# taz.de -- Vom Fußball lernen: Mit Tennisbällen gegen die AfD | |
> Der Protest der Fußball-Fans war erfolgreich. Was tun mit den ganzen | |
> Tennisbällen, die nun nicht mehr gebraucht werden? | |
Bild: Wunderwaffe Tennisbälle | |
Seit Wochen versammeln sie sich jede Woche zu Tausenden, um ein Zeichen zu | |
setzen. Sie treffen sich an unwirtlichen Orten in der tiefsten Provinz wie | |
Sinsheim oder Elversberg, wo es großen Mut erfordert zu protestieren. Sie | |
wehren sich gegen einen übermächtigen Gegner, während ihnen von | |
Zeitungskolumnisten und sogenannten Experten gesagt wird: Das bringt doch | |
nichts. | |
[1][Und dann gewinnen sie.] | |
Gemeint sind nicht die Proteste gegen rechts, sondern der [2][Erfolg der | |
Fußballfans] gegen den Versuch der Deutschen Fußball Liga (DFL), ein | |
Geschäft mit [3][einem Investor] abzuschließen. Es ist ein bisschen dick | |
aufgetragen, aber das ist im Sportjournalismus ja erlaubt: Dieser Sieg ist | |
historisch. Wann hat einmal eine so bunte Bewegung einen Deal verhindert, | |
bei dem es um mehr als eine Milliarde Euro ging? | |
Erfolgreich war der Protest, weil er anders als der gegen rechts ein | |
Druckmittel hatte. Die Fans sind sich ihrer eigenen Macht bewusst geworden. | |
Gemeinsam können sie zu jedem Zeitpunkt ein Spiel unterbrechen. Alles, was | |
sie dafür brauchten, waren ein paar Tennisbälle. Mag die Kommerzialisierung | |
des Fußball noch so weit fortgeschritten sein – ein Fußballspiel verkauft | |
sich schlecht, wenn die ZuschauerInnen nicht mitmachen. Wären die Fans nur | |
mit ein paar frechen Spruchbändern aufgetaucht, hätten sich die | |
Sportfunktionäre über ihren Einspruch hinweggesetzt. | |
## Viele sind zu zivilem Ungehorsam bereit | |
Der Protest der Fußballfans zeigt, dass viele Menschen bereit sind zu | |
zivilem Ungehorsam. Als das letzte Mal eine Bewegung gegen rechts einen | |
großen Erfolg feierte, war auch ein kollektiver Regelübertritt dafür | |
verantwortlich. Das Bündnis Dresden Nazifrei schaffte es, dass sich | |
Tausende an Straßenblockaden gegen den damals größten Naziaufmarsch in | |
Europa beteiligten. Heute treffen sich die Nazis nicht mehr in Dresden, das | |
brauchen sie nicht mehr. Sie sitzen in den Parlamenten, da lassen sie sich | |
schwerer mit Straßenblockaden oder Tennisbällen aufhalten. | |
Man kann den Protesten gegen rechts nicht vorwerfen, dass sie anders | |
funktionieren als der Protest im Stadion. Auch wenn die Vorstellung | |
verlockend ist: Wann immer Alice Weidel irgendwo auftritt, fliegen | |
Tennisbälle. Aber vielleicht wurde in den vergangenen Wochen doch zu viel | |
darüber diskutiert, ob sich ein paar Konservative auf den Demos gegen die | |
AfD auch wohlfühlten, und zu wenig darüber, wie der Protest mächtiger | |
werden könnte. | |
Doch auch wenn Tennisbälle nicht die AfD aufhalten werden, heißt das noch | |
lange nicht, dass sie in der Politik völlig nutzlos sind. Über | |
Kleinanzeigen werden nun Tennisbälle zum Kauf angeboten, die schon für den | |
nächsten Spieltag gekauft worden waren und jetzt nicht mehr benötigt werden | |
– zumindest nicht für den Protest auf Fußballfeldern. | |
Im Fraktionssaal, Pardon, im Gruppenraum der Linken im Bundestag könnte man | |
mit ihnen ein Bällebad anlegen, [4][das ist das Letzte, was der Partei noch | |
für ihren Kindergarten fehlt.] Spielerisch können sich die Genossinnen so | |
wieder näher kommen, bis die Durchsage über den Lautsprecher verkündet: | |
„Der kleine Dietmar vermisst seine Sahra, er kann am Eingang abgeholt | |
werden.“ | |
Und dann wäre da noch Markus Söder, der sich über einen Schwung Tennisbälle | |
freuen würde. Dass er gerade so unausgeglichen wirkt, liegt vielleicht | |
daran, dass er kaum noch zu seinem liebsten Hobby kommt, dem Tennisspielen. | |
[5][Dem tennis MAGAZIN sagte er mal:] „Mein Rückhandslice hat mir oft aus | |
der Patsche geholfen.“ Und: „Ich war keiner, der in Schönheit sterben | |
wollte.“ Auch wenn man diese Gefahr bei Söder als eher gering einschätzt, | |
wäre es doch schön, wenn er sich wieder mehr der Schönheit des Spiels | |
widmen könnte, als im Bierzelt hässliche Dinge zu verbreiten. | |
25 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Kersten Augustin | |
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