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# taz.de -- Glückloser Vizekanzler: Habeck als Bergdoktor
> Schade für die Grünen, dass die Qualitäten des Bergdoktors in der Politik
> nicht ausreichen. Einvernehmlich Schlussmachen ist das Gebot der Stunde.
Bild: Robert Habeck hat eigentlich die Qualitäten des Bergdoktors, aber halt n…
Ach, wenn doch alles nur so gut ausgehen könnte wie beim „Bergdoktor“. Ich
möchte hier nicht spoilern, falls es taz-LeserInnen gibt, die noch gespannt
auf die letzten linearen Sendetermine der aktuellen Staffel warten, aber
so viel kann ich sagen nach dem Spicken in der Mediathek: Das meiste fügt
sich auch diesmal mit viel Glück zum Besten. Kein Wunder, dass regelmäßig 6
Millionen Leute zuschauen. So wie ich.
Die Serie ist ideal für alle, die meine Vorliebe für Friede, Freude,
frische Luft und Kaiserschmarrn teilen, sich aber aus finanziellen und/oder
ökologischen Gründen auch nur zwei Tage Skifahren im Jahr leisten können,
um ihre Sehnsucht nach Alpenkitsch und Ablenkung zu stillen. Für uns ist
Dr. Martin Gruber da. Er lässt alle Krisen vergessen und kuriert den
Weltschmerz.
Dabei ist der beliebteste Österreicher Deutschlands seit dem Zweiten
Weltkrieg in seinem Hauptberuf als Arzt eigentlich höchstens so geeignet
wie Thomas Tuchel als Bayern-Trainer oder Olaf Scholz als Ampel-Chef.
In jeder Folge trifft der Bergdoktor auf PatientInnen, die plötzlich
unerklärliche Leiden haben, er diagnostiziert und verschreibt dann immer
irgendwas, aber meistens erst einmal das Falsche und wenig später brechen
seine Schützlinge erst so richtig zusammen.
## Wie Robert Habeck in Höchstform
Da eine Blitzheilung kein Handlungsstrang für 90 Minuten wäre, zieht sich
die Genesung hin. Die Kranken und die Fans verzeihen dem lieben Martin alle
Fehler, weil er über den Charme eines hübschen, wenn auch gealterten
Skilehrers verfügt, der selbstsicher Kompetenz ausstrahlt, auch wenn er sie
nicht hat, und vor allem, weil er so einfühlsam kommuniziert. Zu Deutsch:
ein Typ wie Robert Habeck in Hochform.
[1][Schade für die Grünen], dass die Talente eines Bergdoktors in der
Politik eher nicht ausreichen, um langfristig Erfolg zu haben. Da wird
weniger verziehen, jedenfalls bei Parteien, die selbst einen hohen
moralischen Anspruch haben. Geduld gibt es schon gar nicht, wenn die Welt-
und Wirtschaftslage so „dramatisch schlecht“ ist, wie [2][der Minister für
Wirtschaft, Klimaschutz und Welterklärung] jetzt diagnostizert hat. Leider
traut ihm kaum noch jemand zu, die Konjunktur, geschweige denn, die Welt
nachhaltig aufzupäppeln, seit er die völlig richtig analysierte Erhitzung
der Patientin Erde mit einem völlig missglückten Heizungsaustausch
lindern wollte.
## Was Habecks Chef will, weiß kein Mensch
Anders als der unverzagte Doktor Gruber kann der glücklose Vizekanzler
seine ungelösten Problemfälle Wirtschaft und Klima auch nicht schnell zu
einem stets hilfsbereiten Freund in der bestens ausgestatteten Dorfklinik
fahren. Von seinen Kollegen hat der ergraute Grüne keine Hilfe zu erwarten.
Der Finanzminister weist alle Schulden von sich und empfiehlt, das globale
Fieber schlicht zu ignorieren und [3][lieber die Steuern zu senken, aber
nur für Unternehmen], was Habeck auch zu tun bereit ist. Selbst wenn dann
für soziale Anliegen erst recht kein Geld mehr da ist, was den
Gesundheitsminister jetzt schon dazu treibt, alle Dorfkliniken zu
schließen.
Und was Habecks Chef will, weiß kein Mensch. Wenn man Scholz zuletzt
richtig verstanden hat, mehr Geld fürs Militär. Aber woher das kommen soll,
bleibt ebenso offen wie die Frage, [4][ob mit den „weitreichenden Waffen“,
die seine eigenen Ampelfraktionen für die Ukraine fordern, auch der
„Taurus“ gemeint ist], weshalb eine besonders rüstige Frontfrau der FDP
lieber gleich mit der Union gestimmt hat.
Am besten wäre es wahrscheinlich, wenn sich die unheilbar zerstrittenen
Ampelpartner – wie eben auch der FC Bayern und sein Trainer, wie der
Bergdoktor und seine Freundinnen – einvernehmlich trennen. Aber an wen soll
sich Habeck dann wenden? Die Opposition wirkt ja auch nicht gerade
attraktiv. Die rechte blockiert alles und droht nach ganz rechts
abzudriften, die linke zerteilt sich in immer kleinere Untergruppen.
Einzige Perspektive: Bei „Germany’s Next Topmodel“ dürfen aus diversen
Gründen neuerdings alle Geschlechter mitmachen. Bestimmt auch bald
Senioren. Das wäre dann auch für mich eine echte Alternative zum
„Bergdoktor“.
24 Feb 2024
## LINKS
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[4] /Bundestagsdebatte-ueber-Ukraine-Krieg/!5989364
## AUTOREN
Lukas Wallraff
## TAGS
Kolumne Der rote Faden
Thomas Tuchel
Robert Habeck
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Waffen
Klima
Wärmepumpe
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GNS
Kolumne Die Wahrheit
Konjunktur
Wirtschaft
FC Bayern München
Christian Lindner
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