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# taz.de -- Demos gegen rechts: Kleingeistig – und trotzdem super
> Sanfter Städte-Chauvinismus, ärgerliche Aktivist:innen: Auch wenn nicht
> ganz klar ist, an wen sich Demos gegen rechts richten, haben sie doch
> Sinn.
Bild: Auf der richtigen Seite: Demonstration gegen Rechtsextremismus am Samstag…
Bremen taz | Dass die Bremer Demonstration am Sonntag gegen rechts sehr,
sehr voll werden würde, war spätestens klar, nachdem am Freitag in Hamburg
[1][50.000 Menschen auf der Straße waren. Oder 80.000] – je nachdem, ob man
der Schätzung der Polizei mehr traut oder der der Veranstalter. Diese Zahl
galt es zu überbieten – einmal besser sein als die größere, reichere
Nachbarstadt und das bitte [2][nicht nur beim Fußball].
Und tatsächlich kamen in Bremen mit 50.000 Teilnehmer:innen, oder, laut
Veranstalter, sogar 70.000 gemessen an der Einwohnerzahl deutlich mehr
Demonstrant:innen zusammen als in Hamburg und den meisten anderen
Großstädten. Noch etwas höher war der Anteil in einigen kleineren Städten
wie Flensburg, oder der 29.000-Einwohner-Gemeinde Henstedt-Ulzburg in
Schleswig-Holstein: Dort demonstrierte sogar mehr als jede:r Zehnte.
Bitte melden, wer nicht ein bisschen stolz auf seine Stadt oder ihr Dorf
war und sich ein wenig kleingeistigen Städte-Chauvinismus erlaubte. Ich
gestehe, mir liefen kleine Schauer über den Rücken, als ich aus dem Fenster
die Ersten mit selbst gebastelten Schildern aus meinem Stadtteil in die
Bremer Innenstadt aufbrechen sah, später gefolgt von großen Pulks wie bei
Werder-Heimspielen.
Dabei haderte ich noch auf dem Domshof stehend mit der Selbstgefälligkeit,
mit der ich und andere Bildungsbürger:innen ihre rechte – also in
diesem Fall linke – Gesinnung inszenierten. Endlich mal auf der guten Seite
der Macht stehen, privilegiert, warm und in Sicherheit. Genauso hatte ich
schon mit den Ukraine-Demos Anfang 2022 gefremdelt. Damals wie heute war
mir der Adressat der Proteste nicht klar.
## Die Asylverschärfer:innen demonstrieren mit
Ich ging am Sonntag trotzdem hin, wieder in der Hoffnung, es hilft
irgendwie denen, die unmittelbar betroffen sind, dieses Mal, weil sie in
Thüringen leben oder aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Familiennamens als
Erste von einer AfD-Regierung aus dem Land gejagt würden – oder
Schlimmeres.
An dieser Stelle wird es kompliziert, weil viele dieser Menschen auch heute
schon des Landes verwiesen werden und in Zukunft noch viel mehr. So sie
denn überhaupt noch hinein gelassen werden, wenn nämlich [3][die
Asylrechtsreform der Europäischen Union] Gesetz wird. Und das mit
Zustimmung nicht nur der konservativen Parteien, sondern auch von Grünen
und SPD, die sich an den [4][aktuellen Demonstrationen gegen rechts]
beteiligen. Darauf wies ziemlich wütend ein Bekannter hin, der sich an mir
vorbei in die Menge schob. „Ist das hier eine Demo oder Karneval?“, fragte
er noch.
Die Antwort fand ich erst ein paar Stunden später: Sowohl als auch.
Menschen können sich nur aktiv für andere und eine gerechtere Gesellschaft
einsetzen, wenn sie ihre Selbstwirksamkeit spüren. Auch Widersprüche lassen
sich so besser aushalten und die Gewissheit, dass immer noch viel mehr und
viel schneller passieren müsste. Wenn man die Demonstrationen der
vergangenen Tage daran misst, dann haben sie viel gebracht.
23 Jan 2024
## LINKS
[1] /Ueber-80000-Menschen-gegen-Rechts/!5986734
[2] /Werder-Bremen-gegen-den-Hamburger-SV/!5835022
[3] /Gesetzesvorhaben-im-Bundestag/!5983182
[4] https://www.tdh.de/mitmachen/kampagnen/gegen-menschenfeindlichkeit-uebersic…
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Schwerpunkt Demos gegen rechts
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Antifaschismus
Bremen
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Einbürgerung
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Demos
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Anti-AfD-Proteste
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