| # taz.de -- Gedenken an die Shoah im Bundestag: Das Leid der Nachfahren | |
| > Der Schmerz endet nicht mit dem Tod der Überlebenden. Er lebt in | |
| > nachfolgenden Generationen weiter. Das machte die Gedenkstunde im | |
| > Bundestag bewusst. | |
| Bild: Marcel Reif umarmt Bundetagspräsidentin Bärbel Bas beim Gedenken an die… | |
| Marcel Reif beschreibt seinen Vater als einen Mann voller Liebe und | |
| Fürsorge. Er habe eine „fröhliche und sorgenfreie Kindheit“ genießen | |
| dürfen, sagte er am Mittwoch bei der Gedenkstunde des Bundestags für die | |
| Opfer des Holocaust. | |
| Der Sportreporter nannte auch den furchtbaren Grund für diese schöne | |
| Kindheit: Es sei der „warme lauschige Mantel des Schweigens“ gewesen, der | |
| ihn geschützt habe. | |
| Denn sein Vater habe sein Leben lang nicht über die Shoah sprechen können, | |
| nicht über den Zug, der ihn in ein Lager hätte bringen sollen, nicht über | |
| seine Flucht, nicht über die Zeit in den Wäldern, wo sich Jüdinnen und | |
| Juden vor der deutschen Mordmaschinerie versteckt hielten. Dass da etwas | |
| war, habe er immer geahnt, sagte Reif. Denn es gab keine Großeltern. | |
| Es sprach bei der Gedenkstunde auch die Überlebende Eva Szepesi, und ihre | |
| Worte sollen hier keineswegs als weniger wichtig erachtet werden. Es ist | |
| nur so, dass Reif auf etwas hingewiesen hat, was in Deutschland beim | |
| Gedenken gern vergessen wird: dass nämlich nicht nur diejenigen leiden, die | |
| die Shoah selbst überlebt haben, sondern auch ihre Nachkommen. Auch die | |
| glückliche Kindheit von Marcel Reif hatte einmal ein Ende, er hat nach dem | |
| Tod seines Vaters erfahren, was dieser hat durchmachen müssen. Seine Rede | |
| machte auch deutlich, dass er sich bis heute damit beschäftigt. „Es tut ein | |
| ganzes Leben weh“, sagte Eva Szepesi über ihre Verfolgung. | |
| ## Die Shoah begann nicht mit Auschwitz | |
| Das gilt auch für die Nachfahren. Es ist nur noch eine Frage von wenigen | |
| Jahren, bis die letzten Überlebenden der Shoah verstorben sein werden. | |
| Sollte jemand auf die Idee kommen, damit sei auch das persönliche Leid | |
| beendet, dann irrt er sich. | |
| Und noch etwas hat den Holocaust-Gedenktag 2024 von vorhergehenden | |
| unterschieden: die [1][Präsenz der Gegenwart]. Da sind die ermordeten und | |
| [2][entführten] Jüdinnen und Juden des Pogroms der Hamas vom 7. Oktober. | |
| Aber eben auch die Angriffe hier in Deutschland. Dazu hat Eva Szepesi etwas | |
| Entscheidendes gesagt: „Die Shoah begann nicht in Auschwitz. Sie | |
| [3][begann] mit dem [4][Schweigen und Wegschauen] der Gesellschaft.“ Dem | |
| ist nichts hinzuzufügen. | |
| 31 Jan 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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