| # taz.de -- Ausstellung mit Kunst aus Belarus: Der politische Rucksack | |
| > Belarusische Kultur ist Repressionen ausgesetzt. Eine Ausstellung in | |
| > der Galerie im Körnerpark zeigt Arbeiten von Künstler*innen im Exil. | |
| Bild: Das Kunstwerk „Willkommen“ des belarusischen Künstlers Alexander Ada… | |
| Ein fast schon übertrieben anständig aussehender junger Mann in weißem | |
| Hemd, mit zurückgegelten Haaren, Schnurrbart und Kunststoffbrille lächelt | |
| den Besucher*innen auf einem rot-weißen Wahlplakat entgegen. „Europe | |
| Welcome the Migrant!“ lautet dessen Slogan in Großbuchstaben, in etwas | |
| kleinerer Schrift stehen darunter untereinander die Schlagworte: „Tolerant, | |
| Peace-Loving, Hardworking, Belarusian“. | |
| Es handelt sich um das Kunstwerk „Willkommen“ des belarusischen Künstlers | |
| Alexander Adamov aus dem Jahr 2022. Nicht zu übersehen ist es beim Betreten | |
| der Ausstellung „manchmal halte ich mich an der luft fest. Belarusische | |
| Künstler:innen im Exil“ in der Galerie im Körnerpark. Rot und Weiß, das | |
| sind auch die Farben der belarusischen Opposition, im Gegensatz zur | |
| Kombination Rot-Grün des totalitären Lukaschenko-Regimes. | |
| „In der Ausstellung geht es um die letzten vier Jahre, die die Belarusen in | |
| einem Nebel der Geschichte verbrachten“, erklärt einer der Kuratoren, | |
| Uladzimir Hramovich aus Minsk, der taz. Im Rahmen des Projekts | |
| [1][„Goethe-Institut im Exil“] ist die Ausstellung mit Kunstwerken von | |
| insgesamt neun jungen belarusischen Künstler*innen, die ihre Heimat | |
| verlassen mussten, noch bis zum 29. Mai zu sehen. | |
| [2][Das Projekt Dissidentby] zählt aktuell insgesamt 1.616 [3][politische | |
| Gefangene im Land], bei einigen davon weiß man nicht, ob sie überhaupt noch | |
| am Leben sind. Die Menschenrechtslage in der Diktatur verschlimmerte sich | |
| in den letzten Jahren zunehmend: „Da waren zuerst die Jahre 2020/21, als | |
| die Menschen auf die Straße gingen, um gegen die unfairen Wahlen zu | |
| demonstrieren. Dafür wurden sie geschlagen und ins Gefängnis gesteckt, was | |
| bis heute andauert“, erklärt Hramovich. Es gebe eine „langsame Okkupation | |
| durch Russland“, die belarusische Kultur werde zunehmend verdrängt, | |
| Kulturschaffende landen im Gefängnis oder sehen sich gezwungen, das Land zu | |
| verlassen. | |
| Position als Migrant | |
| Alexander Adamov schuf sein Plakat 2022 im Zuge seiner Emigration nach | |
| Polen: „Als ich in Warschau ankam, fielen mir bei einem Spaziergang Plakate | |
| mit den Gesichtern von Politikern auf. In diesem Moment wurde mir klar, | |
| dass das Einzige, was mich mit diesem Ort verbindet, meine Position als | |
| Migrant ist. Auf dem Plakat sieht man meine Merkmale, meinen politischen | |
| Rucksack sozusagen: fleißig, friedliebend, tolerant – und belarusisch, als | |
| separates und zugleich 'seltsames’ Merkmal.“ | |
| Adamov nutzt einen ironischen Werbeduktus, um auf die Migration aus Belarus | |
| aufmerksam zu machen, andere Arbeiten greifen zu einer direkteren Sprache. | |
| [4][Nadya Sayapina] etwa zeigt in ihrem Kunstwerk „Wir hatten nicht vor zu | |
| gehen“ 72 Fotos mit Koffern, die ihr Belarus*innen und | |
| Ukrainer*innen während ihrer Flucht im Zuge des russischen | |
| Angriffskrieges gegen die Ukraine zugeschickt hatten. Viele | |
| Belarus*innen flohen wegen der Repressionen 2020/21 in die benachbarte | |
| Ukraine. Da das Lukaschenko-Regime den russischen Krieg gegen die Ukraine | |
| unterstützt, mussten viele später ein zweites Mal emigrieren. | |
| Auch Hramovich war zunächst in der Ukraine, bevor er nach Berlin kam. Doch | |
| im Gegensatz zu Kulturschaffenden aus Russland ist es ziemlich schwierig | |
| für Belarus*innen, ein langfristiges Visum zu erhalten – als hätte man sie, | |
| die repressierten Künstler*innen aus dem kleineren Belarus, schlichtweg | |
| vergessen. „Belarusen wird in vielen Fällen das Visum verweigert“, selbst | |
| wenn sie Dokumente aus dem Gefängnis vorweisen können, die ihre | |
| [5][Verfolgung durch das Regime] belegen, erzählt Hramovich. Er redet | |
| Belarusisch, aus Überzeugung. In seiner Heimat wäre das schon ein Grund, um | |
| ins Gefängnis zu kommen. | |
| 13 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yelizaveta Landenberger | |
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