# taz.de -- Deutscher Pavillon Venedig-Kunstbiennale: Großes Aufatmen | |
> Gute Wahl: Kuratorin Çağla İlk lässt den Deutschen Pavillon in Venedig | |
> von Yael Bartana und Ersan Mondtag bespielen und bringt eine Insel zum | |
> Klingen. | |
Bild: Die israelische Künstlerin Yael Bartana gestaltet den Deutschen Pavillon… | |
Man hatte sich schon gefragt, was Çağla İlk wohl in Venedig zeigen wird. | |
Wie sie, die Architektin aus Istanbul, die im Berlin der nuller Jahre im | |
Schnittfeld von Kunst und Urbanistik als Kuratorin angefangen hat, denn auf | |
der großen internationalen Kunstschau Deutschland repräsentieren würde – | |
und dies in einem von den Nazis errichteten Pavillonbau. | |
Als Erstes würde sie die Eröffnungsparty organisieren, witzelte sie in | |
einem Filminterview mit der Künstlerin Sonya Schönberger. Das war im | |
September 2023. Bald darauf aber kam der 7. Oktober, das Massaker der | |
Hamas, dann entfachte sich der Krieg in Gaza. Die Kulturszene ist nicht nur | |
in Deutschland seither polarisiert und verunsichert, sondern wird | |
regelrecht an der Frage zerquetscht, wie man zu Israel zu stehen habe. | |
Eine Party hätte Çağla İlk wahrlich nicht mehr organisieren können. Wie | |
würde sie reagieren, fragte man sich. Ihre künstlerische Wahl für den | |
deutschen Pavillon, die sie nun bekanntgab, ist eine Erleichterung. Denn | |
Çağla İlk entscheidet sich zuallererst für die Kunst. Es wird im Deutschen | |
Pavillon Venedig nicht um eine [1][mutmaßliche politische Wahrheit] gehen, | |
nicht um Identität, womit einen Künstler:innen und Kurator:innen | |
zuletzt so viel belehren wollten. İlk entschied sich für die ästhetische | |
Erfahrung, für die Fähigkeit der Kunst, sinnlich in Frage zu stellen, was | |
uns als gewiss erscheint. | |
„Thresholds“, „Schwellen“, ist der Titel des deutschen Beitrags. Und sc… | |
formal wird İlk dann Grenzen überschreiten lassen, wenn auf der Insel La | |
Certosa abseits des Biennale-Betriebs die mit Klang arbeitenden | |
Künstler:innen Michael Akstaller, Nicole L’Huillier, Robert Lippok und | |
[2][Jan St. Werner einen akustischen „Resonanzraum“] entwickeln. | |
## Expressionistische Ganzkörperanzüge | |
Den Deutschen Pavillon in den Giardini mit seiner braunen Baugeschichte | |
werden der Theaterregisseur Ersan Mondtag und die israelische Künstlerin | |
Yael Bartana bespielen. Mondtag entwirft für seine Bühnenstücke surreale | |
Räume, Menschen in schrillfarbigen Kostümen oder expressionistischen | |
Ganzkörperanzügen entziehen sich bei ihm klaren Zuschreibungen. Seine | |
inszenierten Welten sind immer in einem Grenzbereich. | |
Mit den meisten Künstler:innen hat Çağla İlk bereits zusammengearbeitet, | |
unter anderem als Direktorin der Kunsthalle Baden-Baden. Doch Yael Bartana | |
ist nun eine Überraschung. Die in Berlin und Amsterdam lebende Bartana | |
setzt sich viel mit der Geschichte Israels und des Zionismus auseinander | |
[3][und ist ästhetisch durchaus provokativ]. | |
In ihren filmischen Inszenierungen entwirft sie Orte zwischen Utopie und | |
Dystopie, [4][spielt mit Codes des Totalitarismus]. Im Jüdischen Museum | |
Berlin ließ Bartana 2021 in einer Filminstallation eine Art weiblichen | |
Fake-Messias auf einem Esel vor der Berliner Siegessäule reiten, die – man | |
weiß es – Albert Speer als „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt�… | |
1939 auf den heutigen Standort an der Prachtstraße am Tiergarten versetzen | |
ließ. Ein schmerzhaftes Bild, den Humor dahinter muss man erst einmal lesen | |
lernen. | |
Trotzdem ließ die Künstlerin einen im Unklaren zurück. Das wird vielleicht | |
auch in Venedig passieren. | |
17 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Kritik-an-Forensic-Architecture/!5983353 | |
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[3] /Yael-Bartanas-Kunstaktion-in-Koeln/!5064504 | |
[4] /Yael-Bartana-in-Berlin/!5093916 | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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