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# taz.de -- Bangladesch vor den Wahlen: Mikrokreditpionier kämpft gegen Haft
> Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus wehrt sich gegen eine
> Haftstrafe und Anklagen, die seine Anhänger:innen politisch motiviert
> nennen.
Bild: Muhammad Yunus am Montag nach seiner Verurteilung zu sechs Monaten Haft
Mumbai taz | Nach seiner Verurteilung wegen mutmaßlichen Verstößen gegen
das Arbeitsrecht in Bangladesch hat der Friedensnobelpreisträger Muhammad
Yunus am Dienstag seine Berufung gegen seine Verurteilung zu sechs Monaten
Haft angekündigt. Es handelt sich um die erste Verurteilung des 83-jährigen
Wirtschaftswissenschaftlers in einer Reihe von Verfahren.
So wird ihm auch Korruption und Geldwäsche vorgeworfen. Nach Ansicht seiner
Anhänger:innen sind die Verfahren allesamt politisch motiviert.
Yunus und drei Manager des gemeinnützigen Unternehmens Grameen Telecom, das
er 1995 gegründet hatte, um [1][in ländlichen Gebieten Telefondienste zu
ermöglichen], waren am Montag verurteilt worden. Laut Arbeitsgericht hatten
sie versäumt, 67 Personen ein festes Arbeitsverhältnis zu geben, sowie
einen Mitarbeitersozialfonds einzurichten. Den Verurteilten wurde aber
eingeräumt, Berufung einzulegen und zunächst einen Monat auf Kaution frei
zu bleiben.
„Ich bin für ein Vergehen bestraft worden, das ich nicht begangen habe. Das
ist mein Schicksal und das der Nation“, sagte Yunus. Er rief die
Bevölkerung auf, sich gegen Ungerechtigkeit und für Demokratie und
Menschenrechte einzusetzen. Im August hatten mehr als 100 Nobelpreisträger
die juristischen Schikanen gegen Yunus in einem Brief verurteilt. Die
Regierung wies dies als ausländische Einmischung zurück.
## ai: „Symbol für Bangladeschs bedrängte Menschenrechte“
Amnesty International (AI) bezeichnete den Prozess gegen Yunus als
eklatanten Missbrauch von Arbeitsgesetzen und des Justizsystems sowie als
politische Vergeltung für seine Arbeit. Sein Fall „ist ein Symbol für den
bedrängten Zustand der Menschenrechte in Bangladesch, wo die Behörden die
Freiheiten ausgehöhlt und Kritiker zur Unterwerfung gezwungen haben,“
erklärte AI-Generalsekretärin Agnes Callamard.
Als Pionier der Mikrokredite wurde Yunus durch den Nobelpreis für ihn und
die von ihm gegründete Grameen Bank 2006 weltbekannt. Die „Bank für Arme“
machte seit 1983 Kleinstkredite für Menschen populär, die bis dahin nicht
als kreditwürdig galten. Das Konzept fand viele Unterstützer:innen im
Westen und wurde zum Wundermittel gegen Armut erklärt.
[2][Die Probleme, die Mikrokredite mit sich bringen können], wurden erst
später aufgearbeitet und von Premierministerin Sheikh Hasina aufgegriffen,
als Yunus mit dem Gedanken spielte, in die Politik einzusteigen. Sie warf
ihm vor, „das Blut der Armen auszusaugen“.
Seit Hasinas Awami League 2009 wieder an der Macht kam, geriet Yunus
zunehmend unter Druck. [3][2011 wurde er aus der Bank gedrängt], was später
Bangladeschs höchstes Gericht bestätigte.
## Heikle Falschmeldungen über Yunus
Zuletzt gab es viele Falschmeldungen über ihn. Staatliche Medien zitierten
einen Funktionär der Awami Liga von Regierungschefin Hasina: Yunus habe 10
Millionen Dollar an Israel gespendet. Im muslimischen Bangladesch, das
Israel nicht offiziell anerkennt, wäre dies äußerst heikel.
Das Verfahren gegen Yunus zeigt auch die angespannte Lage vor den von der
Opposition erneut boykottierten Wahlen am 7. Januar.
2 Jan 2024
## LINKS
[1] /Geldgeschaefte-per-Mobiltelefon/!5167651
[2] /Mikrokredite-in-Indien/!5131251
[3] /Grameen-Bank-Gruender-Yunus/!5125682
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Sheik Hasina
Bangladesch
Amnesty International
Friedensnobelpreis
Bangladesch
Entwicklungspolitik
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