# taz.de -- Geldgeschäfte per Mobiltelefon: Das Handy als Entwicklungshelfer | |
> In der Dritten Welt verbreiten sich billige Mobiltelefone rasant. Jetzt | |
> sollen sie zur besseren Gesundheitsvorsorge dienen und Zugang zu | |
> Mikrokrediten ermöglichen. | |
Bild: Nicht nur gut zum telefonieren, sondern bald auch zur Gesundheitsvorsorge… | |
Während im Westen langsam aber sicher eine Sättigung des Mobilfunkmarktes | |
festzustellen ist und Geräteanbieter in jüngster Zeit sogar mit | |
Negativwachstum kämpfen, boomt das Business mit den Handys in den Ländern | |
der Dritten Welt weiter. Das Praktische dabei: Der Aufbau von Mobilnetzen | |
ist viel kostengünstiger als das Knüpfen von Festnetzknoten, viele Menschen | |
kommen mit moderner Kommunikation erst über das Mobiltelefon in Kontakt. | |
So existieren in einem Land wie Ghana mit seinen 23 Millionen Einwohnern | |
inzwischen sieben Millionen Handy-Benutzer - im Jahr 2000 waren es nur | |
wenige Hunderttausend. Neben Südafrika mit seinen 25 Millionen | |
Mobiltelefonierern boomt das Business auch in Nigeria, Ägypten, Marokko und | |
Kenia. Man schätzt, dass von vier Milliarden Mobiltelefonen auf der Welt | |
inzwischen 2,2 Millionen in den Entwicklungsländern zu finden sind. Billige | |
Geräte, erschwingliche Tarife und Prepaid-Modelle machen es möglich. | |
Organisationen, die sich um die Entwicklung in den ärmsten Ländern der Erde | |
kümmern, haben die Technologie nun für sich entdeckt. So will die UN | |
zusammen mit Vodafone und der Rockefeller-Stiftung ein neues | |
"mHealth"-Projekt starten, bei dem Handys bei der Gesundheitsvorsorge | |
helfen sollen. Ärzte, die vor allem in urbanen Regionen sitzen, sollen so | |
in Verbindung mit der Landbevölkerung gebracht werden. Auch wird das Handy | |
zur Gesundheitsaufklärung verwendet: So bietet eine Stiftung kostenlose | |
SMS-Botschaften an, wenn der Nutzer sich bereit erklärt, dass Hinweise zum | |
Schutz vor HIV angehängt werden. | |
Interessant ist der Handy-Boom auch für den wachsenden Markt der | |
Mikrokredite. Dabei geht es vor allem um Hilfe zur Selbsthilfe: Mit kleinen | |
geliehenen Summen wird beispielsweise Bauern in armen Ländern ermöglicht, | |
eine Kuh oder Werkzeuge zur Vereinfachung der Feldarbeit zu kaufen - Geld | |
von der Bank würden sie aufgrund mangelnder Kreditwürdigkeit nie erhalten. | |
Besonders gerne werden die Summen, die im Schnitt bei unter 1000 Euro | |
liegen, auch an Frauen vergeben, die sich etwa als Einzelhändlerin | |
selbständig machen wollen - sie gelten als sehr zuverlässig bei der | |
Rückzahlung. Die Idee für das Konzept wird Muhammad Yunus zugeschrieben, | |
dessen Grameen Bank in Bangladesch und anderen Ländern die | |
Mikrokreditvergabe seit 1983 erfolgreich praktiziert. 2006 erhielt er dafür | |
den Friedensnobelpreis. | |
Die Kombination solcher Mikrobankdienstleistungen mit den sich immer | |
stärker verbreitenden Handys bietet sich dabei an: Filialen können sich die | |
Institute höchstens in den Großstädten leisten. Wie das konkret | |
funktionieren kann, zeigt der kenianische Mobilfunkanbieter Safaricom, an | |
dem auch der britische Vodafone-Konzern beteiligt ist. Der betreibt mit | |
"M-PESA" einen erstaunlich gut funktionierenden Bezahldienst, bei dem | |
kleine Summen per SMS übertragen werden. Ein Bankkonto benötigt dazu | |
niemand: Man erwirbt "digitales Geld" bei einem von zahlreichen so | |
genannten Agenten, die inzwischen in jedem größeren Dorf sitzen. Dieses | |
wird dann in Form eines Kurznachrichtencodes auf das Handy "geladen". Zum | |
Bezahlen schickt man einfach eine SMS an den Empfänger. Der kann mit seinem | |
Code wiederum zu einem Agenten gehen und sich Bargeld auszahlen lassen. Bis | |
zu 500 Euro passen so auf ein Mobiltelefon. Ein technischer Klauschutz ist | |
dabei direkt eingebaut, zudem muss ein Kenianer bei Reisen kein Bargeld | |
mehr mitnehmen. | |
Die Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates will die Technik nun | |
intensiv fördern. In einer ersten Tranche sollen 12,5 Millionen Dollar an | |
die internationale Initiative "Mobiles Geld für Menschen ohne Konto", kurz | |
MMU, fließen, die insgesamt fast zwei Dutzend Projekte in | |
Entwicklungsländern Asiens, Afrikas und Südamerikas betreibt. In einem | |
ersten Schritt soll in den nächsten drei Jahren bis zu 20 Millionen | |
Menschen in diesen Regionen Zugriff auf mobiles Geld gewährt werden. Dabei | |
setzen MMU und Gates-Stiftung darauf, dass die Dienstleistungen deutlich | |
effizienter funktionieren als das Serviceangebot einer herkömmlichen Bank. | |
Auch bei den Handy-Herstellern und Netzbetreibern sieht man gute Chancen. | |
So wird Safaricom mit "M-PESA" regelmäßig als wichtiges Beispiel genannt, | |
das die Mitglieder des Mobilfunkverbandes GSM Association gerne nachahmen | |
wollen. Übrigens auch in Europa: Selbst hier würde ein Dienst wie "M-PESA" | |
für Viele die täglichen Bankgeschäfte vereinfachen. Bislang waren | |
entsprechende Projekte zur Handy-Zahlung jedoch mangels Nachfrage | |
gescheitert. | |
18 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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