# taz.de -- Aufregung bei der „Süddeutschen Zeitung“: Maulwurfsjagd in Zam… | |
> Die „Süddeutsche Zeitung“ steht in der Kritik. Das hat mit angeblichen | |
> Plagiaten ihrer Vize-Chefin zu tun – und einem Informanten im Haus. | |
Bild: Alles eine Frage der Quelle: Alexandra Föderl-Schmid ist seit 2020 stell… | |
MÜNCHEN taz | Die Maulwurfsjagd fand schon im vergangenen Jahr statt. Zum | |
Einsatz [1][im Münchner Stadtteil Zamdorf], wo der Süddeutsche Verlag vor | |
15 Jahren ein stattliches Hochhaus bezogen hat, kam in der Weihnachtszeit | |
freilich nicht der Spaten, sondern digitales Handwerkszeug. Die | |
IT-Abteilung des Hauses untersuchte, ob es mögliche Kontakte zwischen | |
jemandem im Hause und dem Branchendienst Medieninsider gegeben habe. | |
Untersucht wurden laut [2][Süddeutscher Zeitung (SZ)] dabei lediglich die | |
Verbindungsdaten. Inhalte von E-Mails seien nicht überprüft, auch keine | |
Telefongespräche abgehört worden. | |
Nötig wurde die Aktion aus Sicht der Chefredaktion, weil detaillierte | |
Informationen aus einer Redaktionskonferenz offenbar beim | |
[3][Medieninsider] gelandet waren – was aus SZ-Sicht eindeutig auf einen | |
Informanten im eigenen Team hindeutete. „Die Detailgenauigkeit und Fülle | |
von Zitaten begründeten den Verdacht, dass offenbar die gesamte Konferenz | |
abgehört bzw. womöglich gar aufgenommen und im Wortlaut an Dritte | |
weitergegeben worden war“, hieß es in einer Stellungnahme von | |
Chefredaktion, Betriebsrat und Redaktionsausschuss, die die Zeitung „in | |
eigener Sache“ veröffentlichte. | |
Der Erkenntnisgewinn für die Redaktion war gering; es gab keinen Hinweis | |
auf entsprechende Kontakte über die Mailserver und Telefonnetze der SZ. Die | |
Aufregung dagegen ist groß. So kritisiert die Organisation Reporter ohne | |
Grenzen, dass die SZ den Maulwurf in den eigenen Reihen ausfindig machen | |
möchte. Die Argumentation: Quellenschutz sei schließlich ein besonders | |
hohes Gut im Journalismus. Gerade bei investigativen Recherchen sei | |
vertrauliche Kommunikation unabdingbar. | |
Stellt sich nur die Frage: Was, wenn man nicht Subjekt, sondern Objekt | |
einer solchen Recherche ist? Muss ein Medienhaus Recherchen gegen das | |
eigene Unternehmen tatenlos dulden, gar unterstützen, nur weil es selbst | |
journalistische Werte hochhält? Auf keinen Fall, findet die Chefredaktion | |
der SZ und will denn auch ihre Aktion eher als Notwehr verstanden wissen. | |
Konferenzen seien ein nichtöffentlicher, geschützter Rahmen. Die | |
Diskussionen in den Konferenzen unterlägen dem Redaktionsgeheimnis. Für den | |
Spott muss die SZ ohnehin nicht sorgen, zumal es erneut der Medieninsider | |
war, der die bislang vergebliche Suche nach dem Leck im eigenen Haus | |
öffentlich machte. | |
## Hat die Chefin abgeschrieben? | |
Doch das ist nur der eine Strang der aktuellen SZ-Story. Im anderen geht es | |
um just das, was auch Thema besagter, nach draußen kolportierter | |
Redaktionskonferenz war: um die Frage, ob in der Chefredaktion der | |
Süddeutschen Zeitung, immerhin einer der renommiertesten deutschsprachigen | |
Tageszeitungen, eine Journalistin sitzt, die es mit Quellen nicht immer | |
ganz so genau nimmt. | |
Alexandra Föderl-Schmid, 53, ist seit 2020 stellvertretende Chefredakteurin | |
der Zeitung. Der Medieninsider und dann auch andere Medien hatten der | |
österreichischen Journalistin, die früher auch schon Chefredakteurin des | |
Wiener Standards war, vorgeworfen, in ihren journalistischen Artikeln des | |
Öfteren Passagen aus anderen Texten übernommen zu haben, ohne die Quellen | |
zu nennen. | |
Jetzt kam noch ein weiterer Vorwurf hinzu: Föderl-Schmid soll auch in ihrer | |
Dissertation, die sie 1996 an der Universität Salzburg einreichte, in nicht | |
unerheblichem Maße abgeschrieben haben. Das behauptet zumindest der | |
Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber. | |
Weber hat sich bereits einen Ruf als „Plagiatsjäger“ erworben. Neben | |
etlichen Arbeiten österreichischer Autoren überprüfte er einer auf | |
Wikipedia veröffentlichten Liste zufolge unter anderem die Dissertation des | |
früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und ein Buch der damaligen | |
Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Während die Ruhr-Universität Bochum | |
laut Spiegel zu dem Ergebnis kam, dass die Mängel in Lammerts Dissertation, | |
anders als von Weber gefordert, keinen Entzug der Doktorwürde | |
rechtfertigten, zog Baerbock ihr Buch aus dem Handel zurück. | |
Als Konsequenz dieser Vorwürfe gab die Süddeutsche am Montag bekannt, die | |
Kollegin habe nun ihre ehemalige Uni um eine Überprüfung der Dissertation | |
gebeten. „Bis zum Abschluss dieser Prüfungen wird sich Föderl-Schmid aus | |
dem operativen Tagesgeschäft der SZ zurückziehen.“ | |
Eine interessante Quelle gibt es indes noch: die Einnahmequelle von Stefan | |
Weber. Seine Arbeit soll von dem rechtspopulistischen Medium Nius des | |
ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt finanziert worden sein – mit | |
einem laut Weber niedrigen vierstelligen Betrag. Das wiederum berichtet | |
nicht der Medieninsider, sondern der Spiegel. | |
6 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-Personalabbau-bei-SZ/!5850270 | |
[2] /Presserat-zur-Aiwanger-Berichterstattung/!5974206 | |
[3] /Doepfner-gegen-Medieninsider/!5947194 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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