# taz.de -- 3 Monate Gaza-Israel-Krieg: Baerbock auf schwieriger Mission | |
> Erneut reist die deutsche Außenministerin Baerbock in den Nahen Osten. | |
> Der Krieg im Gaza droht zum Flächenbrand in der Region zu werden. | |
Bild: Außenministerin Baerbock: Nächste Reise ins Kriegsgebiet | |
Berlin/Tel Aviv taz | Auf den Tag genau drei Monate ist es her, dass die | |
Terrororganisation Hamas Israel überfiel. Rund 1.200 Menschen wurden am 7. | |
Oktober 2023 auf brutale Weise ermordet und Hunderte verschleppt, viele | |
befinden sich nach wie vor in Gefangenschaft der Hamas. Seitdem bombardiert | |
Israel den Gazastreifen – und dies auch an diesem Wochenende mit | |
unvermittelter Härte. | |
Tausende Kinder, Frauen, Männer sind auf der Flucht innerhalb des etwa 40 | |
Kilometer langen und zwischen 6 und 12 Kilometer breiten abgeriegelten | |
Küstenstreifens. Tausende Palästinenser:innen starben und | |
[1][UN-Organisationen mahnen seit Wochen eine humanitäre Katastrophe im | |
Gaza] an. Durch den Krieg gibt es nur eingeschränkte Hilfslieferungen und | |
es mangelt an allem: Nahrungsmitteln, Trinkwasser, medizinische Versorgung. | |
[2][Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.] Stattdessen ist die Gefahr | |
groß, dass ein Flächenbrand in der Region entbrennt und der Krieg sich auf | |
[3][Nachbarländer wie Libanon] ausweitet. Auslöser für die sehr angespannte | |
Lage ist der Tod des zweithöchsten Anführers der islamistischen Hamas im | |
Ausland, Saleh al-Aruri, am vergangenen Dienstag in Beirut. Sie vermutet | |
Israel hinter der Tat. Die Schiitenmiliz Hisbollah feuerte am Samstag nach | |
eigenen Angaben insgesamt 62 Raketen auf Israel und damit mehr als sonst. | |
Die Miliz ist mit dem Iran und der Hamas verbündet. Hinzu kommt, dass die | |
jemenitischen Houthis, unterstützt vom Iran, Angriffe auf Handelsschiffe im | |
Roten Meer verstärken. Schärfste gewaltsame Auseinandersetzungen also an | |
den verschiedensten Fronten. | |
Die Diplomatiemaschinerie läuft auf Hochtouren, um eine Eskalation um jeden | |
Preis zu vermeiden. US-Außenminister Antony Blinken ist in die Region | |
gereist und befindet sich derzeit im jordanischen Amman, danach stehen | |
Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Israel, das | |
Westjordanland und Ägypten auf seiner Liste. Parallel traf EU-Chefdiplomat | |
Josep Borrell zu Gesprächen im Libanon ein. | |
## Baerbock am Sonntag in Israel | |
Auch die deutsche Außenpolitik will das Zeitfenster nutzen, um eine | |
Eskalation zu verhindern. Einerseits. Andererseits sind nach wie vor | |
Menschen in Geiselhaft der islamistischen Hamas, die humanitäre Lage im | |
Gazastreifen ist katastrophal. [4][International verschärft sich derzeit | |
die Kritik am Militäreinsatz Israels in Gaza] – und die Unterstützung für | |
Israel bröckelt. Wegen der Tötung Al-Aruris geht das Golfemirat Katar zudem | |
davon aus, dass ein weiterer Deal zur Freilassung von Geiseln aus der | |
Gewalt der Hamas enorm schwierig werden könnte. | |
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reiste am Sonntag in den Nahen | |
Osten. Ihre erste Station ist Israel, sie wird die Palästinensischen | |
Gebiete besuchen, und dann nach Ägypten und Libanon weiterreisen. Ihre | |
Mission: Ein Zeichen setzen – ohne Erwartungen auf Erfolg. „Wir alle | |
spüren, das Drehbuch des Terrors darf nicht noch weiter aufgehen: Der | |
Terror muss ein Ende haben“, erklärte Baerbock vor ihrer Abreise nach | |
Israel. Die Region müsse aus dem ewigen Zyklus der Gewalt herauskommen. | |
„Es sind in diesem Konflikt [5][schon viel zu viele Menschen gestorben] – | |
Menschen, die diesen Krieg nicht wollten und sich nach nichts mehr als | |
Frieden sehnen.“ Noch am Sonntag will Baerbock ihren israelischen | |
Amtskollegen Katz in Israel treffen. Geplant ist auch ein Gespräch mit | |
Präsident Izchak Herzog. | |
Der deutschen Außenministerin bleiben in dieser komplexen Gemengelage | |
derzeit nur Appelle. Damit keine Gefahr mehr für die Existenz Israels von | |
Gaza ausgehe, müsse Hamas die Waffen niederlegen, müssten Hisbollah und die | |
Huthis mit ihrem gefährlichen Zündeln aufhören, so die Grünen-Politikerin. | |
Die Liste der Anforderungen ist allerdings lang, damit es nicht bei diesem | |
Appell bleibt. | |
## Festhalten an Zwei-Staaten-Lösung | |
„Dafür brauchen die Menschen in Gaza und im Westjordanland die Chance auf | |
ein Leben in Sicherheit, Würde und Selbstbestimmung – und in Gaza ganz | |
unmittelbar viel mehr humanitäre Hilfe. Dafür muss Israel, das das Recht | |
und die Pflicht hat, sich gegen den Terror zu verteidigen, bei seinem | |
militärischen Vorgehen Zivilisten viel besser schützen.“ | |
Israel unterdessen meldete erneut Erfolge im Kampf gegen die Hamas. Allein | |
im Flüchtlingsviertel Dschabalia wurden unterirdische Tunnel sowie 40 | |
Eingänge gefunden. Die Armee will sich nun darauf konzentrieren, | |
Hamas-Strukturen im Zentrum und Süden des Gazastreifens zu zerstören. Nach | |
Israels Darstellung sind bisher rund 8000 Terroristen getötet worden. Auch | |
im Westjordanland ist das israelische Militär im Einsatz. In Dschenin und | |
auch Nablus, die beide von der palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet | |
werden und als Hochburgen von Terrorgruppen gelten, finden regelmäßig | |
Razzien statt. Bei einem Luftangriff auf Dschenin wurden in der Nacht zum | |
Sonntag mehrere Menschen getötet. | |
Trotz der schwierigen Gemengelage und der hoffnungslosen Aussicht auf ein | |
schnelles Ende des Konfliktes, wird sich Baerbock weiterhin für eine | |
Zwei-Staaten-Lösung einsetzen. „So entfernt dies gerade auch scheinen mag: | |
Israelis und Palästinenser werden nur Seite an Seite in Frieden leben | |
können, wenn die Sicherheit des Einen die Sicherheit des Anderen bedeutet“, | |
erklärte die Außenministerin. „Es ist unsere Aufgabe, auf dem Weg hin zu | |
einer Zwei-Staaten-Lösung nichts unversucht zu lassen.“ | |
7 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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