrgastfreundlichkeit. | |
| ## Wege sind zu weit | |
| Das Problem ist der Weg zwischen den beiden Umstiegspunkten, erklärt | |
| Florian Grams, stellvertretender Geschäftsstellenleiter der LAGS Bremen. | |
| „Die Umstiegswege, die nach den Senatsplänen entstehen, sind für alle | |
| Fahrgäste zu lang. Für mobilitätsbeeinträchtigte Menschen sind sie eine | |
| echte Zumutung.“ | |
| Einig ist man sich mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren: Der | |
| Sozialverband Deutschland sieht ältere Menschen durch die geplante Variante | |
| im Nachteil; die Bremer ÖPNV-Initiative „Einfach Einsteigen“ hatte im | |
| vergangenen Jahr in einer Petition nur die andere Variante als | |
| „fahrgastfreundlich“ eingestuft. Und auch das Stadtteilparlament, der | |
| Beirat Mitte, hat sich in seinem Votum klar für eine zentrale Haltestelle | |
| ausgesprochen. | |
| Ein Schlichtungsverfahren nach dem Bremischen | |
| Behindertengleichstellungsgesetz hat im Juni begonnen; sollte man sich dort | |
| mit der Stadt nicht einig werden, plant der Verein „Selbstbestimmt Leben“ | |
| Klage einzulegen. Viel Hoffnung auf eine erfolgreiche Schlichtung hat man | |
| nicht. Eine Stellungnahme, die der Richter im Schlichtungsverfahren bis | |
| Ende Juli von der Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) eingefordert hat, ist | |
| bisher nicht eingegangen, so der Vorsitzende von Selbstbestimmt Leben, | |
| Bremens ehemaliger Landesbehindertenbeauftragter Joachim Steinbrück. | |
| Eine Klage ist also wahrscheinlich. Wie groß deren Aussichten auf Erfolg | |
| sind? Aus Sicht der Stadt erfüllt die gewählte Variante die Erfordernisse | |
| der Barrierefreiheit. Schließlich werden an beiden Punkten die Bahnsteige | |
| höhergelegt und erlauben damit einen ebenerdigen Einstieg in Bus und Bahn – | |
| anders als bisher. | |
| Erfolgsaussichten für eine Klage sehen die Verbände dennoch. „Je mehr ich | |
| mich damit beschäftige, desto sicherer bin ich mir“, so Steinbrück – und | |
| verweist auf Selbstverpflichtungen der Stadt: Das Haltestellenkonzept des | |
| zentralen Verkehrsverbunds Bremen Niedersachsen beruft sich demnach auf | |
| Empfehlungen von Forschern, dass Umsteigeanlagen nicht weiter als 50, im | |
| Ausnahmefall 100 Meter voneinander entfernt sein sollen. „Das Land Bremen | |
| hat sich selbst an diese Empfehlungen gebunden“, so Steinbrück. | |
| Die Stadt äußert sich am Montag vor Redaktionsschluss auf Anfrage nicht | |
| mehr dazu, warum man der Gestaltungsebene Vorrang vor der Barrierefreiheit | |
| und der Fahrgastfreundlichkeit gibt. In seiner zuvor herausgegebenen | |
| Pressemitteilung schreibt der Senat: „Besondere Sorgfalt wurde auf die | |
| Integration der funktionalen, verkehrstechnischen, denkmalpflegerischen | |
| sowie auf die vom Landesbehindertenbeauftragten vertretenen Interessen | |
| gelegt.“ | |
| Hinweis: In der ursprünglichen Fassung dieses Artikels stand, der Weg | |
| zwischen den beiden Haltepunkten werde durch den Umbau noch länger als | |
| bisher. Dieser alte Planungsstand ist mittlerweile überholt. | |
| 12 Aug 2025 | |
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| [1] /Keine-Barrierefreiheit-bei-Stationsumbau/!5992224 | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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