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# taz.de -- Pläne des Finanzministers: Kleine Reform der Schuldenbremse
> Finanzminister Lindner plant für 2024 eine Teilreform der Schuldenbremse.
> Damit soll sich die Verschuldung an Konjunkturschwankungen anpasst
> lassen.
Bild: Plötzlich doch? Christian Lindner ist nun doch offen für eine Reform de…
Berlin afp | Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant für das
kommende Jahr eine Teilreform der Schuldenbremse, um die Höhe der möglichen
Verschuldung besser an Konjunkturschwankungen anzupassen. Die Berechnung
der sogenannten Konjunkturkomponente, die bei einem Abschwung mehr
Spielraum für die Staatsverschuldung lasse, solle überarbeitet werden,
sagte Lindner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstagsausgaben). Dieses
Vorhaben habe aber „nichts mit der aktuellen Haushaltssituation zu tun“.
Die Koalitionspartner SPD und Grüne begrüßten Lindners Ankündigung.
Die Berechnung der Konjunkturkomponente solle dem „aktuellen Stand der
wirtschaftswissenschaftlichen Forschung“ angepasst werden, erläuterte
Lindner. Dies werde „die Schwankungsbreite verändern“. Über mehrere Jahre
hinweg gesehen werde die mögliche Verschuldung dadurch aber nicht
vergrößert: „Denn der größere Spielraum im Abschwung wird im Aufschwung
wieder eingesammelt.“
Die Konjunkturkomponente besagt, dass in konjunkturell schlechten Zeiten
die Aufnahme neuer Kredite grundsätzlich erlaubt ist, diese aber in
besseren Zeiten zu begleichen sind. Dabei wird die Höhe der erlaubten
Nettokreditaufnahme mit speziellen Formeln berechnet.
Für eine Anpassung der Konjunkturkomponente ist keine Grundgesetzänderung
und damit keine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig. Weil
für diese Reform lediglich die Ausführungsgesetze der Schuldenbremse
geändert werden müssen, reicht die Mehrheit der Ampelkoalition.
## Union wettert dagegen
SPD und Grüne begrüßten Lindners Überlegungen für eine kleine Reform der
Schuldenbremse – auch wenn diese hinter ihren eigenen Forderungen nach
einer [1][grundlegenden Reform] zurückbleiben. Kurzfristig gehe es darum,
die Schuldenbremse den aktuellen Herausforderungen anzupassen, dafür sei
Lindners Vorschlag ein Baustein, sagte SPD-Fraktionsvize Achim Post dem
„Tagesspiegel“. Diese kleine Reform müsse nun „sehr zeitnah umgesetzt
werden“. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte dem Blatt: „Das Thema
muss raus aus der Tabuzone.“
[2][Die Union hingegen kritisierte Lindner] scharf. „Im Wahlkampf tritt er
als Mister Schuldenbremse auf, um sie dann selbst zu umgehen“, sagte
CSU-Generalsekretär Martin Huber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
„Anstatt wie versprochen Geld zu sparen und die Schuldenbremse einzuhalten,
will er lieber die Berechnung der Schuldenbremse verändern.“ Dafür müssten
„künftige Generationen zahlen“.
Der Bundestag hatte am [3][Freitag die Schuldenbremse nachträglich für das
Jahr 2023] und damit für das vierte Jahr in Folge ausgesetzt. Die
Ampelkoalition begründete die Maßnahme mit den Folgen des Ukraine-Kriegs
für die Energiemärkte und der Ahrtal-Flut. Das Aussetzen der Schuldenbremse
ist aber eine direkte Folge des Haushaltsurteils des
Bundesverfassungsgerichts vom November, das für 2023 einen
Nachtragshaushalt notwendig machte.
Das Karlsruher Urteil zog wochenlange harte Verhandlungen in der
Ampelkoalition über den Haushalt 2024 nach sich, für den eine
Finanzierungslücke von 17 Milliarden Euro gefüllt werden musste. Die
Koalition fand schließlich am Mittwoch einen Kompromiss, wonach die Lücke
durch ein Bündel von Maßnahmen von Einsparungen über Abgabenerhöhungen bis
hin zu Subventionsstreichungen geschlossen werden soll.
Die Schuldenbremse soll hingegen im kommenden Jahr möglichst wieder
eingehalten werden. Allerdings schließt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
eine erneute Aussetzung nicht aus, sollte sich die militärische oder
finanzielle Lage der Ukraine deutlich verschlechtern.
Die Schuldenbremse ist seit 2011 im Grundgesetz verankert. Sie verpflichtet
Bund und Länder, ihre Haushalte „grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten
auszugleichen“. Zulässig ist eine Aussetzung der Schuldenbremse jedoch „im
Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich
der Kontrolle des Staates entziehen“.
17 Dec 2023
## LINKS
[1] /Oekonom-ueber-die-Schuldenbremse/!5952705
[2] /Fehlende-60-Milliarden-im-Bundeshaushalt/!5976949
[3] /Einigung-im-Haushaltsstreit/!5976249
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