# taz.de -- Uiguren als Zwangsarbeiter*innen: VW prüft Geschäft in Xinjiang | |
> Der deutsche Autobauer steht unter Druck. Es gibt neue Vorwürfe von | |
> Menschenrechtsverletzungen gegen die chinesischen Partner. | |
Bild: Demonstration während der Hauptversammlung von Volkswagen in Berlin im M… | |
Berlin taz | Der deutsche Autokonzern VW will seine Tätigkeit in der | |
chinesischen Provinz Xinjiang auf den Prüfstand stellen. Nach Vorwürfen von | |
Menschenrechtsverletzungen erklärte der Konzern am Mittwoch, er prüfe mit | |
seinem Joint-Venture-Partner SAIC die künftige Ausrichtung seiner | |
Geschäftsaktivitäten. „Bisher lagen uns keine Hinweise auf | |
Menschenrechtsverletzung vor“, so VW. | |
Das Handelsblatt hatte am Mittwoch über Hinweise berichtet, dass beim Bau | |
einer Teststrecke von VW in der chinesischen Region Xinjiang Angehörige der | |
[1][Minderheit der Uiguren] als Zwangsarbeiter*innen eingesetzt worden | |
seien. | |
Nach „Tipps von VW-Mitarbeitern“, bat das Medium den Soziologen Adrian | |
Zenz, den Fall zu untersuchen. Der für seine Forschung zur | |
Menschenrechtslage der Uiguren bekannte Wissenschaftler durchforstete dafür | |
das chinesische Internet. | |
Und wurde fündig. Zwischen 2015 und 2019 wurde in Turpan in der Region | |
Xinjiang ein VW-Testgelände für Fahrzeuge gebaut und zusammen mit dem | |
VW-Partner und Staatskonzern SAIC eröffnet. Gebaut wurde die Teststrecke | |
von der China Railway Engineering Corporation (CREC). | |
„In den Berichten des CREC und des Xinjiang Test Track Project heißt es | |
offen, dass das Xinjiang Test Track Project während des Höhepunkts der | |
Masseninternierungen in den Jahren 2017 und 2018 transferierte uigurische | |
Überschussarbeiter beschäftigte“, [2][schreibt Zenz auf der | |
Online-Plattform X]. | |
## Berichte der Bauunternehmen dokumentieren Zwangsarbeit | |
Dazu veröffentlicht er ein Foto. Darauf sieht man uigurische | |
Arbeiter*innen in militärischen Uniformen. Einige haben rote Blumen in | |
der Hand, „ein typisches Merkmal der Zwangsversetzungen“, schreibt Zenz. In | |
der Bildunterschrift stehe: „Das SAIC Volkswagen und CREC 4th Bureau | |
Xinjiang Test Track Project rekrutiert gemeinsam uigurische und andere | |
ethnische Minderheiten als Arbeitskräfte für das Projekt.“ | |
Weil unabhängige Untersuchungen in der Region Xinjiang von der chinesischen | |
Regierung untersagt werden, ist die Beweislage zu Masseninternierung und | |
Zwangsarbeit von Uiguren in Unternehmen insgesamt dünn. „Das erste Mal gibt | |
es einen direkten Beleg, dass es Zwangsarbeit beim Bau der Teststrecke des | |
Joint Ventures VW/SAIC gab. [3][Bis jetzt galten die Vorwürfe vor allem den | |
Lieferkette]n“, sagt Hanno Schedler, Referent für Genozid-Prävention bei | |
der Gesellschaft für bedrohte Völker der taz. | |
Der Druck auf VW wird also stärker: Einige Politiker und Menschenrechtler | |
fordern seit Jahren den Rückzug des Autokonzerns aus der Region Xinjiang. | |
Jetzt sind auch Investoren alarmiert. „Die heutigen Vorwürfe haben eine | |
neue Dimension“, erklärte Nachhaltigkeitschef Janne Werning von Union | |
Investment. „Damit kommt Volkswagen für unsere nachhaltigen Publikumsfonds | |
jetzt nicht mehr infrage.“ Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil | |
(SPD) nannte die Berichterstattung „besorgniserregend“. Das Bundesland ist | |
mit 20 Prozent an VW beteiligt. | |
Der Autokonzern steht seit Jahren [4][in der Kritik wegen seiner | |
Geschäftsbeziehungen in Xinjiang]. Zuletzt stand das Werk Urumqi im | |
Vordergrund, das VW mit dem Partner SAIC betreibt. Vergangenes Jahr hatte | |
der Konzern [5][ein Gutachten vorgelegt, das keine Hinweise auf | |
Zwangsarbeit und Verstöße gegen Menschenrechte auswies]. | |
Menschenrechtler betonten aber, dass es unmöglich sei, ein unabhängiges | |
Gutachten in der Region zu erstellen und selbst [6][eine Reihe von | |
Mitarbeiter*innen der Rechtsanwaltskanzlei, die das Gutachten | |
ausstellte, distanzierten sich kurz danach davon]. Wie im Fall des Audits | |
von Urumqi müsse auch eine Überprüfung des Testgeländes mit SAIC abgestimmt | |
und von Behörden vor Ort genehmigt werden, erklärte VW am Mittwoch. | |
„Es gibt keine unabhängige Presse. Die chinesische Regierung lässt | |
niemanden in die Xinjiang-Region oder der Aufenthalt ist orchestriert. Dass | |
selbst eine UN-Hochkommissarin sich dort nicht frei bewegen kann, zeigt, | |
dass es sehr schwer ist, an Informationen zur Lage der Uiguren zu kommen“, | |
so Schedler. | |
Die jüngsten Vorwürfe gegen VW kommen kurz nach Veröffentlichung von | |
Recherchen von Spiegel und ZDF, [7][die Hinweise auf Zwangsarbeit durch | |
Uiguren bei zwei Partnerunternehmen vom Chemiekonzern BASF] fanden. Auch | |
diese Untersuchungen basieren auf Recherchen von Zenz von öffentlichen | |
Berichten der Unternehmen. | |
BASF gab daraufhin bekannt, sich von den beiden Joint Ventures Markor | |
Chemical und Markor Meiou Chemical in Xinjiang zu trennen, stellte aber | |
hohe CO2-Emissionen der Werke in den Vordergrund. Dennoch würden die | |
Recherchen „auf Aktivitäten hinweisen, die nicht mit den Werten von BASF | |
vereinbar sind“, so der Konzern. Die beiden Werke beschäftigen zusammen | |
laut BASF 122 Beschäftigte. (mit Reuters) | |
14 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Erklaerung-von-50-UN-Staaten/!5891649 | |
[2] https://twitter.com/adrianzenz/status/1757605974419075362 | |
[3] /Zwangsarbeit-in-China/!5989678 | |
[4] /Kritischer-Aktionaer-ueber-Aktivismus/!5935742 | |
[5] /Bericht-zu-VW-Werken-in-China/!5974225 | |
[6] /Zwangsarbeitsvorwuerfe-gegen-Volkswagen/!5976436 | |
[7] /Menschenrechtsverletzungen-in-China/!5991404 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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